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Der Mann aus dem Dschungel

Der Mann aus dem Dschungel

Titel: Der Mann aus dem Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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unsere Frau Doktor sich dafür interessiert. Kommen Sie mit, Miss. Oder wollen Sie warten, bis Tarzan mit einer Liane heranschwingt und Sie abholt? Wer weiß, vielleicht steht Ihnen danach der Sinn?"
    "Seien Sie nicht so abscheulich, Mr. Droggan", erwiderte sie brüsk, während sie den beiden Männern folgte. "Außerdem möchte ich nicht, dass Sie heute mit dem Betäubungsgewehr auf ihn schießen. Lassen Sie ihn frei herumlaufen."
    "Keinesfalls, Miss. Ich habe Befehl von Hunnicutt. Er bezahlt meine Rechnungen. Wir müssen seine Werte testen, Blut abnehmen…"
    "Blut abnehmen", wiederholte sie schockiert. "Wie viel nehmen Sie?"
    "Reichlich. Unsere Geschäftspartner sind zufrieden."
    "Was? Sie wollen ihn wohl töten!"
    "Sieht er tot aus? Ich glaube noch nicht einmal, dass er sich geschwächt fühlt. Sein Blut ist wie flüssiges Gold. Und der Markt ist unersättlich."
    "Warum? Warum sollte sich irgendjemand für sein Blut interessieren?"
    "Es ist rein. Unverdorben von der Zivilisation. Die Pharmaindustrie und die Wissenschaft gieren nach dem Stoff wie die Vampire. Zuerst haben wir ihm einen Viertelliter pro Tag abgezapft, aber er wurde uns ein bisschen zu blass. Der alte Ed hat uns zurückgepfiffen. Jedenfalls so lange, wie er kein Fleisch und keine Leber isst. Im Moment ist er strikter Vegetarier."
    "Aber die Drogen?"
    "Kann man rausfiltern, kein Problem. Wir nehmen das Neuste auf dem Gebiet der Beruhigungsmittel. Verdammte Wunderdrogen, wirklich."
    "Lassen Sie ihn in Ruhe, Mr. Droggan", verlangte sie. Es gelang ihr nicht, ihre Erschütterung zu verbergen.
    "Nein, Dr. Holden", sagte er ihr ins Gesicht. "Ich habe meine Befehle. Wenn Sie ein Problem damit haben, wenden Sie sich an Hunnicutt. Sicher kommt er morgen oder
    übermorgen zurück, um nach dem Rechten zu sehen. Er bleibt nie lange weg. Tarzan ist sein allerneustes Spielzeug, und er wird so lange mit ihm spielen, bis er nicht mehr zu gebrauchen ist."
    "Das befürchte ich auch", gab sie ruhig zurück. Sie hatte das Areal noch nicht verlassen. Mick und Alf standen schon jenseits der Automatiktür im Kontrollbereich. Wo war John?
    Er musste gewusst haben, dass Mick und Alf bewaffnet auftauchen würden. Aber warum hatte er sie nicht verletzt?
    Was hatte er ihr mitteilen wollen?
    "Sind Sie sicher, dass er nicht in der Nähe ist?" fragte Mick.
    "Sie wollen bestimmt nicht, dass er plötzlich aus dem Dickicht hervorstürzt. Er ist ein wildes Tier."
    "Er ist kein…"
    "Es reicht", unterbrach Alf, trat auf die Türschwelle und richtete sein Gewehr auf sie. "Bewegen Sie Ihren hübschen kleinen Hintern schleunigst hier raus, oder ich verpasse Ihnen einen Betäubungsschuss, Miss."
    "Das würden Sie nicht wagen", gab sie zurück. Natürlich würde er, und sie wusste es. "Sie sind nichts als ein billiger Bulle, Mr. Droggan", fügte sie mit scharfem Tonfall hinzu und ging zur Tür.
    "Sie irren sich. Ich bin ein teurer Bulle. Nicht wahr, Mick?"
    Alf lachte über seinen eigenen Witz.
    Die Tür schloss sich hinter ihr und den zwei bewaffneten Männern, ohne dass es ihr gelang, sich noch einmal
    umzusehen. Ihr war wirklich zum Heulen zu Mute, und das konnte wohl kaum am Jetlag liegen.
    Der Schmerz in ihrem Handgelenk hatte schon erheblich nachgelassen, als sie wieder im Bett lag und über die Begegnung mit John nachdachte. Was hatte er ihr sagen wollen? Das Geräusch und sein gequälter Gesichtsausdruck wirbelten ihr im Kopf herum. Aber so sehr sie sich auch anstrengte, es gelang ihr nicht den Laut zu deuten.
    Rührte der gequetschte Ton in seiner Stimme von der Verletzung, die ihm seine Jäger im Dschungel zugefügt hatten, als sie ihm die Schlinge um den Hals legten? Oder war er vollkommen allein im Dschungel aufgewachsen und hatte seine Stimme niemals trainiert, so dass ihm die Laute wie der Schrei eines gequälten Tieres entfuhren? Wie konnte sie das herausfinden?
    Sie hielt es nicht länger aus. Niemand hatte das Recht, John zu misshandeln. Niemand durfte ihm täglich Blut abzapfen, bis er sich vor Schwäche nicht mehr auf den Beinen halten konnte. Niemand durfte ihn im Morgengrauen jagen wie ein wildes Tier. Oder ihn als Jahrmarktsattraktion herumzeigen, um Hunnicutts Ego zu schmeicheln.
    Auf ein Mal machte es klick in ihrem Kopf. Sie wusste, was er gesagt hatte, erkannte plötzlich die entstellten Laute, die er ausgestoßen hatte, bevor er im dichten Grün verschwunden war.
    Hilf mir, hatte er gesagt. Ganz sicher.
    Und genau das würde sie tun. Sie würde ihn befreien.

6.

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