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Der Lüster - Roman

Der Lüster - Roman

Titel: Der Lüster - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Main> Schöffling & Co. <Frankfurt
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aufgestanden, aber es gab nichts mehr zu tun, und so blieb sie den ganzen Tag nachdenklich und ruhig. Manchmal ließ ein langes Frösteln sie wach werden, sie sah sich um, ohne zu begreifen. Es schlug zehn. Aber die Zeit stürzte nicht dahin wie sonst. Diesmal war alles still, sauber, vorbestimmt. Mittags aß sie nur ein paar Bissen, ernst und düster. Am Abend jedoch, als es Zeit wurde, aus dem Haus zu gehen, verschärfte sich ihr merkwürdiger Zustand, sie erforschte sich fast missmutig, ohne sich zu verstehen und diese Vagheit, die so schwer zu überschreiten war wie leerer Raum und sie in ihren Bewegungen hemmte. Dann war das Sehnsucht nach Vicente … nach der Stadt … was nur? fast verärgert setzte sie sich auf den Bettrand, entschlossen, sich schonungslos zu begreifen. Eine lange und ruhige Traurigkeit ergriff von ihr Besitz. Na! Na … was soll denn das werden?, hätte sie sich am liebsten gesagt, in freundlichem Ton, sich einen Klaps auf die Wange gegeben und eine Entscheidung getroffen, mit einem Lächeln. Aber sie war so weit davon entfernt, diese Kraft zu haben, wie jedes Mal, wenn sie die Hand danach ausstreckte. Da sie sich immer weiter anschob und in sich falsche Impulse schuf, um aufzuwachen, erfasste schließlich ein gequältes, müdes Unwohlsein ihren Körper wie ein langsamer Brechreiz, die Nerven schärften sich angespannt, vergebens. Schnelle, vage Gedanken schossen ihr fast fiebrig in den Sinn, und sie schwankte, ohne sich zu entscheiden. Was nun? was geschah hier? sie hatte den vagen Eindruck, für immer nach Brejo Alto zu fahren, und das freute und schreckte sie. Was jetzt?, fragte sie sich düster und jähzornig. Die Verwirrung machte sie zahm, doch plötzlich schrak sie hoch und schrie fast: Ich muss los … Vicente … Sie trat ans Fenster, blickte auf die ferne Uhr: Ja, sie sollte Vicente sagen, dass sie wegfuhr, dass sie ihn liebte, das war es! wie hatte sie das nicht gleich erraten, mein Gott, das war es! aber der Gedanke tat ihr furchtbar weh, sie begriff, dass das Eingeständnis sie schwächen würde und dass sie nur abreisen könnte, wenn sie die Kraft des eigenen Geheimnisses behielt und sich nicht Vicentes Gesicht stellen musste. Und warum fuhr sie dann? noch könnte sie dem Vater Bescheid sagen, dass es in diesem Moment nicht möglich sei, die Studien zu unterbrechen … ja, warum gab sie nicht auf?, sagte sie sich, erfüllt von einer unfreien, schmerzlichen Freude, seit jeher schuf sie Zustände, die ihr unerträglich waren, sie selbst tat das, sie selbst … aber sie konnte damit aufhören, jetzt konnte sie … Etwas jedoch war auf stumme Weise entschieden, und sie hätte niemals kehrtmachen können. – Wenn sie auf Granja Quieta zu Tisch gerufen wurde und eine Treppenstufe nach der anderen hinunterstieg, unausweichlich, dann fragte sie sich: Wenn ich das mit aller Kraft wollte, könnte ich in der Bewegung innehalten, zurück nach oben gehen und mich im Zimmer einschließen? und sie wusste, dass das nicht möglich war, nicht möglich Stufe um Stufe, und da war sie schließlich und saß verblüfft mit allen am Tisch. Jetzt, reglos, unentschlossen, fiel ihr auf einmal ein, dass sie Kaffee kochen könnte, um sich zu stärken, und den dann trinken. Und den dann trinken, und den dann trinken!, dachte sie in plötzlicher Lebhaftigkeit. Aber sie stand nicht einmal auf. Am Ende war sie ihrer selbst müde, empfand einen zerstreuten Ekel vor ihrem warmen Leben, vor all den feuchten und langsamen Gesten, vor ihrem Wohlwollen, der Lust und der Geborgenheit im Leiden – streng und trocken zu sein, das hätte sie sich jetzt gewünscht, undeutlich, entsetzt über all diese Gefühle, aber sie brachte nichts zustande, blieb schlaff und aufmerksam. Der Gedanke ans Kaffeekochen durchzuckte sie erneut, mit größerer Wucht, mein Gott, da wäre man wie neu geboren, Kaffee trinken, klaren, schwarzen, heißen, duftenden Kaffee – Welt, Welt, sagte ihr Körper, stumm lächelnd vor Schmerz. Mit einer gewissen Schüchternheit beobachtete sie, wie sie allein war. Sie hätte weinen können vor Freude, ja, denn sobald sie Kaffee tränke, hätte sie Kraft für alles. Sie presste das Gesicht auf das kühle Bett, und lauwarme, runde Glückstränen flossen, steigerten sich allmählich zu Schluchzern, und jetzt weinte sie in kleinen Schluchzern vor Trauer und spürte, wie das kühle Bett unter ihrer Wange wärmer wurde. In einer Bewegung des Verzichts wollte sie keinen Kaffee mehr, als wäre der

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