Der Luftraum darf nicht mit dem Fahrrad verletzt werden - Gesetzliche Kuriositäten und bürokratische Monster

Nr. 1677/88/EWG zur Festsetzung von Qualitätsnormen für Gurken war schließlich ein perfektes Beispiel für die Überbürokratisierung der EU-Normen und erinnerte manchmal ein bisschen an ein Gespräch unter paarungswilligen Machos, die sich derart frauenfeindlich über mehr oder weniger perfekte Schönheitsideale unterhalten, dass jedes weibliche Wesen auf die Barrikaden gehen würde.

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    Gurken (der Klasse Extra) müssen von höchster Qualität sein und müssen alle sortentypischen Merkmale aufweisen. Sie müssen gut entwickelt sein, gut geformt und praktisch gerade … eine für die Sorte typische Färbung haben, frei von Fehlern sein, einschließlich aller Formfehler …
    Gurken der Klasse 1 müssen auch gut entwickelt, aber nur noch ziemlich gut geformt und praktisch gerade sein, diverse Fehlerchen sind erlaubt … Interessant wird es dann hier:

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    Krumme Gurken dürfen nämlich eine größere Krümmung aufweisen.
    In der Welt der Chauvinisten würde das etwa so klingen: Hässliche Mädchen, mit denen man sowieso nichts anfangen will, dürfen hässlich sein.

    Leider würde der Abdruck des gesamten Wortlauts der Verordnung an dieser Stelle zu weit führen. Insgesamt fünf Seiten nämlich benötigten ihre Verfasser, um zu erklären, was nun genau eine Gurke ist und sein darf und dass eine solche auf zehn Zentimetern Länge eine maximale Krümmung von zehn Millimetern haben durfte. Und was ist laut EU ein grünes, längliches Gemüse aus der Familie der Kürbisgewächse, das eine Elf-Millimeter-Biegung aufweist? Sagen wir es so: Nichts Halbes und nichts Ganzes, ein Zwitter aus Gurke und Nicht-Gurke – sozusagen eine gurkenähnliche Missgeburt.

    Nun muss man den Erfindern des legendären Gurkentraktats zugutehalten, dass sie das umfassende Regelwerk nicht aus Spaß an der Freud niedergeschrieben haben, sondern vielmehr aus Rücksicht auf die Gemüse-Industrie. Einheitlich geformte und beinahe gerade Gurken lassen sich natürlich viel, viel besser verpacken, stapeln und verschicken als die krummen Hunde, die man im Hofladen beim nächsten Bio-Bauern kaufen kann.

    Ähnlich normiert sind im Übrigen heute noch immer Äpfel, Zitrusfrüchte, Salate, Erdbeeren, Paprika und Tomaten. Ein Apfel etwa muss mindestens sechs Zentimeter Durchmesser haben, um als solcher durchzugehen, und mindestens 90 Gramm wiegen – das gilt für den wunderbar giftgrünen Granny Smith genauso wie für den goldgelb schimmernden Golden Delicious. Und wehe, das knackig-saftige Früchtchen weist ein Wurmloch auf wie praktisch
jedes zweite Exemplar im Garten hinter dem Haus – dann ist es ganz schnell vorbei mit der Existenz als EU-Apfel.

    Auch bei den Erdbeeren herrscht gnadenloser Darwinismus: Eine Erdbeere muss von einer Seite bis zur anderen mindestens 18 Millimeter dick sein, klein gewachsenen Mickerlingen droht das sofortige Karriereende. Das gilt übrigens auch, wenn irgendein Gierschlund vom Beerchen die Hälfte abbeißt.
    Zufällige Regelmäßigkeiten
    Zum Thema Obst haben wir noch einen Paragrafen gefunden, in dem die Eurokraten ihren unnachahmlichen Definitionswahn auf die Spitze getrieben haben. Es geht um die Obstanlagenerhebung:

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    Regelmäßige Haine sind Flächen, auf denen Bäume in einer bestimmten Weise angepflanzt werden, so dass kompakte Haine mit einer gleichmäßigen Zahl von Bäumen …entstehen …Regelmäßige Haine werden in GEMISCHTE und NICHT GEMISCHTE regelmäßige Haine unterteilt. Nicht gemischte regelmäßige Haine sind mit lediglich einer Obstbaumart bepflanzt, zum Beispiel nur mit Pfirsichbäumen, nur mit Apfelbäumen usw. Gemischte regelmäßige Haine sind regelmäßige Haine, die mit mehreren Baumarten bepflanzt sind – zum Beispiel mit Orangen- und Olivenbäumen, Birnen- und Äpfelbäumen oder Pfirsich- und Kirschbäumen usw. – und auf denen die Bäume der einen Art zwischen denen der anderen Arten in einer geordneten und nicht völlig zufälligen Weise gepflanzt sind …

    Ob ein gemischter Hain als regelmäßig zu bezeichnen ist, hängt nicht davon ab, ob die Bäume im Hain
alle zur selben Familie gehören. Entscheidend ist, dass die Bäume der verschiedenen Arten einen kompakten regelmäßigen Hain bilden.
    Alles Banane
    Interessanterweise lässt sich der EU-Normenkatalog nicht darüber aus, wie krumm eine Banane sein muss, trotz der ebenfalls umfassenden Bananenverordnung. Geregelt sind nur ihre Länge und ihr Durchmesser. Stolze 14 Zentimeter soll sie mindestens aufs Maßband bringen, und