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Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Der Mann im Park: Roman (German Edition)

Titel: Der Mann im Park: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pontus Ljunghill
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geredet hat. Aber Ingrid hat immer gesagt, dass er nicht gefährlich ist.«
    »Hat sie dir erzählt, wie er aussah?«
    Das Mädchen schüttelte den Kopf.
    »Karin, kannst du dich erinnern, ob Ingrid seinen Namen erwähnt hat?«
    »Nein …«
    »Wusste sie, wo er wohnte?«
    »Ich glaube nicht … nein, das glaube ich nicht.«
    Rehn saß schweigend daneben. Es war in der Schule ganz still geworden. Keine Kinderrufe, keine Schritte auf den Fluren.
    »Karin«, warf er jetzt ein, »hat Ingrid dir erzählt, worüber sich die beiden unterhalten haben?«
    Das Mädchen überlegte. Rehn konnte ihr ansehen, dass sie begriff, wie wichtig das war.
    »Ich glaube, er hat sie immer gefragt, wie es ihr in der Schule geht. Und dann haben sie auch über ihre Glanzbilder geredet. Die hat sie ja gesammelt …«
    Das Mädchen verstummte.
    »Hat er auch etwas über sich erzählt?«, fragte Rehn. »Was Ingrid dir dann weitererzählt hat?«
    »Er hat ihr gesagt, dass er ihren Vater kennt.«
    Rehn musterte das Mädchen. Er bemerkte die Traurigkeit in ihren Augen, wollte sie nicht zu sehr drängen. Aber sie lie ferte ihm keine neuen Informationen, nichts, was er nicht schon wusste.
    »Hat Ingrid gesagt, wieso dieser Mann ihren Vater kannte?«
    »Nein … Daran erinnere ich mich nicht. Davon hat sie nichts gesagt.«
    Plötzlich fiel Rehn etwas ein. Er öffnete Ingrids Pult und nahm das Malheft heraus.
    Das mit der Zeichnung von dem Mann mit dem braunen Hut, der auf einer Bank saß.
    Seine Augen waren braun, die Nase ziemlich lang. Sein Hut war nach hinten geschoben und entblößte eine hohe Stirn.
    »Karin«, sagte Rehn wieder und zeigte auf die Zeichnung. »Hat Ingrid dir diese Zeichnung mal gezeigt?«
    Das Mädchen schaute ins Heft.
    »Ja«, sagte sie.
    »Hat sie gesagt, wer das sein soll?«
    Karin Molin nickte und wirkte bedrückt.
    »Sie hat gesagt, dass das der Mann ist, den sie kennt. Der aus dem Vasapark.«
    »Hat sie gesagt, wie sie ihn fand?«
    »Ingrid hat gesagt, er ist nett«, antwortete das Mädchen.

28
    Stierna ließ den Blick durch die Wohnung schweifen. Im Wohnzimmer hingen Bilder, die Karolina gemalt hatte. Die kargen Felsen in den Schären, das kleine rote Häuschen auf der Insel. Das tosende Meer. Das einsame Segelboot. Karolina hatte ihm gesagt, dass sie nicht so viel Wert auf diese Bilder legte, auf die Gemälde aus den Sommern ihrer Kindheit draußen in den Stockholmer Schären. Sie erschienen ihr zu banal. Aber er hatte betont, wie sehr sie ihm gefielen, und deshalb hatten sie hängen bleiben dürfen.
    Inzwischen gab es andere. Bilder, die er nicht so recht verstand, die ihn jedoch berührten. Diese tristen Landschaften, die so unwirklich erschienen, mit einer Farbskala, die weit von der entfernt war, die er von früher kannte. Die gewebten Teppiche mit ihren faszinierenden Mustern, irgendwie rein, selbstverständlich.
    Auf gewisse Weise vermittelten sie ihm ein Gefühl der Ruhe.
    Sie hatten zusammen zu Abend gegessen, spät. Er hatte gekocht. Fleischeintopf mit Rotwein. In der Zeit, in der er allein gelebt hatte, waren seine Kochkünste immer perfekter geworden. Er hatte vieles ausprobiert.
    Karolina hatte am Küchentisch gesessen, während er gekocht hatte. Sie hatte wieder ein Kleid genäht. Bunt, aber elegant.
    Karolina arbeitete immer noch in demselben Bekleidungsgeschäft, in dem sie bereits an dem Tag angestellt gewesen war, als sie sich zum ersten Mal begegnet waren. Auf dem Götgatsbacken in Söder. Ihm kam in den Sinn, dass sie sich jetzt fast auf den Tag genau seit fünf Jahren kannten, verheiratet waren sie seit zwei Jahren.
    »Wollen wir nicht für eine Weile wegfahren?«, fragte sie, als sie das Abendessen beendet hatten. »Wir haben schon mal darüber gesprochen. Nur du und ich.«
    »Wenn das vorbei ist, dann machen wir das.«
    Sie schaute ihn an. In ihrem Blick lag etwas Sorgenvolles.
    »Und, ist es bald vorbei?«, fragte sie.
    »Das muss es«, antwortete er.
    Sie überlegten, wohin sie fahren wollten. Träumten, schmiedeten Pläne. Sie hatten schon früher darüber gesprochen wegzufahren, und das nicht nur für ein paar Wochen.
    Stierna dachte an die Schären. Anschließend vielleicht Dänemark und Deutschland. Aber es war offensichtlich: Karolina wollte weiter.
    »Können wir nicht irgendwo hinfahren, wo es warm ist? Wo wir noch nie gewesen sind? Was wir uns noch nie vorgestellt haben? Weiter als Europa.«
    Karolina holte einen kleinen Stapel Anzeigen verschiedener Dampfschifffahrtsbetriebe hervor und

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