Der Mann im Schatten - Thriller
mehr zu ändern, aber sehr wohl an den zukünftigen Ereignissen. Ich hatte eine zweite Chance erhalten, bei beiden.
Ich formulierte in Petes Fall einen Antrag auf eine Brady- Offenlegung, in dem ich die Staatsanwaltschaft aufforderte, mir sämtliche Beweise gegen Pete auszuhändigen. Meine stille Hoffnung war, dass ich unter diesen Informationen auch den vollen Namen und die Kontaktadresse von »Mace« fand, dem Polizeispitzel, der den Cops geholfen hatte, Pete in die Falle zu locken. Die Staatsanwaltschaft war zwar dazu verpflichtet, mir diese Dokumente auszuhändigen, ohne dass ich darum bat, aber ich hatte keine Lust, die Zeit bis zur nächsten Anhörung ungenutzt verstreichen zu lassen. Ich wollte die Unterlagen jetzt. Ich wollte herausfinden, wie ich die Anklage vorzeitig gegenstandslos machen konnte.
Die Sprechanlage summte. »Smith auf 4407. «
Smith. Schon wieder. Ich hatte nicht damit gerechnet, so bald wieder von ihm zu hören, wenn überhaupt je. Er hatte mir unmissverständliche Anweisungen gegeben, wie ich in Sammys Fall zu verfahren hatte, und ich hatte ihm die ebenso unmissverständliche Anweisung gegeben, sich seine Forderung in den Arsch zu schieben. Wie hatte er noch gleich gesagt?
Ich werde mich mit Ihnen in Verbindung setzen, wenn Sie Ihre Meinung ändern.
Wenn.
Und schlagartig wurde mir klar, was hier lief. Adrenalin schoss durch meine Adern. Zögernd griff ich nach dem Hörer, hielt inne, immer noch zweifelnd, doch dann war ich mir sicher. Es konnte kein Zufall sein, dass Smith mich am Tag nach Petes Verhaftung anrief.
»Smith«, fauchte ich zwischen zusammengepressten Zähnen.
»Ich habe gehört, Ihrem Bruder ist ein kleines Missgeschick widerfahren.«
Schwachpunkte, über die man Druck ausüben kann, hatte er das letzte Mal gesagt. Jeder Mensch hat sie.
Ich rieb mir die Augen, Wut füllte meine Kehle.
»Sagen Sie jetzt nicht, ich hätte Sie nicht gewarnt. Aber ich kann Ihnen behilflich sein, Jason. Ich kann dafür sorgen, dass Ihr Bruder nie wieder eine Nacht in einer Gefängniszelle verbringt. Ich helfe Ihnen, wenn Sie mir helfen.«
Man hat mich reingelegt, hatte Pete erklärt. Ich hatte es ihm nicht abgenommen, zumindest nicht so, wie er es gemeint hatte.
»Wie Sie vielleicht bemerkt haben, können die Personen, die ich vertrete, gewisse Dinge geschehen oder nicht geschehen
lassen«, fuhr er fort. »Sie waren selbst einmal Staatsanwalt. Daher wissen Sie, es gibt viele Wege, einen Fall einschlafen zu lassen. Es steht in meiner Macht, dies auch in Petes Fall zu bewirken. Solange Sie meine Anweisungen in der Cutler-Angelegenheit befolgen.«
Meine Gedanken überschlugen sich, während ich mir vorzustellen versuchte, wie Smith diese Intrige gegen Pete eingefädelt hatte. Es gab viele Möglichkeiten, aber ich konnte mir nicht sicher sein. Zudem war jetzt nicht der Augenblick dafür. Hör zu und sammle Informationen, hatte ich während meiner Ausbildung gelernt. Je weniger du sagst und je mehr sie erzählen, desto mehr erfährst du.
»Gestern in Ihrem Büro habe ich Ihnen Ihre Aufgabe detailliert erläutert. Ich liefere Ihnen einen Sündenbock, einen abwesenden Verdächtigen. Und ich kläre das Problem mit den Augenzeugen. Sie arbeiten an dem Geständnis und an einem plausiblen Grund dafür, dass Cutlers Wagen in der Nähe des Tatorts geparkt war. Sie erledigen Ihren Part - Sie halten sich an Ihre Anweisungen, und wir schlagen die Anklage gegen Cutler nieder -, dann kommt Ihr Bruder frei. Andernfalls drohen ihm an die zehn Jahre, schätze ich. Eigentlich dachte ich, ich hätte mich bei unserer letzten Unterredung klar ausgedrückt, Herr Anwalt. Ich hoffe, es ist mir diesmal besser gelungen.«
Ich antwortete nicht. Ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt dazu in der Lage war.
»Sie haben mich zu dieser kleinen Maßnahme gezwungen, Jason. Aber ich kann das alles wieder rückgängig machen. Tun Sie einfach nur, was ich Ihnen sage. Und noch etwas. Wenn alles glatt über die Bühne geht, winkt am Ende noch ein kleiner Bonus. Wir entschädigen Ihren Bruder für seine Unannehmlichkeiten
mit fünfundzwanzig Riesen. Nicht übel für einen Burschen, der es in keinem Job lange aushält.«
Er offerierte mir ein Licht am Ende des Tunnels. Erst schlug er knallhart zu, dann versuchte er, versöhnlich zu wirken. Er wollte mich glauben machen, alles könnte ein gutes Ende finden.
»Kommt jetzt der Teil, wo Sie mir drohen, auf keinen Fall die Cops zu verständigen?«, sagte ich.
Er lachte.
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