Der Mann aus dem Dschungel
das er ihr gestohlen hatte.
Er machte den letzten Schnitt. Sie ließ die Fesseln in ihren Schoß fallen, rieb sich die Handgelenke, drehte sich zu ihm herum und schlug ihm mit aller Kraft ins Gesicht.
Sie schlug härter, als sie glaubte. Ihre Hand fühlte sich ganz betäubt an. Sein Kopf schnellte für einen Moment auf die Seite. Noch immer hielt er das Messer in der Hand. In dieser Situation ist die Ohrfeige nicht unbedingt das Klügste, dachte sie. Aber schließlich war er eindeutig als Lügner und Betrüger überführt.
"In Ordnung", sagte er schließlich. "Wahrscheinlich habe ich diese Ohrfeige verdient. Aber mach das nie wieder. In den letzten Monaten habe ich genug Schläge einstecken müssen.
Ich denke, das reicht jetzt."
Sie öffnete den Mund, weil sie ihm etwas entgegnen wollte.
Aber sie brachte keinen Ton hervor. Sie war sprachlos vor Wut und vor Scham. Er hatte alles verstanden, was sie ihm erzählt hatte. Über Richard, über ihre Familie, über ihr Sexleben… und über ihn. Freimütig hatte sie ihm gestanden, dass sie ihn begehrte. Und sie hatte ihm gestanden, dass der Sex mit ihm der beste war, den sie jemals gehabt hatte.
Schweigend starrte sie ihn an. Wenn sie den letzten Rest ihrer Würde bewahren wollte, gab es nur einen Weg. Sie musste sich in sich zurückziehen, bis sie wieder in der Lage war, sich selbst in die Augen zu sehen. Und ihm. Sie musste schweigen.
Ihre Wut schien ihn nicht im Geringsten zu berühren. Aber das war ja nichts Neues. Nichts von dem, was sie in den vergangenen Tagen von sich gegeben hatte, hatte ihn berührt.
Außer vielleicht… als sie vom Sex mit ihm gesprochen hatte.
Ärgerlich verscheuchte sie den Gedanken aus ihrem Kopf.
Darüber wollte sie nicht länger nachdenken. Die Sache war schon grotesk genug. Geduldig wartete sie, bis er aus dem gelandeten Flugzeug geklettert war und ihr die Hand entgegenstreckte.
Sie ignorierte seine Hilfestellung, setzte sich auf den Hintern und glitt auf der Gepäckrutsche nach draußen. Für einen verzweifelt kurzen Augenblick hoffte sie, dass er sie in die Zivilisation zurückgebracht hatte.
Pech gehabt. Hell leuchteten die Sterne am nächtlichen Himmel. Kein Lichtermeer wie in der Großstadt. Nur Mutter Natur, die ihnen den Weg weisen würde.
Der weiche Boden unter ihren Füßen schien nachzugeben.
Ihre Knie waren von der unbequemen Gefangenschaft im Flugzeug noch sehr verkrampft, aber sie gab alles, um nicht vor seinen Augen zusammenzubrechen. Er durfte keine Gelegenheit haben, sie zu berühren. Nicht, dass er das geringste Interesse daran bekundet hätte.
"Komm mit", sagte er und lief voraus. Am Rand der Lichtung schimmerte ein breiter Pfad. Wie angewurzelt blieb sie stehen und überdachte schnell ihre Alternativen. Er stoppte und drehte sich um.
"Wir sind auf einer anderen Insel. Es gibt hier niemanden, der dir helfen kann. Ich wollte dich zuerst im Flugzeug übernachten lassen, aber dann dachte ich, dass du nach zwei Tagen wahrscheinlich gern im Bett schlafen würdest. Am Ende des Weges dort drüben steht mein Haus. Sieh mich nicht so schockiert an. Es hat auch ein Gästezimmer. Du wirst also wie gewünscht ganz für dich allein sein können."
Der sarkastische Unterton war kaum zu überhören. Er hat mir besser gefallen, als er sprachlos war, dachte sie bei sich.
Aber er hatte Recht. Ihr blieb keine Wahl.
In weniger als fünf Minuten hatten sie sein Zuhause erreicht.
Libby wäre es lieber gewesen, wenn es fünf Stunden gedauert hätte, denn auf eine Villa am weißen Sandstrand war sie vollkommen unvorbereitet. Seine Villa wirkte wie ein typischer Tropenbungalow. Eine Veranda umrundete das Haus. Viele Fenster sorgten für die richtige Belüftung im tropischen Klima.
Sie hielt inne, als er die Treppe hinaufstieg. Sollte sie nicht doch lieber im leeren Flugzeug übernachten? Er öffnete die Haustür und sah sie an. "Kommst du?"
Natürlich gab sie darauf keine Antwort. Langsam und bedächtig folgte sie ihm die Treppe hinauf. Insgeheim hoffte sie, dass irgendein wütender Besitzer mit einem Gewehr auftauchen würde. John hatte behauptet, dass das Haus ihm gehören würde, aber sie glaubte ihm nicht. Sie glaubte ihm kein Wort.
Der wütende Besitzer erschien natürlich nicht. Libby trat ein. Hinter der Veranda lag ein großer Raum. Libby blieb stehen und wartete, bis John - wer immer er sein mochte durch das Haus gegangen und die Kerzen und Petroleumlampen angezündet hatte. Das ganze Haus erstrahlte jetzt in sanftem
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