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Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition)

Titel: Der lockende Ruf der grünen Insel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Quinn
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lassen. Danni streckte die Hand nach ihm aus, doch er schrak vor ihr zurück, als seine Verwirrung jähem, grausamem Begreifen wich.
    Eine furchtbare Erinnerung stieg in ihm auf und bemächtigte sich seiner. Er verfolgte sie, als sie vor seinem inneren Auge ablief, als sähe er einen Horrorfilm, den er in all diesen Jahren irgendwie in sich hatte vergraben können. Er war damals vierzehn gewesen und wütend, verbittert und schuldbewusst wegen des Todes seiner Mutter und seines jüngeren Bruders. Die Last der Verantwortung hatte ihn heimgesucht wie eine Krankheit.
    Fünf Jahre nach den tragischen Todesfällen in seiner Familie hatte Niall sich in Fia verliebt. Sean hatte es bereits vermutet, bevor er die Bestätigung erhielt und sie zusammen sah. Und das Einzige, woran er damals denken konnte, waren die Beschuldigungen, die seine Mutter Niall an jenem Tag ins Gesicht geschleudert hatte. Sie hatte ihm vorgeworfen, Fia MacGrath zu lieben, und Niall hatte es bestritten.
    In der Nacht, in der Fia MacGrath verschwunden war, war Sean seinem Vater gefolgt, hatte die beiden in der Höhle angetroffen und gedacht, dass es höchste Zeit war, seinen Vater zur Rede zu stellen und ihm zu sagen, wie sehr er ihn verabscheute. Aber dann war Cáthan MacGrath mit einer Waffe erschienen, und in Sean war etwas ausgerastet. An jenem anderen tragischen Tag vor langer Zeit hatte er tatenlos dabeigestanden und nicht einmal versucht, seinem Bruder oder seiner Mutter beizustehen, aber als Cáthan seinen Vater bedrohte, konnte er nicht tatenlos zusehen. Er musste etwas unternehmen! Und so hatte er sich vor Niall geworfen, vor einen Mann, den er zu hassen glaubte, und hatte die Kugel abbekommen, die für seinen Vater bestimmt gewesen war.
    Und jetzt konnte er Nialls Gesicht wieder sehen, als er ihn weinend in den Armen hielt und Jesus anflehte, ihm zu sagen, warum, warum ...
    Gott im Himmel, wenn es stimmte, was Danni sagte, würde sich, was immer ihn in diesen verdammten Kreislauf des Schicksals gestürzt hatte, noch einmal wiederholen. Das wundervolle Gefühl zu leben, wirklich zu leben, würde sich verflüchtigen wie Rauch im Wind, und er würde kein bisschen klüger sein, bis Danni ihn erneut zu diesem Moment - zum Hier und Jetzt - zurückführte, wo ihm doch nur wieder alles genommen werden würde.
    Er warf ihr einen Blick zu und bemerkte, dass sie ihn mit einem Gesichtsausdruck beobachtete, der ihn innehalten ließ. Warum sah sie so schuldbewusst aus? Weswegen könnte sie sich schuldig fühlen? Aber dann wandte sie das Gesicht ab, und die Antwort war auf einmal sonnenklar.
    Sie hatte es gewusst. Sie hatte es von Anfang an gewusst und trotzdem geschwiegen. Sie hatte ihn berührt, geküsst und mit ihm geschlafen, obwohl sie die ganze Zeit gewusst hatte, dass heute alles enden würde - nicht nur, dass ihre Mutter mit der kleinen Danni und ihrem Bruder verschwinden würde, sondern auch, dass Sean in dieser Nacht den Tod finden würde. War das alles nur ein Spiel für sie? Ein kurzer Ausflug in die Utopie, in eine Fantasie, die ohne Gefahr für sie ausgelebt werden konnte? Weil sie, Danni, ja weiterleben würde? Nur für Sean war es das Ende.
    »Traue nie einem MacGrath«, sagte er leise und wiederholte damit die Worte, die er von seinen Angehörigen wohl schon hundertmal gehört hatte.
    »Nicht, Sean«, flüsterte Danni und sah ihn an, als kümmerte es sie, was er dachte und fühlte. Aber es kümmerte sie nicht; er glaubte ihr nicht mehr. Er war so fasziniert von der Idee gewesen, dass sie ihn sehen konnte, ihn verstand, sein Herz gewonnen hatte, dass er nicht einmal bemerkt hatte, dass er das ihre nie bekommen würde. Dieser Traum war heute Abend ausgeträumt.
    Erbost zog er sich an und wandte sich zur Tür. »Ich wünsche dir ein schönes Leben, Danni«, sagte er. »Vielleicht sehe ich dich auf der anderen Seite wieder. Vielleicht aber auch nicht.«

36. Kapitel
    D ie Tür schlug hinter Sean zu, und Danni blieb allein in dem kleinen Haus zurück. Wieder allein, dachte sie. Doch das war nun mal ihr Schicksal.
    Am liebsten wäre sie hinter ihm hergelaufen, um ihn um Verständnis anzuflehen, ihn zu bitten, zurückzukommen und die letzten Stunden mit ihr zu verbringen, die ihnen noch zusammen blieben. Aber sie wusste, dass das nicht das Richtige wäre, weil sie nicht wollte, dass es ihre letzten Stunden waren. Nein, sie würde nicht tatenlos zusehen, wie das Schicksal ihr schon wieder ihre Hoffnungen und Träume nahm.
    Danni wusste immer noch

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