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Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Der männliche Makel: Roman (German Edition)

Titel: Der männliche Makel: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia Carroll
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vergebens gewesen sein. Er hatte wieder eine weiße Weste und eine Chance für einen Neuanfang bekommen. Nun musste er nur noch standhaft bleiben.
    Seine Mam schien es zu begreifen, auch wenn ihn die Trauer und Enttäuschung in ihrem Blick fast umbrachten, als er ihr erklärte, er werde nicht nach Hause in sein altes Zimmer und sein altes Leben zurückkehren. Immerhin war er ihr Jüngster, um den sie sich die meisten Sorgen machte und den sie in ihrer Nähe haben wollte. Noch schlimmer war die Gewissheit, dass sie zu Hause sicher alles für ihn vorbereitet hatte, um ihn beschützen und im Auge behalten zu können. Bestimmt hatte sie sich die Mühe gemacht, sein Zimmer aufzuräumen, den Kühlschrank mit seinem Lieblingsessen zu bestücken und die ganze Wohnung auf Vordermann zu bringen. Es brach ihm das Herz, wenn er daran dachte, was sie für ihn getan hatte und immer noch tat.
    Allerdings fand sie sich, wenn auch nur widerstrebend, damit ab, dass er das dringende Bedürfnis nach einem Tapetenwechsel hatte. Er wollte weg von Darndale, noch einmal von vorne anfangen.
    Und wie durch Zauberhand war Ms. Eloise Elliot genau zu diesem Zeitpunkt in sein Leben getreten. Eigentlich glaubte Jake nicht an Wunder. Denn das war gefährlich, wie er auf die harte Tour erfahren hatte. Man machte sich nur falsche Hoffnungen, die einem den Verstand vernebelten. Und dann versetzte einem das Leben wieder einen Tritt ins Gesicht, weshalb es besser war, sich keinen Illusionen hinzugeben. Doch trotz seiner Verbitterung und seines Zynismus geschah nun direkt vor seiner Nase ein richtiggehendes Wunder.
    Kurz vor seiner Entlassung hatte Eloise ihn, erneut unter dem Vorwand, an ihrer Serie arbeiten zu müssen, ein zweites Mal besucht. Jake hatte ihr den Gefallen getan und sich mit ihr getroffen, obwohl er noch immer nicht ergründet hatte, was hier im Busch war. Als sie ihn geradeheraus fragte, was er nach seiner Entlassung vorhabe, hatte er die Achseln gezuckt und geantwortet, er habe offen gestanden keine Ahnung. Inzwischen vertraute er ihr genug, um ihr zu erklären, woran das lag. Gut, es gebe jede Menge Wohnzimmersofas, auf denen er übernachten könne, aber er wisse, wie leicht es sei, wieder abzurutschen. Selbst eine eigene Wohnung in Darndale zu mieten sei keine gute Idee, denn es würde sich rasch herumsprechen, dass er wieder draußen war, und prompt würden sie ihm einen Besuch abstatten. Er kenne da einige Leute, die sich nicht mit einem Nein abspeisen ließen, teilte er ihr mit. Den Rest konnte sie sich sicherlich denken.
    Sie nickte, lauschte und schien zu wissen, was er meinte. Offenbar spürte sie, dass er nicht zurück auf die schiefe Bahn wollte, und war, im Gegensatz zu vielen anderen, bereit, ihm zu helfen. Sie schlug ihm vor, die Sache nur ihr zu überlassen. Sie werde sich einen Plan ausdenken. Das Planen lag ihr anscheinend im Blut. Dann vergingen zehn Tage, die sich im Gefängnis beinahe wie zehn Jahre anfühlen, ohne dass er auch nur einen Mucks von ihr gehört hätte.
    Sie hat mich vergessen, dachte Jake. Schließlich ist sie die viel beschäftigte Chefredakteurin einer überregionalen Zeitung. Natürlich hat sie mich vergessen. Warum sollte sie sich überhaupt für mich interessieren? Aus unerfindlichen Gründen hatte sie spontan die Idee gehabt, ihn unter einem Vorwand zu besuchen. Und nun, nachdem sie Jake kennengelernt und sich selbst davon überzeugt hatte, was für ein absoluter Verlierer er war, hatte sie einen Rückzieher gemacht. Er nahm es ihr nicht übel. An Zurückweisung hatte er sich inzwischen gewöhnt und sich im Laufe der Zeit ein hartes Fell zugelegt, um Dinge wie diese wegzustecken.
    Und dann wurde er zu seinem Erstaunen aus heiterem Himmel in den Besucherraum gerufen. Sie erwartete ihn schon. Bei ihrem Anblick grinste er übers ganze Gesicht. Und zum ersten Mal stellte er fest, dass sie sein Lächeln erwiderte.
    Sie sagte, sie könne nicht lange bleiben, weil sie zurück in die Redaktion müsse. Obwohl es Sonntag war. Er hatte gedacht, dass sie an diesem Tag frei hatte, so wie alle anderen auch. Nein, antwortete sie, in ihrer Branche gebe es keine freien Tage. Nachrichten machten keine Pause, weshalb sie es auch nicht könne. Seltsam, sagte er sich, obwohl es eindeutig Wochenende war, war Eloise von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet und trug wieder eines ihrer Businesskostüme, die sie anscheinend immer anhatte.
    Kleider machen Leute, dachte Jake, als er sie durch das Gitter betrachtete. Dennoch

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