Der Lilith Code - Thriller
eines Verbrechers zeigt.«
Jan schmunzelte. »Eine Krankheit ist ein Zustand, erst einmal nichts Böses.« Dann erinnerte er sich an die Faszination, die er gespürt hatte, als er zum ersten Mal Krebszellen und Viren unter dem Mikroskop gesehen hatte. Sein Doktorvater hatte in dem ihm eigenen Pathos vom »Bösen an sich« gesprochen. Damals hatte Jan das als Esoterik-Unsinn abgetan.
»Ja, es gibt das Böse«, meinte Regina ernst. »Ich habe es gesehen. Hundertfach. Kinderschänder, Mörder, Triebtäter. Sie sind nicht einfach nur krank. Wir reden uns das ein, weil es uns beruhigt, weil es einfacher, erklärbarer scheint. Aber wenn man mit diesen Menschen spricht, wirken sie von etwas besessen. Es sind nicht sie selbst. Ich habe es bei einem der Täter selbst gespürt.«
»Ich habe heute Morgen nach dem Gebet in eurem Tagebuch gelesen. Eure Historikerin war auf der Suche nach dem Bösen«, erklärte der Imam.
Tel Aviv, 16. 06., 19. 17 Uhr
Taking note also of the Political Declaration and Strategy to Strengthen International Peace and Security and to Intensify Solidarity and Mutual Assistance among Non-Aligned Countries, adopted at the Conference of Ministers for Foreign Affairs of Non-Aligned Countries held at Lima from 25 to 30 August 1975, which most severely condemned zionism as a threat to world peace and security and called upon all countries to oppose this racism and imperialist ideology, determines that zionism isa form of racism and racial discrimination.
Aus: UN-Resolution 3379, 1991 auf Druck Israels zurückgenommen
Wann immer Terror das Land erschüttert hatte, wurden der Feind aus dem Süden, Israel oder sein Verbündeter Amerika in den Medien dafür verantwortlich gemacht. Aber Zeitungen wie auch TV und Radio hielten sich mit Spekulationen über die Hintergründe des Anschlags zurück. Dies barg für die Führung Risiken. Das Volk wollte ein Ventil, doch Bashar, der Präsident, konnte Unruhen und Demonstrationen nicht gebrauchen, und so wurden Kurden als mögliche Täter verhaftet, um zu beweisen, dass man jederzeit Herr der Lage war. In Tel Aviv war man überrascht. Denn auch die eigenen Informanten in Damaskus und anderswo konnten dem Premierminister Israels keine Auskunft über die Hintermänner geben.
Auffällig war für die Israelis, welche Staaten Syrien Hilfe anboten. Sowohl Ägypten als auch die alten Feinde aus Jordanien sowie der Libanon und selbst Libyen wollten mit Sachspenden und polizeilichen Erkenntnissen helfen. Zuviel Solidarität, fand der Sicherheitschef des Premiers, Shlomo Finkelstein, und lud zu einer Telefonkonferenz mit den Geheimdienstvertretern am nächsten Montag ein. Er wollte sich ein genaues Bild über die Anschlagserien geben lassen,die so gar nicht in das Konzept der üblichen Verdächtigen passten. Denn er wusste, was in Damaskus passierte, konnte auch in Tel Aviv und Jerusalem passieren. Finkelstein kannte Syrien gut, er war mehrfach während seiner Zeit beim Militärgeheimdienst in dem Land gewesen, hatte Ziele ausgekundschaftet und auch zwei Mal Feinde eliminiert. Nur an einem Gegner waren sie immer gescheitert. Der Deutsche hatte sie alle genarrt. Und dass er so still und leise von dieser Welt abtreten könnte, obwohl er sich derzeit direkt vor ihrer Nase bewegte, machte die Sache umso schlimmer. Finkelstein, mit seinen 62 Jahren schon so etwas wie ein Veteran, hatte 1982 am Libanon-Feldzug als Aufklärer teilgenommen und wäre bei den Kämpfen um den libanesischen Ort Sultan Yakoub fast in die Hände der Syrer geraten. Dreißig seiner Kameraden fielen, mehrere wurden gefangengenommen, drei von ihnen wurden als Gefangene auf einem erbeuteten Panzer durch die Straßen von Damaskus gefahren und zur Schau gestellt. Finkelstein hasste die Syrer. Für ihn stand Syrien wie auch der Iran für das Böse schlechthin. Vermutlich lag es auch daran, dass sein einziger Sohn im zweiten Libanon-Krieg gegen die Hisbollah 2006 gestorben war und man seine Leiche bis heute nicht überstellt hatte. Dieser Hass richtete sich allerdings weniger gegen das syrische Volk als vielmehr gegen die Familie des Präsidenten, die er als Urheber für all den Terror der letzten Jahrzehnte ausmachte.
Lea Rothblum betrat Finkelsteins Büro. »Was machst du am Sabbat? Magst du zu uns rauskommen, nach Tiberias?«
Für viele Israelis war die Fahrt in ihre Wochenendhäuser am See Genezareth ein Ritual. Sie verbrachten den Sabbat mit Freunden und fuhren am Sonntagmorgen wieder zurück in ihre
Weitere Kostenlose Bücher