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Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Titel: Der männliche Makel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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ich rechtzeitig zurück, und niemand würde es bemerken. Da bin ich sicher.
    Verdammt noch mal. Hör auf zu grübeln und es zu zerpflücken. Schluss mit den Zweifeln. Tu es. Denk an Lily. Vergiss nicht, dass du es ihr schuldig bist.
    Die Entscheidung ist gefallen. Ich schnappe mir Tasche und Mantel und husche aus dem Büro zum Aufzug. Da alle auf ihre Computerbildschirme starren, hebt niemand den Kopf oder würdigt mich auch nur eines Blickes. So weit, so gut. Schließlich werde ich nicht lange wegbleiben. Ich will ja nur Antworten auf eine Handvoll einfacher Fragen. Wer ist er? Woher kommt er? Warum hat er dem Trinity College so bald den Rücken gekehrt, und was hat er anschließend gemacht? Und vor allem: Wo ist er jetzt?
    Gut, das sind vielleicht mehr als eine Handvoll Fragen, doch das ist der alte Journalistentrick. »Darf ich Sie nur ganz schnell etwas fragen?« Und dann schmuggelt man die anderen fünfzehn Fragen dazwischen und hofft, dass das Gegenüber es nicht merkt.
    Eines steht jedenfalls fest: Die Antwort ist nur einen Katzensprung entfernt, und ich kenne mich selbst. Solange ich keine Lösung gefunden habe, werde ich nicht lockerlassen können. Meine Gedanken überschlagen sich, und mein Herz klopft, als ich in meinen Regenmantel schlüpfe. Gerade habe ich die Sicherheitskontrolle am Eingang des Redaktionsgebäudes hinter mir und strecke die Hand nach der Drehtür aus, als mich jemand von hinten anspricht.
    »Eloise, Sie wollen uns doch nicht schon so früh verlassen?«
    Ich brauche mich nicht umzudrehen, um zu wissen, wer es ist. Es gibt nur einen einzigen Menschen, der mit diesem nasalen, aufgesetzt westbritischen Akzent spricht.
    Natürlich, Seth Coleman, der mich wie immer von Kopf bis Fuß mustert. Seinen starren Eidechsenaugen entgeht nichts.
    »Natürlich verlasse ich Sie nicht, Seth.« Ich zwinge mich zu einem Lächeln. »Ich gehe nur rasch mal vor die Tür …«
    »Sie gehen raus?«, entsetzt sich Seth, wobei er das letzte Wort absichtlich betont. »Aus dem Gebäude? Warum, um Himmels willen?«
    Äh, gute Frage. Um mir einen Kaffee zu holen, kann ich nicht sagen, denn wir haben eine Starbucks-Filiale im Haus. Und wenn ich persönliche Gründe angebe, wird er hundertprozentig verbreiten, dass ich einen Nervenzusammenbruch hatte und mich heimlich zum Psychiater schleiche.
    Überleg dir was …
    »Streng vertraulich«, erwidere ich schließlich gekünstelt fröhlich. »Den Namen der Person, mit der ich mich treffe, darf ich nicht nennen. Aus Sicherheitsgründen müssen wir uns auf neutralem Gebiet sehen.«
    »Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz«, näselt Seth. »Hätten Sie damit nicht einen der Dutzenden von Reportern beauftragen können, die sich noch im Gebäude aufhalten und sich über eine neue Story freuen würden?«, bohrt er nach und zieht die Augenbrauen – ich könnte schwören, dass er sie zupft – in Richtung Himmel. »Als Chefredakteurin hat man doch nicht die Zeit, jedem Hinweis nachzugehen, der hier eintrudelt. Ihre Talente wären anderswo besser eingesetzt, finden Sie nicht?«
    »Danke für Ihre Besorgnis«, fauche ich ihn an und spare mir die Mühe, meine Gereiztheit zu verbergen. »Doch mein Informant wollte mich nur persönlich treffen, und ich habe offen gestanden keine Lust, die Angelegenheit weiter mit Ihnen zu erörtern.«
    Neugieriger Schleimer. Für wen hält der sich eigentlich? Will er mir etwa sagen, wie ich meine Arbeit machen soll?
    »Tja, dann sehen wir uns in einer halben Stunde bei der Redaktionssitzung«, entgegnet er, offenbar noch immer nicht überzeugt, während ich auf dem Absatz kehrtmache und verschwinde.
    Nicht auszudenken, was passiert, wenn ein Typ wie der zu einer Samenbank gehen würde, sage ich mir erbost, als ich den Gürtel meines Regenmantels fester zusammenziehe und die Straße entlangmarschiere. Mein Gott, und dann bringt irgendeine arme, ahnungslose Frau ein Kind von ihm auf die Welt? So etwas darf ich mir nicht einmal vorstellen. Es ist eiskalt, scheußlich und windig. Zum Pearce Square, der von der geschäftigen Pearce Street abgeht, brauche ich etwa zehn Minuten. Der Berufsverkehr lässt gerade nach. Nummer 24 ist nicht schwer zu finden. Ein kleines zweistöckiges Reihenhaus, roter Backstein, nichts Besonderes, in einer Häuserzeile, die genauso aussieht. Kein schmückendes Beiwerk weit und breit. Weder Blumenbeete noch Blumenkästen, nichts.
    Ich klingle und warte. Und warte. Klingle noch einmal, wieder nichts. Also warte ich noch ein

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