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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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begann zu nieseln. Delaroche ging mit hochgeklapptem Mantelkragen und tief in den Taschen vergrabenen Händen rasch über den Platz.
    Yardleys Haus war dunkel, ideal. Das Haustürschloß war leicht zu knacken. Einige Sekunden später stand er bereits in der Diele. Oben im Schlafzimmer waren Stimmen zu hören. Astrid hatte gute Arbeit geleistet.
    Als Delaroche die Schlafzimmertür öffnete, sah er Yardley bis auf Oberhemd und Socken entkleidet am Kopfende seines Betts sitzen und masturbieren, während Astrid ihm einen langsamen Strip vorführte. Einen Augenblick lang tat ihm der Mann aufrichtig leid. Er war kurz davor, einen höchst demütigenden Tod zu sterben.
    Delaroche zog die Glock aus dem Hosenbund und trat über die Schwelle. Yardley starrte ihn entsetzt an. Astrid hörte zu tanzen auf und trat zur Seite. Delaroche nahm ihren Platz am Fußende des Betts ein. Dann riß er seinen Arm hoch und schoß Colin Yardley dreimal rasch nacheinander ins Gesicht.
    Die Leiche fiel vom Bett auf den Fußboden. Astrid trat vor, versetzte Yardleys Kopf mit der Kappe ihres eleganten Bruno-Magli-Schuhs einen Tritt und spuckte ihm ins Gesicht. Astrid die Revolutionärin.
    Delaroche teilte dem Vermieter mit, er müsse seinen Londonurlaub wegen eines Notfalls in der Familie abbrechen.
    Bevor er auszog, schickte er seinen Auftraggebern übers Internet eine verschlüsselte Kurznachricht.
    Der Auftrag sei ausgeführt und er bitte um telegrafische Überweisung des vereinbarten Betrags auf das angegebene Bankkonto in Zürich. Sie fuhren mit dem Spätzug nach Dover und übernachteten in einem malerischen Bed & Breakfast am Meer. Am nächsten Morgen nahmen sie die erste Fähre nach Calais, wo sie einen Renault mieteten und die Kanalküste entlang nach Norden fuhren. Bei Einbruch der Dunkelheit waren sie wieder in Amsterdam: an Bord der Krista auf der stillen Prinsengracht.
    Der tote Colin Yardley wurde am frühen Nachmittag entdeckt, als Astrid und Delaroche die französisch-belgische Grenze passierten. Der MI6-Wachdienst wurde alarmiert, weil Yardley unentschuldigt dem Dienst ferngeblieben und in seinem Haus am Wellington Square telefonisch nicht erreichbar war.
    Kurz nach eins brach ein MI6-Team die Haustür auf und entdeckte den Toten im Schlafzimmer im ersten Stock. Bei der Metropolitan Police ging die Anzeige jedoch erst um Viertel nach vier ein.
    Die BBC meldete die Erschießung eines noch unidentifizierten Mannes in den Abendnachrichten. Bis ITN um zehn Uhr auf Sendung ging, hatte die Leiche einen Namen und einen Job: Colin Yardley, Beamter im mittleren Dienst des Außenministeriums. Noch während der Sendung ging bei der Nachrichtenredaktion ein Anruf ein. Der Anrufer erklärte, die Irish Republican Army habe Yardley ermordet, und nannte den speziellen Erkennungscode, um seine Authentizität zu beweisen.
    Am nächsten Morgen hatten BBC-Reporter Colin Yardleys wahren Beruf herausgefunden: Offizier im Secret Intelligence Service oder MI6.
    Jean-Paul Delaroche hörte die BBC-Nachrichten an Bord der Krista. Danach schaltete er das Radio aus und setzte sich wieder an seinen Computer, um den nächsten Mord zu planen.
    Er rief seine Bank in Zürich an. Herr Becker bestätigte, daß an diesem Morgen eine Million Dollar telegrafisch auf sein Konto überwiesen worden seien. Delaroche wies ihn an, das Geld auf vier bahamische Konten weiterzuleiten - auf jedes eine Viertelmillion.
    Mittags kam die Sonne heraus. Er lieh sich Astrids Fahrrad und verbrachte den Nachmittag malend am Ufer der Amstel, bis das Bild von Yardleys explodierendem Gesicht aus seinem Bewußtsein geschwunden war.

20
    MCLEAN, VIRGINIA
     
    »Ich verstehe nicht, warum Carter dich nach London schicken muß. Warum kann kein anderer hinfliegen?«
    Elizabeth hatte Michael in der Zentrale abgeholt und brachte ihn jetzt zum Dulles Airport, zwanzig Meilen außerhalb der Hauptstadt am Westrand der weitläufigen Washingtoner Vororte in North Virginia. Es war sieben Uhr abends. Die Rushhour war theoretisch vorbei, aber auf dem Capital Beltway herrschte noch immer starker Verkehr. Elizabeth neigte dazu, dicht aufzufahren, wenn sie nervös war. Deshalb fuhren sie kaum einen halben Meter hinter einem jagdgrünen Ford Explorer.
    »Ich dachte, du hättest die Situation mit ihm besprochen, Michael. Ich dachte, er hätte zugestimmt, dich in New York arbeiten zu lassen. Ich dachte, er würde dich ein paar Wochen lang etwas weniger einspannen.«
    Vielleicht hätte ich doch lieber mit einem

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