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Der Lügner

Der Lügner

Titel: Der Lügner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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haben«, sagte Canter.
    »Ach du meine Güte, ich vertraue Ihnen«, sagte Adrian, der sich zunehmend zu amüsieren begann. »Wenn man sein Eigentum keinem ehrlichen Polizeibeamten mehr anvertrauen kann, ohne argwöhnisch zu werden, dann ist die Welt wirklich auf den Hund gekommen.«
    »Ja, stimmt. Wir brauchen trotzdem Ihre Unterschrift. Ach, und noch etwas, Adrian.«
    »Ja?«
    »Sieh an«, sagte Canter. »Wir heißen also Adrian Healey? Nicht Hugo Bullock.«
    Verdammt, Scheiße, verflucht und zugenäht.
    Der Kriminalbeamte Canter hielt Anouilhs
Antigone
hoch. Adrians Name stand auf dem Vorsatzblatt.
    »Ein schlauer Bursche wie Sie und fällt auf so einen Trick herein«, schüttelte er den Kopf. »Kein Bullock auf der Vermißtenliste, wissen Sie. Aber ich wette, ein Healey wird draufstehen, meinen Sie nicht?«

II
     
    Auf dem Flur läutete eine Glocke, Türen wurden zugeschlagen, und ärgerliche Stimmen wurden laut.
    »Sieh dich vor, Ashcroft, noch ein Wort von dir, und du stehst auf der Liste.«
    »Aber was hab ich denn getan?«
    Adrian schloß die Augen und versuchte, sich auf den Brief zu konzentrieren, den er grade schrieb.
    »Gut! Ich hatte dich gewarnt. Entzug jeglicher Vergünstigungen für eine Woche.«
    Er nahm ein Blatt Papier und strich es auf dem Tisch glatt. Draußen blies ein kalter Wind, und der Himmel hatte waffengraue Farbe angenommen. Es würde bald schneien.
    »Entschuldigung, Mr. Annendale, darf ich ein Buch aus der Bibliothek ausleihen?«
    »Wenn du dich beeilst.«
    Adrian ergriff einen Stift und begann.
     
     
13. Februar 1978
 
Lieber Guy,
ich wollte mir seit langem ein Herz fassen und Dir schreiben. Und der Grund, warum ich es jetzt endlich tue, war Dein Auftritt neulich in
Das Ebenbild
. Du warst hervorragend wie immer. Mir hast Du in beiden Rollen gefallen – obwohl der gute Shelford mich mehr an den
Guy
erinnerte, den ich kenne (oben auf der Galerie) …
Ich frage mich, ob Du je erfahren hast, was mir zugestoßen ist. Ich habe das Gefühl, Du stellst Dir vor, ich wäre mit Deinem Geld abgehauen. Aber vielleicht hast Du die Wahrheit gehört. Tatsache ist, daß ich, nachdem ich Deinen Freund Zak besucht hatte, von der Polizei festgenommen wurde – im Besitz Deines Kokains für die Drehschlußfete: Ihr wart dabei,
Das rote Dach
abzudrehen, wenn Du Dich entsinnst. Du wirst Dich freuen zu hören, daß Zak Dich übrigens nicht übers Ohr hauen wollte – die Beute wurde vor Gericht beschrieben als sieben Gramm qualitativ höchstwertigen Andenschnees. Vielleicht hast Du ein schlechtes Gewissen gehabt, weil Du mich Unschuldigen in die ganze Affäre verwickelt hast, aber falls dem so war, kann ich Dich jetzt freudig von dieser Last befreien. Ich wurde gut behandelt und zu keinem Zeitpunkt unter Druck gesetzt, irgendwelche Namen preiszugeben.
Die ollen Eltern haben Leumundszeugen um mich geschart – Paten, Bischöfe, Generäle, sogar meinen alten Hausvorsteher aus der Schule, man glaubt es kaum – und ganze Schwadronen bewaffneter und gefährlicher Anwälte. Welche Chance hatte das Gericht da noch? Nurindem es sämtliche Reserven an Stolz und Selbstkontrolle mobilisierte, brachte es die Nervenkraft zusammen, mich wenigstens auf Bewährung zu verurteilen. Ich glaube, einer von ihnen war von meiner ruhigen Würde und glupschäugigen Unschuld so überwältigt, daß er um Haaresbreite vorgeschlagen hätte, mir einen Bürgerpreis zu verleihen.
Seither war ich in einem Repetitorium in Stroud, habe meine Prüfungen bestanden und meine Zeit mit Unterrichten an einer Prep School in Norfolk ausgefüllt, bevor es dann ans St. Matthew’s College in Cambridge geht – nicht ganz den Bock zum Gärtner gemacht … den Sklaven zum Sklaventreiber? Irgend so was. Junge zum Mann geworden, nehme ich an.
Mein Name, wie Du wahrscheinlich weißt, ist von Hugo Bullock so weit entfernt, wie ein Name nur sein kann, aber damit will ich Dich nicht weiter belästigen. Ich wollte Dir hiermit nur alles Gute wünschen und mich bedanken für ein oder zwei Monate mit unübertrefflichem Spaß und Lustbarkeiten.
Ich hoffe, Du behandelst Deine Nasenlöcher jetzt so gut wie früher
Deinen ganz ergebenen
Hugo Bullock
     
     
    Es klopfte an der Tür.
    »Bitte, Sir, darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
    »Newton, ich habe mit diesen meinen zwei Ohren eindeutig gehört – denen hier, die ich heute morgen angelegt habe, weil sie so gut zu den Augen passen –, daß Mr. Annendale dir die Erlaubnis gegeben hat, zur Bibliothek zu gehen

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