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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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beschäftigt ist, könntest du wenigstens die Hände einsetzen. Babyöl liegt unterm Bett.«
    »Und der hat uns letzte Woche ein paar Pornos gezeigt. Ganze Kisten voll. Aus der Universitätsbibliothek. Es ist eine Pflichtexemplarsbibliothek, weißt du, deswegen bekommen sie ein Exemplar von allem, was veröffentlicht wird. Von allem.«
    »Wie, du meinst …
alles

    »Alles. Ganze Jahrhunderte Pornographie bis zum heutigen Tag. Die Archive sind voll mit Tonnen perversester und widerlichster … Und damit meine ich Amputierte, Kinder, Utensilien, Dinge, die du dir niemals vorstellen könntest.«
    »Du ahnst nicht, was ich mir vorstellen kann.«
    »Ich war da und hab mir einiges davon angesehen. Ich brauchte bloß Helen Greenmans Unterschrift. Ich hab ihrgesagt, es hätte mit Tim Andersens Vorlesung zu tun. Also, ich finde, dieses Zeug hat in Cambridge nichts zu suchen. Es gibt keine erdenkliche akademische Rechtfertigung. Es erniedrigt Frauen und sollte verbrannt werden.«
    »Und es sollte mich nicht wundern, wenn es auch Tiere und Kinder und Utensilien erniedrigt.«
    »Adrian, das ist nicht witzig. Ich finde, die UB zeichnet diesen Scheiß aus, indem sie ihn aufbewahrt. Deswegen versuchen Mary und ich, ihn zu verbannen.«
    »Was genau hast du denn da gesehen?«
    »Also, man muß es sich in einem Nebenzimmer anschauen …«
    »Beschreib es mir … und nimm die linke Hand. Genau. Ein bißchen schneller. Ja! Ja
so
! Also, was hast du gesehen?«
    »Also, eins war da, wo so eine Frau eine Schweinepastete nimmt …«

IV
     
    »Das ist die Lage, Gary«, sagte Adrian, nachdem er von Newnham nach St. Matthew’s zurückgegangen war. »Alles ist da, ein ganzer
Index Expurgatorius
, der bloß darauf wartet, daß man über ihm zu sabbern anfängt. Und
das
hier muß man dem Bibliothekar zeigen.«
    Er reichte ihm ein kleines Stück Papier, auf dem stand: »Hiermit autorisiere ich, daß Jennifer de Woolf, Studentin an diesem College, zu folgenden Titeln aus sekretierten Beständen Zugang gewährt wird …«
    Darunter waren Buch- und Zeitschriftentitel aufgelistet,und ganz unten stand die Unterschrift: »Helen Greenman, Senior Tutor, Newnham College.«
    Gary klappte der Unterkiefer weg.
    »
Elsa und der Stier; Junge Nonnen; Action im Konzentrationslager
… du verarschst mich doch …
Meine heiße kleine Tochter; Gierig, jung und gutaussehend; Tina Tampon; Tunten, Ärsche, Vögelfäuste; Fantasien in Frischhaltefolie
. Frischhaltefolie? Ojemine.«
    Adrian wühlte in seiner Schreibtischschublade.
    »Das kann man sich nicht entgehen lassen, meinst du doch auch. Wo sind denn … ach da.« Er holte einen Bogen Schreibpapier aus der Schublade. »Also dann, Gary, mein alter Kumpel, mein alter Kamerad, mein oller Kerl. Willst du deine Schulden um, sagen wir mal … fünfzig Mäuse erleichtern? Natürlich willst du. Ich möchte, daß du diesen Brief untersuchst und der Unterschrift am Ende besondere Aufmerksamkeit widmest.«
    Gary nahm ihn.
    »Lieber Mr. Healey, Dr. Pittaway hat mir mitgeteilt, Sie brauchten Unterweisung für den Philologieteil des Englischtripos. Ich habe Ihre Sachkenntnis als Schiedsrichter letzten Sommer in Chartham Park nicht vergessen und erinnere mich Ihrer als aufgeweckten jungen Mannes voller Begabung und mit vielversprechenden Aussichten. Ich würde mich daher glücklich schätzen, Ihnen alle erdenkliche Hilfe anbieten zu dürfen. Meine Räume sind in Hawthorn Tree Court, A3. Ich erwarte Sie am Mittwoch, dem vierten d. M., um zehn Uhr, wenn ich nichts Gegenteiliges von Ihnen höre. Denken Sie bitte daran, Ihr Gehirn mitzubringen. Donald Trefusis.«
    »Und was ist damit?« sagte Gary.
    »Du kannst meine Unterschrift fälschen, die vornehmund elegant ist. Dies Gekritzel da ist doch nicht zuviel für dich?«
    »Du schmutziges Arschloch.«
    »Manchmal schon.«

V
     
    Adrian ging durch Clare College zur Universitätsbibliothek. Die Unverschämtheit des Gebäudes, das da wie eine Rakete aufragte, hatte ihn schon immer geärgert. Verglichen mit der weiblichen Anmut der Kuppel von Oxfords Bodleian oder dem Britischen Museum in London, war es schwerlich ein Ding der Schönheit. Wie ein geschwollener Phallus drängte es hinauf und versuchte die Wolken zu penetrieren. Dasselbe Prinzip wie bei einem gotischen Kirchturm, vermutete Adrian. Aber die Vereinigung der Bibliothek mit den Himmeln wäre wahrlich ein sehr profanes Wort-ward-Fleisch.
    Er schritt hinein und ging zum Katalograum hinauf. Er blätterte in den

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