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Der Maler

Der Maler

Titel: Der Maler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Silva
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Dienstwagen zum Flughafen fahren sollen, überlegte sich Michael. Er wollte sich auf keinen Fall mit seiner Frau streiten, bevor er über den Atlantik flog. Dabei war er weder abergläubisch noch ein ängstlicher Flieger, sondern nur realistisch.
    »Es dauert nur einen Tag«, sagte er. »Hin und zurück, mit ein paar Besprechungen dazwischen.«
    »Warum kann Carter keinen anderen schicken, wenn es nur eine Routinesache ist?«
    Elizabeth hatte wenig Prozeßerfahrung - sie praktizierte als Anwältin im ruhigen Fahrwasser des Wirtschaftsrechts -, aber sie verstand sich auf Kreuzverhöre. Jetzt hupte sie wütend.
    Michael wußte, daß er soeben zu einem Zeugen der Gegenpartei erklärt worden war.

    »Ein britischer Geheimdienstoffizier ist gestern abend in London ermordet worden«, sagte Michael ruhig. »Dieser Mord könnte mit einem Fall zusammenhä ngen, den ich seit langem bearbeite.«
    »Davon habe ich heute morgen in der Post gelesen. Die IRA hat die Verantwortung für den Mord übernommen. Seit wann bist du für die IRA zuständig? Ich dachte, dein Sachgebiet sei arabischer Terrorismus.«
    »Richtig, aber wir sehen mögliche Querverbindungen.«
    Michael hoffte, sie werde es dabei bewenden lassen. Der Flug nach London war seine, nicht Carters Idee gewesen. Carter hatte die Sache von einem Londoner Mann bearbeiten lassen wollen, aber Michael hatte Carter überredet, ihn hinzuschicken.
    »Übermorgen ist der Eingriff. Ich hoffe, du bist dabei.«
    »Keine Angst, ich bin rechtzeitig zurück. Und sollte was dazwischenkommen, haben wir noch einen Trumpf im Ärmel. Auf Eis.«
    Wegen seines Berufs und weil nicht auszuschließen war, daß Michael plötzlich dringend verreisen mußte, hatten die Ärzte im Cornell Hospital empfohlen, eine Portion seines Spermas tiefgekühlt aufzubewahren.
    »Ich hätte dich gern zur emotionalen Unterstützung an meiner Seite, Michael«, sagte Elizabeth. »Müßte ein Führungsoffizier das nicht besonders gut verstehen? Zumindest könntest du übermorgen mit mir hingehen.«
    »Ich bin da. Ich verspreche es.«
    »Sei vorsichtig mit dem, was du versprichst, Michael.«
    Sie fuhr vom Beltway auf die Zubringerstraße zum Flughafen ab. Hier war weniger Verkehr. Elizabeth beschleunigte auf fünfundsechzig. Über der virginischen Landschaft hing ein von einer durchscheinenden Wolkendecke verschleierter Vollmond, Michael öffnete sein Fenster einen Spalt und zündete sich eine Zigarette an. Elizabeth fuhr aggressiv, wechselte die Spur, ohne zu blinken, fuhr sehr dicht auf und blinkte jeden an, der es wagte, auf der Überholspur unter siebzig zu fahren. Michael kannte den wahren Grund für ihre schlechte Laune. Er war nach London unterwegs, um einen terroristischen Anschlag zu untersuchen, und sie wußte, daß das bei ihm Erinnerungen an Sarahs Ermordung wecken würde. Ihr unbeugsamer Stolz ließ nicht zu, daß sie das laut aussprach, aber er las es in ihrer sorgenvollen Miene. Noch aufgebrachter wäre sie gewesen, wenn er ihr die Wahrheit gesagt hätte: Er vermutete, daß Sarah und dieser britische Geheimdienstoffizier von dem selben Killer ermordet worden waren.
    »Ich habe Tom Logan Susannas Diskette gegeben«, sagte Elizabeth.
    »Will er den Artikel bringen?«
    »Er sagt, daß er's nicht kann, bevor er alle Einzelheiten überprüft hat. Er sagt, daß die Anschuldigungen zu gravierend sind, um ohne Prüfung durch ihre Anwälte veröffentlicht zu werden. Und da die Reporterin, die den Artikel geschrieben hat, jetzt tot ist, kann's keine genaue Überprüfung geben.«
    »Und was hat er vor?«
    »Logan hat seine besten Reporter auf diese Story angesetzt. Leider kann Susanna ihnen nicht mehr behilflich sein. Ihre Aufzeichnungen enthalten kaum Hinweise auf die Identität ihrer Quellen. Sie müssen also praktisch bei null anfangen.«
    »Das kann verdammt lange dauern.«
    »Susanna hat allein recherchiert und ein Vierteljahr dafür gebraucht.«
    Sie erreichten den Dulles International Airport. Elizabeth hielt vor dem Abflugterminal am Randstein. Michael stieg aus, holte seinen Kleidersack aus dem Kofferraum und drückte den Deckel zu. Dann ging er nach vorn zur Fahrertür des Mercedes.
    Elizabeth hatte das Fenster heruntergelassen und streckte ihren Kopf heraus. Sie wartete auf einen Abschiedskuß.
    »Paß gut auf dich auf, Michael.«
    »Wird gemacht.«
    Er wartete, bis ihr Wagen nicht mehr zu sehen war, dann ging er hinein.
    Michael wachte auf, als das Flugzeug durch die Wolkendecke flog, um an einem

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