Der Lilith Code - Thriller
Zigarette, als vom Parkplatz des Theaters das Schlagen einer Autotür zu hören war. Faruk spannte den Hahn seiner Waffe. Wieder hörte er ein Keuchen. Auch der nächste Besucher schien von Ausdauersport wenig zu halten. Wie eine Dampflok vernahm er den Mann schon von weitem. Dann war er auf seiner Ebene. Faruk stand im völligen Schatten des unteren Ganges, als der dicke Mann zwei Meter von ihm leise einen arabischen Fluch ausstieß und die letzte Stufe zum obersten Rang nahm. Er war kahlköpfig, und im fahlen Licht des aufgehenden Mondes schimmerte eine wulstige Narbe auf seinem Schädel. Es war Mahmoud Sayaf, syrischer Geheimdienstchef und Faruks Vorgesetzter.
»Mein treuer Freund, es erfreut mein Herz, dich hier zu sehen.« Faruk war wie gelähmt. Es sollte ein persönlicher Rachefeldzug gegen den Deutschen werden, jetzt wurde ihm langsam die gesamte Dimension einer Verschwörung klar.
»Nach unserem letzten Treffen scheint sich einiges getan zu haben.«
Faruk sah durch den Schlitz die blankgeputzten Schuhe des obersten syrischen Spions. Kein Zweifel, diese sauberen Schuhe gehörten zum Schlachter. Faruk hatte vor wenigen Jahren erlebt, wie Sayaf eine Familie exekutiert hatte. Dem Vater, der vor ihm auf dem Boden um sein Leben bettelte, hatte er ohne Regung in den Kopf geschossen. Seine Tochter musste mit ihren Händen und ihrer Zunge die vom Hirn und Blut bespritzten Schuhe wieder sauber putzen, ehe sie auch starb. Sayaf war der Skrupelloseste in diesem skrupellosen Geschäft. Ihm bereiteten Angst und Terror Vergnügen.
»Abu, die Sache gerät immer mehr außer Kontrolle. Die Juden haben tatsächlich mit der Union Kontakt aufgenommen. Sie wollen in den nächsten Tagen zu einem überraschenden Treffen zusammenkommen. Noch wird ein neutraler Ort gesucht, der beide Seiten ohne Gesichtsverlust im eigenen Land erscheinen lässt. Damit fällt Scharm al Sheikh am Roten Meer weg, da hier die nutzlosen Palästinenser-Konferenzen stattfinden. Israel betritt kein Araber, seit der Teufel Sadat 1977 mit seinem Alleingang und seiner Reise nach Jerusalem alle Araber gegen sich aufgebracht hat. Sie wollen zudem den Palästinenserkonflikt völlig ausklammern und eine wirklich große Gesamtlösung anstreben. Der Jude ist nicht bereit, nach Syrien, in den Libanon oder nach Libyen zu reisen. Ägypten wäre denkbar, aber wird angesichts der dortigen Sicherheitslage abgelehnt. Blieb Jordanien – Amman hat die Wüstenstadt Petra vorgeschlagen. Aber der junge Assad hat ihr Exposé aufgegriffen und den UN-Posten bei Qunaitra ins Gespräch gebracht. Das hätteStil und mehr Wirkung in der Welt, sagte er mir frech ins Gesicht. Dieser Sohn einer Hündin. Es ist …«
Der Alte antwortete nicht auf die Spitze. Er triumphierte still. Sein Plan nahm immer mehr Konturen an. Lilith schien ihre Flügel auszubreiten.
»… egal, wo sie sich treffen, eine große Lösung mit gegenseitiger Anerkennung wäre unser Aus. Denn dann erscheint jeder Konflikt als lösbar. Und diese Gespräche helfen und stärken beide Seiten. Für den Putsch in unserem Land brauche ich das Wohlwollen der Sunniten im syrischen Offizierskorps. Die sind aber nur bereit, wenn sich die Schwäche der Union und damit des Präsidenten fortsetzt. Wir brauchen eine endgültige Entscheidung. Unser Chaos weicht zurück, wie die Hitze in der Wüste am Abend sich legt.« Faruk kannte die lyrischen Anwandlungen seines Chefs und hasste sie. Zu gern sah sich der Schlachter als feinsinniger Intellektueller. Eine Unsicherheit, die aus der Scham über seine niedere Herkunft erwuchs. Aber selbst im kleinsten Kreis wagte niemand darüber zu sprechen. Sayaf hatte überall seine Ohren.
Zuerst erwiderte der Alte nichts. Dann vernahm Faruk die leise, aber bestimmte Stimme. »Schon beim letzten Mal spürte ich Ihre Unsicherheit. Sie passt so gar nicht zu diesem starken Kämpfer. Mein Freund, noch immer tragen die Juden den Makel dieser Pressekonferenz. Sie haben die Umma, die muslimische Welt, verunglimpft und beschmutzt. Und wie zu einer Bestätigung dessen, sprengten sie den heiligen Tempelberg mit seinen Moscheen. Weltweit beginnt jetzt erst der Kampf der Religionen. Und ein jahrtausendealter Reflex kommt wieder zur Geltung: Schuld waren und sind die Juden. Wir alle trugen und tragen diese Wunde in uns. Lange hat die Welt sie ignoriert. Ignoriert, weil mein Volk seine Aufgabe nicht zu Ende bringen konnte. Vier Millionen von diesem Geschwerl haben uns gefehlt. Aber keine noch so starke Union
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