Der Maler und die Lady (German Edition)
Seife auf der Wade hin und her fuhr. „Nicht unbedingt.“
„Na, siehst du.“ Befriedigt ließ sie das eine Bein sinken und streckte das andere aus. „Also, weg damit.“
„Tulip hat mir aufgetragen, darauf zu achten, dass du alles trinkst.“ Die Sache begann ihm Spaß zu machen.
Nachdenklich schob Lara ein wenig die Unterlippe vor. „Das bringt dich in eine unangenehme Situation, nicht wahr?“
„In eine eindeutige Situation auf jeden Fall!“
„O.k., ich trinke einen Schluck davon. Wenn Tulip mich dann fragt, ob ich das Zeug getrunken hätte, kann ich es bejahen. Ich gebe mir große Mühe, nicht so viel zu schwindeln.“
Anatole reichte Lara das Glas. Sie nippte daran und verzog angewidert das Gesicht. „Ich weiß nicht, ob du damit deine Ehrlichkeit unter Beweis gestellt hast.“
„Ich habe lediglich versprochen, weniger zu schwindeln, aber nicht, es ganz sein zu lassen. Also, in den Ausguss damit, es sei denn, du möchtest den Rest austrinken.“
„Nein, danke.“ Anatole leerte das Glas ins Waschbecken und ließsich dann auf dem Badewannenrand nieder.
Vor lauter Überraschung über sein Verhalten fasste sie die Seife so fest an, dass sie ihr aus der Hand rutschte und ins Wasser plumpste.
„Oh, Mist“, fluchte Lara leise. „Nein, bemühe dich nicht, ich werde sie schon wiederfinden.“ Suchend glitt ihre Hand durch das Wasser. „Ob wohl mal eine Seife erfunden wird, die einem nicht bei jeder Gelegenheit aus der Hand glitscht?“ Dankbar für die willkommene Ablenkung, beförderte sie das glatte Corpus delicti an die Wasseroberfläche. „Aha, da ist sie. Ich weiß es ja wirklich zu schätzen, Anatole, dass du mir dieses scheußliche Gebräu heraufgebracht hast. Wenn du jetzt …“
„Oh, ich habe keine Eile.“ Müßig griff er nach dem Schwamm. „Du sagtest doch vorhin etwas von Rückenwaschen.“
Amüsiert lächelte sie ihn an. „Ich sagte, ich würde dich nicht dazu auffordern, mir den Rücken zu waschen. Wie du siehst, beginnt der Schaumberg zusammenzufallen. Wir sollten deshalb die Diskussion auf einen anderen Zeitpunkt verlegen.“
Anatole streckte den Arm aus, riss an der Kette und zog den altmodischen Gummipfropfen aus der überdimensionalen Badewanne. „Der Tag wird kommen, an dem wir beide sehr viel mehr als nur ein Gespräch beginnen und zu Ende führen werden.“
Argwöhnisch beobachtete Lara den Wasserstand, ihre letzte Zuflucht. Wenn man schon in der Falle saß, war es erfahrungsgemäß am besten, mit Lässigkeit darüber hinwegzugehen. Sie versuchte zu lächeln, dennoch gelang es ihr nicht ganz, ihre Nervosität zu verbergen. „Sag mir Bescheid, wenn es soweit ist.“
„Das habe ich vor“, erwiderte er leise. Ohne ein weiteres Wort erhob er sich und verließ das Badezimmer.
Später, auf dem Weg nach unten, konnte Anatole sich ein Grinsen nicht verkneifen, als er Laras Stimme hörte.
„Ja, Tulip, ich habe das widerliche Zeug getrunken. Ich werde also deine Hausfrauenehre nicht in Gefahr bringen und im Wohnzimmer der Merricks wegen Unterernährung in Ohnmacht fallen.“ Das folgende leise Grollen, das offensichtlich eine Antwort darstellen sollte, klang durchaus nicht zufrieden. „Zum Kuckuck noch mal. Solang ich denken kann, habe ich Schuhe mit hohen Absätzen getragen. Und außerdem sind sie nicht zwölf Zentimeter, sondern nur acht hoch. Trotzdem werde ich immer zu jedem, der über zwölf Jahre ist, hochschauenmüssen. Sei so gut und back einen Kuchen, ja?“
Anatole hörte Tulips protestierendes Murmeln und Schnauben. Dann stolzierte sie an ihm vorbei aus dem Zimmer.
„Du bist es, Anatole. Dem Himmel sei Dank. Lass uns bloß gehen, ehe sie noch mehr an mir herumzumeckern findet.“
Lara trug ein schlichtes, hochgeschlossenes weißes Kleid mit langem Arm, das aus einem dünnen, fließenden Material gearbeitet war. Es sah züchtig wie eine Nonnenpracht aus und war doch so aufreizend wie eine tropische Nacht. Das glatte schwarze Haar fiel Lara auf die Schultern.
Sie strich es aus dem Gesicht, ergriff ein schwarzes Cape und warf es sich über. Einen Moment blieb sie unter der Lampe stehen und zupfte es zurecht. Der Effekt des strahlenden Weiß neben dem dunklen Umhang war atemberaubend. Lara sah wie ein leibhaftiges Manet-Porträt aus – kraftvoll, romantisch und zeitlos.
„Lara, du siehst grandios aus.“
Sie standen einander gegenüber und sahen sich in die Augen. Anatole hatte sich schon stilvollere und subtilere Komplimente einfallen lassen, aber
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