Der Mann im Schatten - Thriller
»So dumm wären Sie nicht. Wir würden Pete einfach untergehen lassen. Und wer würde Ihnen glauben?«
Er hatte Recht. Die Gefängnisse dieses Landes waren voll von Menschen, die behaupteten, man hätte sie reingelegt.
Ich versuchte, meine Trümpfe auszuspielen. Die Zeit war auf meiner Seite. Petes Fall würde nicht allzu bald verhandelt, dafür konnte ich sorgen. Ich hatte eine Schlinge um meinen Hals, aber es war ein langes Seil.
»Ich lege Sammys Fall nieder. Ich vertrete ihn nicht länger als Anwalt. Damit bin ich kein Problem mehr für Sie. Sobald Sie die Anklage gegen meinen Bruder abwenden, steige ich aus.«
Ich war mir nicht sicher, ob es mir wirklich ernst damit war. Würde ich tatsächlich Sammy im Stich lassen, um Pete zu retten? Aber mehr als alles andere interessierte mich Smiths Antwort.
»Hören Sie auf mit diesem Mist«, sagte Smith. »Cutler will Sie. Und das war ganz sicher nicht meine Idee. Sein Prozess beginnt in drei Wochen, mit Ihnen als Anwalt. Ich erledige einen Großteil der Arbeit, also verstehe ich nicht, wo das Problem liegt. Wenn Sie versuchen auszusteigen, wird Ihr Bruder die Konsequenzen tragen. Also - kein Aufschub des Prozesses. Kein Niederlegen des Mandats.«
Richtig. Das hatte Smith bereits bei unserem ersten Treffen betont - ich hatte einen Aufschub verlangt, und er hatte abgelehnt. Das machte mich wertvoll. Das war ein Punkt, wo ich den Hebel ansetzen konnte.
»Dann werden Sie alles Nötige veranlassen, damit man Petes Fall einstellt, bevor Sammys Prozess beginnt. So läuft der Deal. Erst Pete, dann Sammy. Andernfalls habe ich keine Garantie, dass Sie sich auch wirklich für Pete einsetzen. Ich lege keinen Wert darauf, dass Sie mich und meinen Bruder vergessen, nachdem Sie Ihr Ziel erreicht haben.«
Smith schwieg eine Weile. Vermutlich hatte er nicht mit einem Gegenvorschlag gerechnet. »Nein«, erwiderte er schließlich. »Sie erledigen Ihren Teil, dann erledigen wir unseren.«
»Kein Deal«, sagte ich.
»Sie denken das nicht bis zu Ende durch, Jason. Pete ist unser Druckmittel. Sobald wir unser Ziel erreicht haben, wollen wir nichts mehr mit Ihnen zu tun haben. Folglich werden wir Pete rausholen und ihn großzügig entschädigen. Das garantiere ich Ihnen.«
Ich musste zugeben, es klang in gewissem Sinne einleuchtend. »Kein Deal«, wiederholte ich trotzdem.
»Das Ganze kann noch viel übler werden, mein Junge. Sie legen sicher keinen Wert darauf, herauszufinden, wie übel.«
»Sie aber auch nicht.« Wir rangen um die Lufthoheit. In vieler Hinsicht ähnelte das Ganze einer ganz normalen Geschäftsverhandlung. Allerdings hatte ich keine Ahnung, wer von uns letztlich am längeren Hebel saß. Nur Smith kannte die Antwort. Daher blieb mir nichts anderes übrig, als mich auf mein Bauchgefühl zu verlassen.
»Kein Deal«, beharrte ich. »Und Smith, schlafen Sie lieber bei eingeschaltetem Licht.«
Mit diesen Worten legte ich auf. Ich warf mich zurück, als sei das Telefon radioaktiv verseucht, und mein Herz pochte wie verrückt. Dann griff ich nach meinem Handy und wählte.
24
Die nächsten Stunden verbrachte ich damit, das Gespräch mit Smith in allen Einzelheiten zu analysieren, und versuchte dabei, die stetig wachsenden Schuldgefühle zu verdrängen, die ich gegenüber meinem kleinen Bruder empfand. Nur wegen mir saß Pete in der Klemme. Meiner Sturheit hatte er es zu verdanken, dass man ihm eine massive Klage angehängt hatte.
Aber daran ließ sich nichts mehr ändern. Jetzt war es zu spät, um Sammys Fall niederzulegen. Die Würfel waren gefallen, wie Smith sich ausgedrückt hatte. Ich war der offiziell bestellte Anwalt, und jeder Wechsel würde unweigerlich einen Aufschub der Verhandlung bedeuten. Und das war für Smith ganz offensichtlich inakzeptabel.
Mir blieben noch drei Wochen, um den Fall für Sammy zu gewinnen, und mir wurde bewusst, dass ich alternativ dazu nur eine einzige Möglichkeit hatte: Ich musste innerhalb von drei Wochen herausfinden, wer Smith war.
Um 4.30 Uhr ging ich hinunter in den Konferenzraum im sechsten Stock, den jeder Mieter in diesem Gebäude reservieren konnte und der sonntags üblicherweise nicht belegt war. Ich hatte ein Meeting anberaumt, und irgendetwas sagte mir, dass es besser nicht in meinem Büro stattfand. Vielleicht trug
diese Entscheidung leicht paranoide Züge, aber Smith hatte ohne Zweifel jemanden auf mich angesetzt, und ich hatte keine Ahnung, wie weit seine Überwachungsmaßnahmen reichten. Ich konnte nicht
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