Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
Anderson.
    »Ja, Tim, das haben Sie.«
    »Was, um alles in der Welt, hat Shakespeare damit zu tun?« rief Menzies. »Es geht hier doch um …«
    »›Durch den Vergleich von Beispielen gesicherter Shakespeare-Texte mit den Schriften des Grafen von Oxford, Francis Bacons und Christopher Marlowes war er außerdem zu beweisen imstande, daß sämtliche Stücke des Shakespeareschen Kanons das Werk ein und desselben Verfassers sind, eben William Shakespeares, und daß keine einzige Zeile von ihnen Oxford, Bacon oder Marlowe zuzuschreiben ist. In drei dieser Dramen gibt es allerdings bemerkenswerte Passagen, die nicht von Shakespeare zu stammen scheinen. Dr. Anderson und sein Team arbeiten gegenwärtig daran und sollten in Bälde mit eindeutigen Ergebnissen aufwarten können. Ein interessantes Nebenprodukt dieser bedeutenden Arbeit ist die Entdeckung, daß der Roman
Peter Flowerbuck
nicht von Charles Dickens, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Werk eines Autors des zwanzigsten Jahrhunderts ist. Gleichwohl gibt es Anhaltspunkte, daß die Geschichte im Kern auf einer echten Fabel von Dickens beruht. Dr. Andersens Team geht dieser Vermutung mit großer Energie nach.‹ Ich glaube, das sollte das Problem lösen.«
    »Genial, Donald«, sagte Clinton-Lacey. »Einfach genial.«
    »Sie sind zu gütig.«
    »Ich sehe nicht, was daran genial sein soll. Was hat Shakespeare damit zu tun?«
    »Er lenkt die Aufmerksamkeit ab, Garth«, erläuterte Clinton-Lacey. »Stellt man den Namen Shakespeare heraus, zieht das noch mehr als Dickens.«
    »Aber dieser ganze Quatsch, von wegen Dr. Anderson arbeite an Shakespeare-Fetzen und der Handlungsverlauf sei echter Dickens? Was soll das?«
    »Ja, sehen Sie«, sagte Trefusis. »Das zeigt, daß wir derzeit all diese wichtigen Materialien erforschen und daß letztendlich an
Peter Flowerbuck
zumindest
etwas
dran sein könnte.«
    »Ist es doch aber gar nicht!«
    »Das wissen wir, aber nicht die Zeitungen. In ein paar Monaten ist Gras über die ganze Sache gewachsen. Falls sie Nachforschungen über unsere Fortschritte anstellen sollten, können wir immer noch sagen, daß Dr. Anderson an dem Problem arbeite. Ich bin sicher, Tim wird imstande sein, die Presse zu verwirren.«
    »Er wird es also sein, der die Erklärung abgibt?«
    »Selbstverständlich«, sagte Trefusis. »
Ich
habe mit der Angelegenheit nichts zu tun.«
    »Ich bin mir im unklaren darüber, inwieweit sich die Spannung zwischen dem ethischen Rahmen und den Grenzen des Pragmatismus in einer Situation zu manifestieren beginnen könnte, in der …«, begann Anderson.
    »Sehen Sie? Tim wird sich grandios schlagen. Er benutzt die einzige bedeutendere europäische Sprache, die zu verstehen ich immer noch absolut außerstande bin. Die Presse wird sich langweilen. Es ist zu wenig Schabernack, um sie aufzuregen, und zu streng wissenschaftlich, um allgemeines Interesse zu wecken.«
    »Aber das alles bedeutet, daß wir das zusätzliche Personal weiterhin zu finanzieren haben«, beschwerte sich Menzies. »Um den Schein zu wahren.«
    »Ja«, sagte Trefusis träumerisch, »den Nachteil hat es natürlich.«
    »Das ist doch empörend.«
    »Ach, ich weiß nicht. Solange man sie damit beschäftigt, Vorlesungen zu halten, Studenten zu lehren und Dokumente zu authentifizieren, die man uns aus aller Herren Länder senden wird – wo wir jetzt schließlich als führende Universität für auktoriale Fingerabdrücke anerkannt sind –, bin ich sicher, daß wir etwas mit ihnen anfangen können. Vielleicht zahlen sie sich sogar aus.«

IV
     
    »Du lügst«, sagte Gary. »Du mußt einfach lügen.«
    »Ich wünschte, das täte ich«, sagte Adrian. »Nein, das ist nicht wahr, ich hätte nicht um die Welt darauf verzichten mögen.«
    »Du willst mir weismachen, du hättest deinen Arsch unten am Dilly verkauft?«
    »Warum nicht? Irgendwer muß es schließlich tun. Außerdem war es gerade nicht mein Arsch.«
    Gary lief im Zimmer auf und ab, während Adrian ihn beobachtete. Er wußte nicht, warum er es ihm erzählt hatte. Er nahm an, weil ihm einmal zu oft unterstellt worden war, er habe keine Ahnung vom richtigen Leben.
    Begonnen hatte es damit, daß Adrian erwähnt hatte, er überlege ernsthaft, Jenny zu heiraten.
    »Liebst du sie?«
    »Paß auf, Gary. Ich bin zweiundzwanzig. Bis hierher hab ich’s um Haaresbreite geschafft, weil ich aus dem Alptraum der Adoleszenz auf den letzten Drücker aufgewacht bin. An jedem einzelnen Morgen der nächsten,

Weitere Kostenlose Bücher