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Der Lüster - Roman

Der Lüster - Roman

Titel: Der Lüster - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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oder ich mache ein Ende mit der Gesellschaft und mit dir. Die Gesellschaft der Schatten wünscht, dass du Esmeraldas Vater von ihren Treffen im Garten berichtest.«
    Sie öffnete einen Spalt weit die bleichen Lippen.
    »Die Gesellschaft der Schatten hat gesprochen.«
    Nun konnte sie keine Einwände mehr erheben. Die Gesellschaft der Schatten hatte immer das letzte Wort, und die Formel, die Daniel verwendet hatte, bedeutete das Ende der Versammlung.
    IHR WAR, ALS WÄRE SIE in Gemeinheit getaucht mit der Gesellschaft der Schatten.
    Sie betrachtete sich im Spiegel, das weiße feingeschnittene Gesicht verloren im Halbdunkel, die Augen geöffnet, die Lippen ausdruckslos. Sie mochte sich, fand Gefallen an ihrer feinen, so geschmeidigen Erscheinung, den Haaren mit den hellen Strähnen, den kleinen, schmalen Schultern. Wie hübsch ich bin, sagte sie. Wer möchte mich kaufen? wer möchte mich kaufen? – sie warf dem Spiegel einen leisen Kuss zu – wer möchte mich kaufen: biegsam, reizend, so reizend, als wäre ich blond, aber ich bin nicht blond: Ich habe schönes, kühles, prächtiges braunes Haar. Aber ich will so sehr, dass mich jemand kauft, dass … dass … dass ich mich umbringe!, rief sie, und mit einem Blick in ihr Gesicht, das verblüfft war von diesem Satz, voller Stolz auf ihre eigene Glut, lachte sie ein falsches, niedriges, glänzendes Lachen. O ja, sie brauchte ein geheimes Leben, um sein zu können. Von einem Moment auf den anderen war sie wieder ernst, müde – ihr Herz pulsierte im Schatten, langsam und rot. Ein neues, bisher fremdes Element war in sie eingedrungen, seit es die Gesellschaft der Schatten gab. Jetzt wusste sie, dass sie gut war, dass ihre Güte jedoch nichts änderte an ihrer Bosheit. Diese Empfindung war fast alt, eine Entdeckung von vor Tagen. Und ein neuer Wunsch berührte ihr Herz: sich noch weiter zu befreien. Die Grenzen ihres Lebens zu sprengen – es war ein Satz ohne Worte, der durch ihren Körper floss, einfach nur als Kraft. Die Grenzen meines Lebens zu sprengen, wusste sie nicht, dass sie sagte, während sie sich im Spiegel des Gästezimmers betrachtete. Ich könnte sie alle umbringen, dachte sie mit einem Lächeln und einer neuen Freiheit und besah sich kindlich ihr Spiegelbild. Einen Moment lang wartete sie aufmerksam. Aber nein: Nichts war in ihr entstanden durch die Empfindung, die das hervorgerufen hatte, weder Freude noch Entsetzen. Und woher war ihr die Idee gekommen? – seit dem Morgen, den sie im Keller verbracht hatte, stiegen die Fragen mit Leichtigkeit auf; und in jedem Augenblick schritt sie in welche Richtung voran? sie ging weiter und lernte dabei Dinge, von denen sie ihr ganzes Leben lang noch nicht einmal den Anfang gespürt hatte. Woher war ihr die Idee gekommen? aus dem Körper; und ihr Körper war ihr Schicksal … Oder sog sie die Gedanken aus der Luft und gab sie als eigene wieder, zwang sich dabei, ihnen zu folgen? … Da war sie, im Spiegel!, rief sie sich rücksichtslos und glücklich zu. Aber was konnte sie und was konnte sie nicht? Nein, sie wollte nicht auf eine Voraussetzung warten, um zu töten, wenn sie schon töten sollte, so wünschte sie sich das frei und ohne Anlass … das würde bedeuten, die Grenzen ihres Lebens zu sprengen, wusste sie nicht, dass sie dachte. In einer plötzlichen Erschöpfung, in der eine gewisse Wollust war und ein Wohlgefühl, legte sie sich ins Gästebett. Und wie eine Tür rasch und lautlos zufällt, schlief sie schnell ein. Und träumte schnell. Sie träumte, ihre Kraft spräche laut und in die ganze Welt hinaus: Ich will die Grenzen meines Lebens sprengen, ohne Worte, nur die dunkle Kraft und ihre Richtung. Ein Impuls, grausam und lebendig, stieß sie nach vorne, und sie hätte gewünscht, für immer zu sterben, wenn das Sterben ihr nur einen einzigen Moment der Lust verschafft hätte, zu solcher Schwere war ihr Körper gelangt. Sie hätte noch ihr Herz hingegeben und hineinbeißen lassen, sie wollte die Grenzen ihres Lebens sprengen als höchste Grausamkeit. Da verließ sie das Haus und machte sich auf die Suche, suchte mit dem Wildesten, das sie besaß; sie spähte nach Inspiration, die Nasenlöcher empfindsam wie die Nüstern eines feinen, erschrockenen Tiers, aber alles um sie herum war Sanftheit, und die Sanftheit kannte sie schon, und schon jetzt war Sanftheit die Abwesenheit von Angst und Gefahr. Sie würde etwas derart außerhalb ihrer Grenzen tun, dass sie es niemals verstehen würde – aber sie

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