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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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war beschwipst, und wenn er auch diesen Augenblick im Kopfe hundertmal durchgespielt hatte, war das doch stets in Trefusis’ Zimmer gewesen und ohne daß
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im Hintergrund spielte.
    »Äh, nein, Professor. Das meine ich nicht«, räusperte er sich. »Ich meine, zählt der Roman
Peter Flowerbuck
als mein originelles Werk?«
    »Aber natürlich, natürlich. Auf jeden Fall. Ich dachte einen Moment lang, Sie wollten …«
    Bridget Arden, die sinnliche Schauspielerin, die Mrs. Twimp mit solchem Aplomb gespielt hatte, kam vorbei und küßte Adrian auf den Mund. »Julian dreht uns unten in der Garderobe einen Joint, Adey. Komm doch mit.«
    »Ha! Sehr gut! Einen Joint drehen! Der ist klasse! Köstlich … äh, sie ist einfach … Sie wissen schon«, erklärte Adrian, während sie zusahen, wie sie die Treppe hinunterfiel.
    »Natürlich ist sie das, mein lieber Freund. Nein, wo war ich gerade? Ich dachte einen Augenblick lang, Sie erwarteten, ich würde die bloße
Bearbeitung
Ihres Romans als befriedigende Hausarbeit akzeptieren. Ihn zu
schreiben
akzeptiere ich gerne. Ein wunderbarer Entwurf. Er hat meine optimistischsten Erwartungen übertroffen.«
    »Heißt das, Sie wußten davon?«
    »Abgesehen von den dreihundertsiebenundvierzig Anachronismen, die Dr. Anderson und sein Team im Lauf der Zeit aufdecken werden, hatte ich zufällig das Glück, eines Nachmittags in Ihr Zimmer zu geraten. Wie ich Aufgang D mit A verwechseln konnte, weiß ich auch nicht. Normalerweise bin ich weniger unaufmerksam. Aber bevor ich mein Versehen erkennen konnte, war ich über das Manuskript gestolpert.«
    »Sie stolperten über einen Papierstapel, der in eine Hülle eingewickelt oben auf einem Bücherregal versteckt war?«
    »Wenn ich in Stimmung bin, bin ich ein ganz schöner Stolperer. Als Student bin ich nach Cambridge gestolpert.«
    »Darauf möchte ich wetten.«
    »Fürchterlich nachlässig von mir, ich weiß. Allerdings keine ausschließliche Malaise Älterer. Ich glaube, Ihr Freund Gary Collins stolperte mal auf dieselbe Weise in mein Zimmer. Meines Wissens stolperte er in seinem Fall sogar über ein Telefon, bevor er merkte, wo er war. Diese Verwirrungen sind gar nicht so selten, wie man glauben möchte.«
    »O Gott. Aber wenn Sie das die ganze Zeit wußten, warum haben Sie uns nicht …«
    »Sie verpfiffen? Ich habe meine Gründe. Ihr Manuskript kam sehr gelegen. Das englische Seminar von St. Matthew’s hat noch nie so viele Forschungsdoktoranden gehabt oder ist mit so vielen Stipendien überschüttet worden. Allein die Dickens Society von Chicago hat … aber das wird Sie kaum interessieren. Ich bin ehrlich entzückt. Das ist jetzt das zweitemal, daß Sie es nicht geschafft haben, mich zu enttäuschen. Es ist so schwer, heutzutage eingutes Rabenaas zu finden. Sie sind ein Schatz, Adrian, ein wahrer Schatz. Eine Sache ist mir allerdings noch nicht klar. Wie kamen Sie auf die glückliche Idee, das Manuskript in St. Matthew’s entdecken zu lassen und nicht in der Universitätsbibliothek?«
    »Nun, ich wollte, daß es College-Eigentum wird. Ich dachte, dann würden Sie es sein, der es veröffentlicht.«
    »Und
ich
sollte der Gelackmeierte sein, wenn die Wahrheit herauskäme? Das hatte ich mir gedacht. Sie sind zu wunderbar. Ich fürchte, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.«
    »Nein, ich wollte nicht gerade …«
    »Sie haben Ihrem College einen großen Dienst erwiesen. Ich werde jetzt gehen, auf daß Karneval, Zügellosigkeit, Drogen und fleischliche Exzesse sich einen Weg bahnen mögen. Silenos und seine lüsternen Falten sind nicht erforderlich, wo die Jugend herumtollt. Ach, sehen Sie, da ist der Mann aus Narborough, den Sie auf dem Kricketfeld so vernichtend schlugen, als wir uns zum allerersten Mal begegneten. Ausgezeichnete Leistung, mein lieber Cartwright! Ich schäme mich nicht zuzugeben, vor allen Leuten geweint zu haben.«
    Hugo nickte vage und stellte sich neben Adrian, schwankend und mit rotem Kopf, Flasche in der einen Hand, Zigarette in der anderen.
    »Sehen Sie, wohin es mit ihm gekommen ist«, sagte Adrian, »eine Allegorie der Ausschweifung und des Ruins.«
    Glücklich rülpste Hugo und machte Gesten in Richtung Trefusis, der sich von Jenny verabschiedete.
    »Irgendwoher kenn ich den alten Arsch doch«, sagte er.
    »Du redest von dem alten Arsch, den ich liebe. Der alteArsch ist ein Genie. Der alte Arsch hat tausend Pfund gewonnen, indem er auf Chartham Park gegen Narborough Hall

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