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Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im grauen Flanell: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sloan Wilson
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des künstlichen Hafens ragte. Den hatte seine Frau bauen lassen, hatte dem Architekten persönlich Anweisungen gegeben, und Hopkins mochte das Ding nicht – er verabscheute alles, was vor allem aus Prunksucht gebaut schien. Allerdings hatte er sich nie über das Haus beschwert und hatte es auch nicht vor.
    Ein Butler ließ Hopkins ein, und ein Dienstmädchen nahm ihm den Hut ab – auch das störte ihn an dem Haus: Immer lungerte zu viel Personal herum. Er schritt durch das gewaltige Wohnzimmer, dessen gesamte Ostseite aus Glas war, in die Bibliothek. Helen saß allein darin. Sie war eine kleine Frau, die recht füllig geworden war, doch ihr Gesicht hatte sich die feinen Züge bewahrt. Ihre ergrauenden braunen Haare waren sorgfältig in einem Stil arrangiert, der ein wenig zu jugendlich für sie war, und sie trug ein strenges schwarzes Cocktailkleid, das für eine weit schlankere Figur entworfen war. Als Hopkins ins Zimmer trat, stand sie nervös auf. Sie hatte ihn über einen Monat nicht mehr gesehen.
    »Hallo, Liebes«, sagte er. »Du siehst großartig aus!« Er gab ihr einen flüchtigen Kuss.
    »Danke, dass du gekommen bist«, sagte sie. »Ich mache mir schreckliche Sorgen.«
    »Setz dich«, sagte er. »Trinken wir etwas. Hast du Alkohol hier?«
    »Zieh einfach an der Klingel.«
    Er zog, und gleich darauf erschien ein Dienstmädchen, das Hopkins noch nie gesehen hatte. Sie war extrem nervös. »Sie haben geklingelt, Sir?«, fragte sie. »Haben Sie geklingelt?«
    »Ja«, sagte Hopkins. »Einen Scotch on the rocks, bitte.«
    »Für mich einen Manhattan«, sagte Helen.
    Das Dienstmädchen zog sich zurück.
    »Ist Susan hier?«, fragte Hopkins.
    »Nein – sie ist auf einer Party auf Long Island. Deswegen wollte ich auch mit dir sprechen, Ralph. Sie ist ständig auf Partys.«
    »Das ist doch nur natürlich«, sagte Hopkins leichthin. »Sie ist jung. Ich sehe darin nichts Besorgniserregendes.«
    »Ich schon!« Helen verstummte, als das Hausmädchen hereinkam, um einen Ständer für ein Tablett mit Gläsern aufzustellen.
    »Versuch ab jetzt doch bitte, ein Schränkchen oder dergleichen mit einigen Spirituosen darin bereitzustellen«, sagte Hopkins zu ihr. »Ich mixe mir meine Drinks gern selber.«
    »In Ordnung«, sagte Helen. »Anna, bitte sorgen Sie morgen früh dafür.«
    »Ja, Madam«, sagte das Dienstmädchen, reichte die Gläser und zog sich zurück.
    »Ich glaube, du verstehst die Situation nicht ganz«, sagte Helen. »Hast du überhaupt schon mal darüber nachgedacht ?«
    »Worüber?«
    »Über Susan! Über die Probleme, die sie haben wird.«
    »Warum denn? Mir ist nicht ersichtlich, dass sie in schwierigen Umständen lebt«, sagte Hopkins trocken. »Als ich so alt war wie sie …«
    »Du hast also nicht darüber nachgedacht«, unterbrach ihn Helen. »Dann wird’s allmählich Zeit. Was glaubst du wohl, was mit ihr wird?«
    »Mit ihr wird?«, fragte Hopkins. »Nichts, hoffe ich. Ich hoffe, sie heiratet und hat eine nette Familie.«
    »Was glaubst du, wie stehen ihre Chancen dafür?«
    »Nicht schlecht, würde ich sagen. Sie sieht gut aus, und sie wird nicht gerade am Hungertuch nagen.«
    »Nein, das wird sie wohl nicht«, sagte Helen. »Ich freue mich, dass du wenigstens so weit gedacht hast.«
    »Was meinst du damit?«
    »Um es ganz direkt zu sagen, deine Tochter wird so ungefähr eine der reichsten jungen Frauen im ganzen Land sein, und wir haben rein gar nichts unternommen, um sie darauf vorzubereiten. Und wenn sie so weitermacht, wird sie sich eine Menge Ärger einhandeln.«
    »Ich finde, du übertreibst«, sagte er. »Geld ist kein Grund, dass sie Ärger bekommen könnte.«
    »Was glaubst du, was passieren würde, wenn du und ich morgen sterben?«
    »Susan würde eine Menge Geld erben, aber sie bräuchte sich deswegen keine Gedanken zu machen. Das würden alles meine Anwälte regeln.«
    »Ihr ganzes Leben lang?«
    »Wenn sie es wollte.«
    »Du schreibst sie ja sehr schnell als unfähig ab«, sagte Helen. »Es ist doch so, dass das Kind früher oder später gewaltige Verpflichtungen haben wird, und momentan hat sie gewaltige Verlockungen. Es ist unsere Aufgabe, ihr dabei zu helfen.«
    »Dazu ist es viel zu früh«, sagte Hopkins. »Warte, bis sie älter wird. Dann sorge ich dafür, dass sie etwas über Investitionen und so weiter lernt.«
    »Die Investitionen machen mir keine Sorgen!«, sagte Helen. »Siehst du denn nicht, wie das Geld schon jetzt ihr Leben prägt? Zum einen, alles, was sie macht, kommt in

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