Der Maler und die Lady (German Edition)
niemals war es ihm so ernst damit gewesen. Prinzen fremder Länder hatten Lara in allen möglichen Sprachen Schmeicheleien gesagt. Niemals hatte sie dabei ein solches Flattern in der Magengegend verspürt.
„Danke“, brachte sie gerade noch heraus. „Du siehst auch sehr gut aus.“ Unsicher, ob es in ihrer gegenwärtigen Verfassung ratsam war, reichte sie Anatole den Arm. „Bist du soweit?“
„Ja. Was ist mit deinem Vater?“
„Der ist schon vorgefahren“, erklärte sie, als sie das Haus verließen. Auch sie hatte es jetzt eilig, von hier wegzukommen. Sie brauchte ein wenig Abstand, ehe sie wieder allein mit Anatole war. „Wir fahren nie gemeinsam zu einer Party, und erst recht nicht, wenn sie bei Harriet stattfindet. Mein Vater ist gerne vor der Zeit da und bleibt auch für gewöhnlich länger, weil er Harriet zu überreden versucht, mit ihm zu schlafen. Ich habe meinen Wagen vorfahren lassen.“ Lara schloss die Haustür und führte Anatole zu dem silberfarbenen Porsche. „Ich chauffiere lieber selbst, als mich fahren zu lassen.“
Sie wartete seine Antwort gar nicht erst ab und ließ sich auf den Fahrersitz fallen. „Das ist mir recht“, antwortete Anatole zustimmend.
6. KAPITEL
H arriet Merricks Haus war weiß und imposant und entsprach genau den typischen Anwesen, die man allenthalben hoch über dem Ufer des Hudson River zu sehen erwartet. Mit den unzähligen Fenstern strahlte es gediegene Eleganz aus. Ohne die Geschwindigkeit zu verringern, jagte Lara die Ringstraße hoch. Mit quietschenden Bremsen hielt sie den Porsche vor dem Haupteingang der Villa an.
Anatole stieß einen halblauten Fluch aus. Ohne zu fragen, zog er den Zündschlüssel ab und steckte ihn ein. „Ich fahre zurück.“
„Wie aufmerksam von dir.“ Lara ließ sich von dem herbeieilenden Diener aus dem Wagen helfen. „Dann kann ich heute so viel Champagner trinken, wie ich will“, bemerkte sie und ging die Stufen neben Anatole hoch. „Der Abend scheint ganz dafür gemacht.“
Als Lara die Tür öffnete, sah sie sich einem Gewirr von Menschen in hinreißender und höchst eleganter Abendgarderobe gegenüber. „Harriet.“ Lara umarmte die stattliche Frau mit dem flammend roten Haar.
„Ich freue mich sehr, dich wiederzusehen. Entschuldige bitte, aber die Krokodilklunkern um deinen Hals kratzen mich.“
„Tut mir leid, Liebling.“ Harriet hielt ihre Halskette ein wenig zur Seite und küsste Lara auf beide Wangen. Sie war eine der imposanten, fülligen Frauen, wie Rubens sie in seinen Gemälden unsterblich gemacht hatte. In ihrem flächigen, weichen Gesicht dominierten tief dunkelgrüne Augen, auf deren Lidern silberschimmerndes Make-up glitzerte. Harriet hielt nicht viel von zurückhaltender Subtilität. „Und das also ist euer Gast“, fuhr sie fort und maß Anatole mit einem raschen Blick.
„Darf ich vorstellen? Anatole Haines, Harriet Merrick.“ Lara grinste spitzbübisch und kniff Harriet leicht in die Wange. „Benimm dich heute Abend, sonst überlässt ihm Papa am Ende noch die Wahl der Waffen für das Duell.“
„Eine phantastische Idee.“ Lara an einem Arm, hakte sie sich mit dem anderen bei Anatole unter. „Ich bin sicher, Ihre Lebensgeschichte ist äußerst interessant, Anatole.“
„Ich werde eine erfinden.“
„Sehr schön.“ Anatole gefiel ihr. „Die meisten Gäste sind bereitsda, obwohl fast alle Melanies spießige Freunde sind.“
„Harriet, du musst ein bisschen mehr Toleranz an den Tag legen.“
„Nein, das tue ich bestimmt nicht.“ Mit einem Ruck warf sie die auffällige Mähne in den Nacken. „Ich war bis jetzt die Höflichkeit in Person. Nun, da ihr angekommen seid, muss ich es nicht mehr sein.“
„Lara.“ Melanie erschien in der Halle, gehüllt in einen eisblauen Traum von Kleid. „Du siehst wie ein Gemälde aus. Ellen, befrei Miss Fairchild von ihrem Cape, obwohl es ewig schade um den Effekt ist.“ Lächelnd reichte sie Anatole die Hand, und das Hausmädchen nahm Lara den Umhang von den Schultern. „Ich freue mich, dass ihr gekommen seid. Lara, es sind einige gemeinsame Bekannte hier, zum Beispiel die Birminghams und Michael Towers aus New York. Du erinnerst dich doch an Michael, nicht wahr?“
„Der Anzeigenfritze, der ständig mit dem Gebiss klappert?“
Harriet brach in schallendes Gelächter aus, während Anatole sich nur mühsam beherrschen konnte. Aufseufzend nahm Melanie sie mit sich. „Reiß dich zusammen, ja?“ Anatole war sich nicht sicher, ob das ihrer
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