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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Körperschaft wohlbekannt sein dürfte, hat es –«
    Munroe schnupperte hörbar.
    »Entschuldigung, Mr. President«, sagte er. »Bin ich der einzige, der in diesem Raum einen abscheulichen Geruch nach Pfefferminz bemerkt?«
    »Äh …?«
    »Es ist wirklich höchst unangenehm. Ich frage mich, wo er wohl herkommt?«
    Ärgerlich nahm Menzies das Pfefferminzbonbon aus dem Mund und ließ es in den Aschenbecher vor sich fallen. Munroe lächelte freudestrahlend.
    »Danke«, sagte Clinton-Lacey. »Fellows, wir haben Probleme, die gegenwärtige Zahl unserer Doktoranden aufrechtzuerhalten.Es gibt, wie Sie wissen, eine große Anzahl Promotions- und Forschungsstipendiaten, die von unseren Studienbeihilfen und Darlehen profitieren. Das Wesen der ökonomischen Großwetterlage, die uns gegenwärtig aus Westminster entgegenbläst, wird Ihnen ja nicht gerade unbekannt sein.«
    Ostentativ schob Admiral Munroe den Aschenbecher in die Mitte des Tisches, als ob der Pfefferminzgeruch ihn immer noch belästige.
    Alex Corder, ein Theologe am unteren Ende des Tisches, stieß ein ziemlich heiseres Lachen aus.
    »Barbaren«, sagte er. »Das sind doch alles Barbaren.«
    »Die Regierung«, sagte Clinton-Lacey, »deren Doktrinen auf ihre Gerechtigkeit hin zu disputieren wir hier nicht versammelt sind, hat den Universitäten gegenüber zweifellos eine Haltung eingenommen, die uns Grund gibt, alarmiert zu sein.«
    »Die Premierministerin ist Wissenschaftlerin«, sagte Corder.
    Garth Menzies hob die Augenbrauen. »Ich bin sicher, daß niemand der Premierministerin akademische Befangenheit vorwerfen kann.«
    »Warum denn nicht?« sagte Munroe.
    »Egal, wie es um ihre Voreingenommenheit bestellt sein mag«, sagte Clinton-Lacey, »in der Regierung gibt es eine Stimmung, der zufolge die Künste, die gegenwärtig bereits mehr Bewerber als Studienplätze haben, äh, beschnitten werden müssen und besondere Ermutigung jenen Disziplinen verschafft werde sollte, die produktiver … ah! Professor Trefusis!«
    Trefusis stand in der Tür, eine Zigarette hing ihm von den Lippen, und blinzelte verschwommen, als ob er unsicherwäre, daß dies der richtige Raum oder die richtige Besprechung war. Der Anblick von Menzies’ mißbilligendem Funkeln schien ihn zu beruhigen; er trat herein und glitt auf den leeren Platz neben Admiral Munroe.
    »Nun, Donald, es tut mir leid, daß Sie offenbar erneut aufgehalten worden sind«, sagte Clinton-Lacey.
    Trefusis schwieg.
    »Nichts Ernsthaftes, hoffe ich?«
    Trefusis lächelte leutselig im Zimmer umher.
    »Nichts Ernsthaftes, hoffe ich?« wiederholte der Präsident.
    Trefusis bemerkte, daß er angesprochen worden war, öffnete sein Jackett, schaltete den Walkman aus, den er am Gürtel befestigt hatte, und nahm den Kopfhörer ab.
    »Entschuldigung, Rektor, sagten Sie etwas?«
    »Nun ja … wir diskutierten gerade die Verschlechterung unserer Ressourcen für die Künste.«
    »Die Künste?«
    »Genau. Also …«
    Menzies hustete und schob Trefusis den Aschenbecher zu.
    »Danke, Garth«, sagte Trefusis, schnippte die Asche von seiner Zigarette und nahm einen weiteren Zug. »Sehr aufmerksam.«
    Der Präsident ließ nicht locker.
    »Wir werden nicht genug Geld haben, um wenigstens in den nächsten zwei Jahren weitere Promotionsstellen einzurichten.«
    »Oh, wie traurig«, sagte Trefusis.
    »Ihnen ist Ihre Fakultät egal?«
    »
Meine
Fakultät? Meine Fakultät ist Englisch, Rektor.«
    »Eben, genau.«
    »Was hat Englisch denn mit ›den Künsten‹ zu tun, was immer das sein mag? Ich behandle eine exakte Wissenschaft, Philologie. Meine Kollegen behandeln eine exakte Wissenschaft, die Analyse von Literatur.«
    »Ach Poppycock«, sagte Menzies.
    »Nein, wenn überhaupt, ist es Knödelkacke«, sagte Trefusis.
    »Also wirklich, Donald!« sagte der Präsident. »Ich bin sicher, es ist nicht nötig …«
    »Professor Trefusis«, sagte Menzies, »über diese Besprechung erwachsener Menschen wird Protokoll geführt, und wenn Sie das Gefühl haben, die geziemende Debattenform nicht aufrechterhalten zu können, sollten Sie uns vielleicht besser verlassen.«
    »Mein lieber alter Garth«, sagte Trefusis, »ich kann nur sagen, daß Sie damit angefangen haben. Das Englische ist ein wahres Waffenarsenal; wenn Sie sie schwingen wollen, ohne zunächst zu prüfen, ob sie geladen sind oder nicht, müssen Sie ab und zu Rohrkrepierer erwarten. ›Poppycock‹ bedeutet ›weiche Scheiße‹ – vom holländischen
pappe kak
, worauf ich Sie kaum werde

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