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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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notierte mir ein paar Fakten über seine Person: Familienangehörige, Jobs, alles, was ich später bei der Kautionsverhandlung brauchen würde. Kurz darauf kehrte er zur Bank zurück, murmelte irgendetwas zu seinen Kumpels, und ich war wieder allein mit Pete. Ich wiederholte noch einmal meine
guten Ratschläge - Mund zu und Blick gesenkt halten -, dann riss ich mich von der Zelle los. Immerhin konnte ich jetzt davon ausgehen, dass er unversehrt blieb, bis ich ihn später auf Kaution rausholte.
    Wenn ich ihn auf Kaution freibekam.

20
    Die Sonne ging auf, als ich auf leeren Straßen nach Hause fuhr. Ich nahm eine Dusche und warf mich in meinen Anzug, in der Hoffnung, dass Petes Kautionsverhandlung schon für heute angesetzt war. Dabei beschäftigte mich fortwährend ein einziger Gedanke: Irgendetwas stimmte hier nicht. Auch wenn ich bei dem Cop auf dem Revier etwas dick aufgetragen hatte, hatte ich doch im Kern die Wahrheit gesagt. Es schien mir einfach unvorstellbar, dass Pete in diese Sache verwickelt sein sollte. Andererseits, je länger ich darüber nachdachte, desto mehr schwanden die inneren Widerstände. Ausgehend von der Annahme, dass Pete immer wieder mal zum Spaß Kokain konsumiert hatte, wäre es die übliche Geschichte. Aus gelegentlichem Konsum wurde Gewohnheit und aus Gewohnheit Sucht. Ein Süchtiger kann keiner geregelten Arbeit nachgehen, gleichzeitig verschleudert er immer mehr Geld für den süßen Nektar, der irgendwann zu seinem einzigen Lebensinhalt wird. Plötzlich ist er pleite und sieht sich gezwungen, andere Mittel und Wege zu finden, um an Stoff zu gelangen. Und im Handumdrehen beschließt sein Dealer, dass er für
seine Zwecke brauchbar ist und dass er ihm vielleicht einen neuen Kundenkreis anvertrauen sollte.
    Als Staatsanwalt hatte ich Hunderte von Drogenfällen zur Anklage gebracht, schwere und leichtere, daher waren mir diese Dinge nicht fremd. Ermittlungen gegen Drogenhändler hatten zu meiner täglichen Routine gehört - ich musste auf dem Revier Verdächtige vernehmen und Anklageschriften ausarbeiten -, und viele der vermeintlich im großen Stil operierenden Dealer hatten auf mich eher wie Süchtige gewirkt, die das Zeug für sich selbst kauften.
    Und natürlich musste ich einkalkulieren, wie ich es gestern Abend bereits gegenüber Shauna getan hatte, dass mich im letzten Jahr der Almundo-Prozess völlig mit Beschlag belegt hatte, dann meine Rolle als frischgebackener Vater und schließlich die Trauer um Talia und Emily. Ich hatte einfach nicht die Zeit gefunden, mich um meinen kleinen Bruder zu kümmern. Womöglich hatte die ganze Geschichte bereits einen längeren Vorlauf, von dem ich nichts ahnte.
    Gegen neun fuhr ich ins Büro. Ich wollte einige alte Freunde bei der Staatsanwaltschaft anrufen und ein paar Gefallen für Pete einfordern. Allerdings standen die Chancen nicht sonderlich gut, samstags dort jemanden anzutreffen. Zudem musste ich über Internet ein paar Bankgeschäfte erledigen, um im Fall einer Kautionsbewilligung flüssig zu sein. Da es sich nicht um ein schweres Gewaltverbrechen handelte, rechnete ich nicht mit einer astronomisch hohen Kaution. Aber immerhin waren Waffen im Spiel, und bei so was verstanden die Richter keinen Spaß.
    Als ich mein Büro betrat, lag unsere städtische Tageszeitung, die Watch, aufgeschlagen auf meinem Stuhl. LEICHENFUNDE IN DER SOUTH SIDE, lautete die Schlagzeile.
Darunter prangten ein Foto von Griffin Perlini und eine Luftaufnahme des Hügels hinter der Hardigan-Grundschule, inklusive herumwuselnder Cops und Erdreich bewegender Bagger. »Mindestens vier« Kinderleichen hatte man einem kürzeren Artikel zufolge dort entdeckt. KINDERSCHÄNDER LETZTES JAHR ERMORDET - BRUDER EINES OPFERS ANGEKLAGT, war ein weiterer Bericht übertitelt, daneben Fotos von Audrey und Sammy Cutler.
    Das Ganze hatte natürlich einen wichtigen Nebeneffekt, auf den ich von Anfang an gesetzt hatte. Ich wollte Perlini den Mord an Audrey nachweisen, um bessere Argumente für die Verteidigung zu haben; gleichzeitig sollte sich Perlinis Name tief in das Gedächtnis zukünftiger Jurymitglieder einbrennen. Ich wollte einen Bezirk voller potenzieller Geschworener, denen allen klar war, dass es sich bei Griffin Perlini um einen Kinderschänder und Mörder handelte.
    Ich malte mir das Gesicht des hochnäsigen Staatsanwalts Lester Mapp aus, wenn er diese öffentlich zugängliche Auflistung von Griffin Perlinis Schandtaten las. Das waren keine guten Neuigkeiten für

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