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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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dicht an Long Island heran, während die Jacht weit vor der Küste außerhalb der amerikanischen Hoheitsgewässer in Sicherheit bleibt.«
    »So scheint's gewesen zu sein, ja.«
    »Und sobald der Schütze zur Jacht zurückkehrt, wird er von seinen Komplicen ermordet?«
    »Anscheinend.«
    »Aber weshalb? Wozu den Ermordeten zurücklassen? Wozu die Abschußvorrichtung zurücklassen?«
    »Lauter ausgezeichnete Fragen, die wir vorläufig noch nicht beantworten können.«
    »Bitte weiter, Michael.«
    »Heute abend ist bei der Londoner Times ein Fax mit einem angeblichen Bekennerschreiben des Schwerts von Gaza eingegangen.«
    »Ein derartiges Attentat paßt aber nicht zum Profil dieser Gruppe.«
    »Allerdings nicht.« Als nächstes zeigte Michael eine kurze Zusammenfassung über das Schwert von Gaza. »Die Gruppe ist 1996 nach dem Wahlsieg Benjamin Netanjahus in Israel gegründet worden. Ihr einziger Zweck ist die Ermordung aller Juden und Araber, die die Friedensvereinbarungen fördern. Sie hat noch nie in Israel oder den besetzten Gebieten operiert, sondern agiert hauptsächlich in Europa und der arabischen Welt.
    Die Gruppe ist klein, extrem abgeschottet und höchst professionell. Wir glauben, daß sie aus weniger als dreißig Aktivisten und etwa hundert Mann Unterstützungspersonal besteht. Sie unterhält kein ständiges Hauptquartier, so daß wir selten wissen, wo ihre Mitglieder sich aufhalten. Sie wird praktisch vollständig aus Teheran finanziert, unterhält aber auch Ausbildungslager in Libyen und Syrien.«
    Michael wechselte das Bild »Dies sind einige der Attentate, die der Gruppe zugeschrieben werden. Diesen israelischen Geschäftsmann in Madrid hat Hassan Mahmoud erschossen.«
    Das nächste Bild zeigte ein Massaker auf einer Pariser Straße.
    »Hier das fehlgeschlagene Attentat auf den jordanischen Ministerpräsidenten. Er hat den Anschlag überlebt. Sechs Personen aus seiner Begleitung haben weniger Glück gehabt.«

    Ein weiteres Bild, Verletzte und Tote in einer arabischen Hauptstadt. »Ein Bombenanschlag in Tunis, bei dem der stellvertretende ägyptische Außenminister und fünfundzwanzig Unbeteiligte ums Leben gekommen sind. Die Liste ist noch viel länger. Ein israelischer Diplomat in Rom. Ein weiterer in Wien.
    Ein enger Vertrauter Jassir Arafats in Kairo. Ein palästinensischer Geschäftsmann in Nikosia.«
    »Aber niemals ein Anschlag auf eine Linienmaschine«, sagte Tyler, als der Bildschirm wieder leer war.
    »Wir wissen jedenfalls von keinem. Außerdem glauben wir, daß die Gruppe bisher noch kein amerikanisches Ziel angegriffen hat.«
    Michael drehte das Licht wieder heller. »Der Direktor soll dem Präsidenten morgen um acht Bericht erstatten«, sagte Monica Tyler. »Bei dieser Besprechung will der Präsident entscheiden, ob er Luftangriffe auf diese Ausbildungslager anordnet. Der Präsident verlangt Antworten. Gentlemen, hat das Schwert von Gaza Ihrer Ansicht nach das Flugzeug vor Long Island abgeschossen?«
    Michael sah erst zu Carter, dann zu McManus hinüber. Carter übernahm es, ihre Frage zu beantworten, da er der Ranghöchste war. Bevor er sprach, räusperte er sich leicht.
    »Monica, soviel wir im Augenblick wissen, kann der Anschlag vom Schwert von Gaza, aber ebensogut von den Washington Redskins verübt worden sein.«
    »Deine abschließende Bemerkung ist große Klasse gewesen«, sagte Michael, als sie durch den Hauptausgang in die Nacht hinaustraten. Er schlug seinen Mantelkragen hoch und zündete sich eine Zigarette an.
    Carter ging neben ihm her, trug in der einen Hand seinen Aktenkoffer und hatte die andere tief in der Manteltasche vergraben. Carter gelang es immer, leicht verwirrt und vage irritiert auszusehen. Wer ihn nicht kannte, neigte dazu, ihn zu unterschätzen, was ihm bei Auslandseinsätzen und in den bürokratischen Schützengräben von Langley schon oft genützt hatte. Er beherrschte sechs Sprachen und konnte sich ohne aufzufallen in den abgelegensten Winkeln von Warschau, Athen oder Beirut herumtreiben.
    Irgend jemand mußte ihm geraten haben, in der Zentrale auf gute Garderobe zu achten, denn er war immer makellos in teure englische oder italienische Anzüge gekleidet. Elegante Sachen hingen nicht natürlich an Carters kleinem, leicht gebeugtem Körper: Ein Tausenddollaranzug von Armani sah bei ihm wie ein Sonderangebot aus einer zweifelhaften Boutique in Georgetown aus. Michael fand immer, er wirke leicht lächerlich, wie ein Verkäufer bei einem teuren Herrenausstatter,

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