Der Maler
weiter. Er öffnete die Tür und stieg mit ihr in den Keller hinunter.
Astrid und Delaroche kauerten im Regen neben der Verandatür. Delaroche bearbeitete das primitive Schloß mit seinem Taschenmesser. Nach wenigen Sekunden hatte er es geknackt. Zwischen gepolsterten Rattanmöbeln und niedrigen Couchtischen schlichen sie über die Veranda zu einer der beiden Fenstertüren. Delaroche drückte die Klinke herunter. Die Tür war abgesperrt. Er bückte sich und schob seinen elektrischen Dietrich ins Schlüsselloch. Das Schloß öffnete sich klickend.
Delaroche stieß die Tür auf, und sie betraten lautlos das Haus.
Das Haus hatte drei Ausgänge: die Haustür, die Verandatür und eine kleine Kellertür auf der Nordseite. Michael und Elizabeth tasteten sich durch den dunklen Keller, bis sie die Tür erreichten.
Das Gerät in seiner Hand piepste warnend. Michael stellte rasch den Ton leise. Oktober war durch eine der beiden Fenstertüren ins Wohnzimmer eingedrungen.
Sekunden später piepste das Gerät erneut, dann ein drittes Mal. Zwei Bewegungsmelder hatten angesprochen, einer im Wohnzimmer, einer im Eßzimmer. Diese Detektoren erfaßten ganz unterschiedliche Bereiche. Falls Oktober sich nicht sehr schnell durchs Haus bewegte, war es unwahrscheinlich, daß er beide ausgelöst hatte. Das Haus war dunkel und ihm unbekannt.
Michael schloß daraus, daß Astrid Vogel ebenfalls im Haus war.
Er wandte sich an Elizabeth und sagte: »Geh ins Gästehaus und warte dort, bis die Polizei kommt.«
»Michael, ich will dich nicht...«
»Keine Diskussionen!« knurrte Michael. »Wenn du überleben willst, mußt du tun, was ich dir sage.«
Elizabeth nickte.
»Die Polizei müßte in ein paar Minuten da sein. Sobald du sie siehst, läufst du zu ihr. Er hat's auf mich abgesehen, nicht auf dich. Hast du verstanden?«
Sie nickte wieder.
»Gut«, sagte Michael.
Er tippte den Code ein, der die Alarmanlage ausschaltete, und öffnete die Kellertür. Elizabeth küßte ihn auf die Wange und lief ein paar Stufen hinauf. Dann blieb sie stehen und sah sich nach allen Seiten um. Es war stockfinster; Elizabeth konnte kaum die Umrisse des Gästehauses am Wasser erkennen.
Sie rannte über den Rasen, wobei der Wind ihr den Regen ins Gesicht peitschte, und erreichte das Gästehaus.
Astrid Vogel, die im Wohnzimmer stand, fiel etwas auf, das über den Rasen zum Gästehaus lief - ein heller Pullover, den Bewegungen nach eine Frau.
»Jean-Paul«, flüsterte sie und deutete auf den Rasen hinaus.
»Die Frau!«
»Die schnappst du dir«, sagte Delaroche ebenso leise. Er legte ihr eine Hand auf den Arm. »Lebend. Tot nützt sie uns nichts.
Beeil dich. Wir haben nicht mehr viel Zeit.«
Astrid verließ leise das Wohnzimmer, überquerte die Veranda und rannte über den Rasen.
Michael schloß die Kellertür und aktivierte die Alarmanlage wieder. In einer Steckdose fand er eine der aufladbaren Taschenlampen, die der Senator wegen der auf Shelter Island häufigen Stromausfälle überall im Haus verteilt hatte. Er schaltete sie ein und ließ den Lichtstrahl über die Wände gleiten, bis er den Sicherungskasten entdeckt hatte. Der Hauptschalter war deutlich bezeichnet. Er legte ihn um und machte damit das gesamte Haus stromlos. Die Alarmanlage wurde mit Batterien betrieben. Michael stellte den Warnton ganz ab.
Er folgte dem Lichtstrahl die Treppe hinauf und ging in die Küche. An der Wand neben dem Telefon war eine Sprechanlage zum Tor angebracht. Diese Anlage funktionierte mit Telefonstrom, und das Elektrotor hatte eine unabhängige Stromversorgung. Er drückte eine Taste und lief schnell ins Wohnzimmer, von wo er die Einfahrt sehen konnte. Draußen,
am Ende des Grundstücks, öffnete sich lautlos das Tor.
Das Gästehaus war der reinste Eiskeller. Elizabeth wußte gar nicht mehr, wann hier das letzte Mal jemand übernachtet hatte.
Der auf den niedrigsten Wert eingestellte Thermostat sollte nur verhindern, daß die Wasserrohre bei strengem Frost platzten.
Der Sturm pfiff über das Schindeldach und rüttelte an den Fenstern. Etwas kratzte an der Hauswand. Elizabeth stieß einen leisen Schrei aus, bis ihr klar wurde, daß das nur die Zweige der alten Eiche waren, in der sie als Kind so oft herumgeklettert war.
Eigentlich war dies kein richtiges Gästehaus; die Familie Cannon nannte es Elizabeths Cottage. Das Häuschen war klein und gemütlich eingerichtet. Die Fußböden waren aus hellem Hartholz, und im Wohnzimmer standen rustikale Sitzmöbel vor
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