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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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neigst dein Gesicht ganz dicht zu ihrem. Sie strahlt, und in dir breitet sich ein Gefühl der Wärme aus. Das Wort wunderschön kommt dir in den Sinn, und du glaubst, eine neue Bedeutung dieses Wortes entdeckt zu haben.
     
     
    Ich erreichte meinen Wagen und manövrierte ihn durch die Scharen von Menschen, die zur Hardigan-Grundschule strömten. Die Funde sorgten sicher für einen gewaltigen Wirbel in den Medien, und da Sammy auf diesem Weg vermutlich ebenfalls davon erfuhr, musste ich ihm baldmöglichst einen Besuch abstatten.
    Sammy. Er brauchte seinen Anwalt. Und als selbiger war es meine größte Sorge, wie schnell die Leichenfunde identifiziert werden konnten. DNA-Tests konnten Monate in Anspruch nehmen, besonders wenn die Leiche jahrelang vergraben gewesen war. Zudem handelte es sich nicht um einen dringlichen Fall - es gab kein Verbrechen mehr aufzuklären, da der mutmaßliche Täter bereits tot war. Damit hatte die Untersuchung keine hohe Priorität. Meine Aufgabe war, dafür zu sorgen, dass der Vorgang irgendwie beschleunigt wurde.
    So ungern ich es auch zugab, nach den Gesprächen mit Mrs Thomas und Perlinis Mutter waren mir gewisse Zweifel an Perlinis Schuld gekommen. Zum einen hatte mich die Tatsache
nachdenklich gemacht, dass Pädophilie und Mord zwei völlig unterschiedliche Dinge waren. Zum zweiten war Perlini vorher niemals mit Morden an kleinen Mädchen in Verbindung gebracht worden. Jedenfalls bisher nicht.
    So viel zum Thema Aufklärung von Verbrechen durch glückliche Zufälle. Niemand hatte es der Mühe für wert befunden, Griffin Perlinis Mutter nach seinem Tod erneut zu befragen. Doch genau dieser Umstand - und dass es nun keinen Grund mehr gab, ihn zu schützen - hatte seine Mutter dazu bewogen, mir den Tipp mit dem Hügel hinter der Schule zu geben. Und jetzt konnte kein Zweifel mehr daran bestehen, dass Griffin Perlini einige noch weitaus schrecklichere Verbrechen begangen hatte.
    »Audrey«, sagte ich laut. Meine Stimme klang brüchig. Offensichtlich brodelten in mir Gefühle, die ich bisher gar nicht wahrgenommen hatte. Mit dem Tod eines Kindes verbindet sich immer unaussprechlicher Schmerz. Ich hatte keine Ahnung, ob ich jemals über den Verlust von Emily hinwegkommen würde. Aber der Mord an einem Kind ist etwas so unvorstellbar Grausames, dass nicht einmal Wut die richtige Antwort darauf ist. Wir verzweifeln. Wir verlieren die Hoffnung. Und wir verlieren den Glauben.
    Für Audrey Cutler war ein kleines Fleckchen auf dem katholischen Friedhof reserviert, gleich neben dem Grab ihrer Mutter Mary. Ich beschloss, dort ein würdiges Begräbnis für sie zu organisieren. Sammy und ich würden seine Schwester zu Grabe tragen.
    Ich zog mein Handy heraus, wählte und erreichte nur die Mailbox.
    »Pete«, sagte ich ins Telefon. »Pete, ich... ach, ruf mich einfach an, sobald du Zeit hast.«

17
    Deine letzte glückliche Erinnerung an sie stammt vom Wochenende vor ihrer Entführung, ein Picknick anlässlich der Fertigstellung des neuen Trakts der Universitätsbibliothek. Die Cutlers haben dich mitgenommen, und während du Sammy einen Frisbee zuwirfst, reckt Audrey sich vergeblich nach der fliegenden Scheibe. Ich bin dran, ruft sie immer wieder.
    Lasst sie doch mitspielen. Mrs Cutler wirkt heute richtig fröhlich. Sie trägt ein buntes Sommerkleid, und der Wind spielt mit ihren Locken. Mr Cutler hat sich irgendwohin verzogen und trinkt ein paar Bierchen mit den anderen Jungs, die an dem Gebäude mitgearbeitet haben. Das macht er häufig so, und auch zu Hause sieht man ihn nur mit einem Bier in der Hand. Du hast aufgeschnappt, wie Sammys Mutter die Arbeit an der Bücherei als »guten Job« bezeichnet hat, und du bildest dir ein, du hättest sie einmal darüber streiten hören, wie viele Fehltage er sich noch leisten könne, bevor er gefeuert würde. Mr Cutler ist Installateur, aber er arbeitet nur an manchen Tagen, und du hast keine Ahnung, warum. Häufig bleibt Mr Cutler einfach zu Hause, trinkt Bier und brüllt den Fernseher an.
    Audrey hat genug vom Frisbeespielen und verlangt nach Süßigkeiten. Die Firma, die das Picknick gesponsert hat, lässt kleine Päckchen mit M&Ms verteilen, auf denen der Firmenname Emerson steht. Das sind Emerson M&Ms , sagt Sammy zu Audrey. Sie will es wiederholen, doch ihre Zunge verknotet sich. Es kommt irgendetwas wie Em-a-son-ems heraus, und ihr lacht beide. Sie probiert es immer wieder, und ihr kringelt euch, bis Sammy ihr erklärt, dass es okay ist und sie das

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