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Der Mann, der seine Frau vergaß

Der Mann, der seine Frau vergaß

Titel: Der Mann, der seine Frau vergaß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John O'Farrell
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Telefonrechnung. »Kennen Sie schon unseren Friends & Family Tarif?«, stand da. Ich entdeckte Garys und Lindas Adressbuch und blätterte die schon leicht vergilbten Seiten durch. Unter V stieß ich auf »Vaughan und Maddy«, in ordentlichen Druckbuchstaben, nebst dazugehöriger Adresse. Jemand hatte meinen Namen mit grünem Kugelschreiber durchgestrichen und eine neue Anschrift seitlich an den Rand gekritzelt. Diese war mit blauem Filzstift ausgeixt und durch eine weitere Adresse ersetzt worden, so winzig, dass man sie kaum entziffern konnte. Auf den Gedanken, einen Extraeintrag für »Vaughan« anzulegen, war offenbar niemand gekommen. Die Telefonnummer meiner Familie starrte mich förmlich an, eine Ziffernfolge, die ich wahrscheinlich tausend Mal auswendig hergesagt hatte. Ich brauchte sie nur zu wählen, und schon konnte ich mit Maddy sprechen. Andererseits gab es vermutlich geeignetere Methoden, meine Zurechnungsfähigkeit unter Beweis zu stellen, als meine Exfrau morgens um halb vier aus dem Bett zu klingeln.
    Meine persönlichen Gegenstände hatte ich inzwischen wiedergefunden, in einer Jackentasche, die ich in meiner Panik anscheinend übersehen hatte, und nun breitete ich die Karten aus meinem Portemonnaie vor mir auf dem Küchentisch aus. Ich kam mir vor wie ein Tarotleser, der jedoch nicht die Zukunft, sondern die Vergangenheit zu deuten versucht. »Eine Blockbuster-Mitgliedskarte. Sie steht für Stabilität und Kultur – offenbar besitzen Sie einen DVD -Player und leihen sich gern Filme aus. Was, in Kombination mit dem Ausweis der Bezirksbibliothek Lambeth und dem des Filmhauses Clapham, darauf schließen lässt, dass Sie ein recht kulturbeflissener Mensch sind, auch wenn Sie natürlich weder eine Karte des British Film Institute noch der Friends of the National Theatre Ihr Eigen nennen. Die Karte des Virgin-Active-Fitnessstudios scheint Sie auf den ersten Blick als Gesundheitsfanatiker auszuweisen, dem widerspricht jedoch die Position der Karte. Die aufgeprägte Mitgliedsnummer hat im Leder des entsprechenden Faches einen deutlich sichtbaren Abdruck hinterlassen, was den Schluss nahelegt, dass sie nie benutzt wurde. Was Ihre Vermögensverhältnisse betrifft, so sehe ich hier leider nur eine Standard-Kreditkarte und weder Gold noch Platin. Auf der Habenseite ist dagegen zu verbuchen, dass Ihnen laut Ihrer Caffè-Nero-Treuekarte nur noch zwei Rabattmarken zu einem Gratis-Cappuccino fehlen …«
    Ich nahm einen Stift und versuchte die Unterschrift auf meinen Scheck- und Kreditkarten nachzuahmen. Was mir nicht einmal annähernd gelang. Mein Handyakku war leer, was ich anfangs irgendwie beruhigend gefunden hatte. Die Vorstellung, dass mich praktisch jeder anrufen konnte, dass plötzlich die Namen wildfremder Menschen auf dem Display erschienen, die mit mir über Dinge sprechen wollten, an die ich keinerlei Erinnerung besaß, hatte mir Angst gemacht. Jetzt jedoch, im Schutz der Dunkelheit, steckte ich das Ladegerät in die Steckdose und beobachtete, wie das Display zum Leben erwachte: 47 Anrufe in Abwesenheit und 17 Nachrichten. Ich scrollte meine Kontakte durch und las die Besetzungsliste des Stückes, in dem ich in Kürze aufzutreten gedachte. Ich riss ein leeres Blatt von einem Notizblock, um mir aufzuschreiben, wer was von mir wollte.
    Den ersten Anrufer kannte ich nicht. »Hallo, Vaughan, ich bin’s, wir haben hier ein kleines Problem mit dem Stundenplan, bei dem ich deine Hilfe bräuchte. Ich habe mit Jules und Mike gesprochen, und ich wäre dir sehr verbunden, wenn du mal einen Blick auf den Plan für …« Schon hatte ich die Nase voll. Ich drückte »Alle löschen«.
    Ich legte die Stirn auf die Tischplatte und dachte an die bevorstehende Tortur. Der Gerichtstermin war nicht verschoben worden, weil ich nicht hartnäckig genug darauf bestanden hatte, Maddy oder doch wenigstens meinen Anwalt von meinem Gedächtnisverlust in Kenntnis zu setzen. Gary war überzeugt, dass wir das Richtige taten und ich mein Leben schon wieder in den Griff bekommen würde, sobald diese »letzte kleine Formalität« erledigt war. Eigentlich hätte mir klar sein müssen, dass ein Mann mit Ohrring nur bedingt zum juristischen Berater taugt.
    Ich erwachte, als jemand einen Stapel Geschirr auf den Küchentisch stellte.
    »Ich wecke dich nur ungern, Alter. Aber ich muss Frühstück machen. Garnelenbällchen gefällig?«
    »Was?«
    »Mit süßsaurer Sauce. Und Spezialreis. Der zugegebenermaßen allerdings nicht mehr ganz so

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