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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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war. Eine Menge Gangmitglieder trugen inzwischen nur noch Messer, um sich die zehn Jahre zu ersparen, die auf illegalen Schusswaffenbesitz standen.
    Pete schüttelte den Kopf. »Keine Ahnung, ob er was mit Waffenhandel zu tun hat.«
    Okay, also war die Sache vermutlich so gelaufen: J.D. handelte möglicherweise mit Waffen. Und die Cops hatten es auf J.D. abgesehen. Aber dann bekam er den Anruf von Pete, und sie fingen in ihrem Netz gleich zwei Fliegen statt einer. Die Cops und ein Spitzel wie Mace waren clever genug, um abzuwarten, bis Pete mit von der Partie war, bevor sie die Falle zuschnappen ließen. Mace musste sich womöglich Bonuspunkte verdienen, nachdem sie ihn selbst wegen irgendetwas drangekriegt hatten, und zwei waren immer besser als einer.
    »Haben sie dir die Waffen gezeigt?«, wollte ich wissen. »Hast du sie an irgendeinem Punkt zu Gesicht gekriegt? Oder das Koks...?«
    »Großer Gott, nein. Ich hatte eigentlich nur J.D. erwartet, und dann tauchte er mit diesem Mace auf. Und bevor ich einen klaren Gedanken fassen konnte, war ich schon verhaftet.«
    Pete fuhr sich durchs nasse Haar und stöhnte. »Ich sitze in der Scheiße«, sagte er. »Ich hocke richtig tief in der Scheiße.«
    Durchaus möglich, aber ich war noch nicht bereit, kampflos
aufzugeben. Irgendwas an dieser Geschichte war faul. Noch konnte ich den Finger nicht drauflegen. Aber mir war jetzt klar, was als Nächstes auf der Tagesordnung stand. Ich musste Petes Dealer John Dixon auftreiben. Ich hatte ein paar Fragen an ihn.
    »Du nimmst dir eine Woche bei deinem Verkäuferjob frei«, entschied ich. »Du wohnst hier bei mir, kommst zur Ruhe, und wir finden eine Lösung.« Ich trat zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Wir stehen das gemeinsam durch, Pete. Das verspreche ich dir.« Ich gab mir Mühe, ruhig und entschlossen zu wirken, während ich sprach, damit wenigstens einer von uns meinen Worten Glauben schenken konnte.

22
    Am nächsten Morgen hinterließ ich Pete etwas Frühstücksspeck in einer Pfanne und die Nachricht, er solle das Haus unter keinen Umständen verlassen und mich anrufen, sobald er aufwachte.
    Ich musste mich unbedingt mit Sammy treffen. Ich hatte das schon für gestern geplant, nachdem sich die Nachricht von den Leichenfunden hinter der Hardigan-Grundschule wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreitet hatte, aber Petes Verhaftung und die Kautionsverhandlung hatten mich zu sehr in Beschlag genommen.
    Es war Sonntagmorgen, der 27. Oktober. Noch zweiundzwanzig Tage bis zu Sammys Prozess. Auf der Fahrt zur Haftanstalt
dämmerte mir, dass mir das Wasser bis zum Hals stand. Jeder vernünftige Mensch hätte schon meine Fähigkeit in Zweifel gezogen, in meiner Verfassung nach Talias und Emilys Tod Sammys Mordfall zu betreuen. Aber nun musste ich zusätzlich noch mit Petes Problem fertigwerden. Vermutlich war es symptomatisch für meinen mentalen Zustand, dass ich diese Feststellungen mit großer Nüchternheit traf - wie ein Unbeteiligter, der das Ganze von außen betrachtete. Dabei hatte ich nur wenig Grund zur Gelassenheit. Einem Mann, der einmal mein bester Freund gewesen war und den ich selbst als meinen Bruder bezeichnete hatte, drohte eine lebenslängliche Haftstrafe; und mein echter Bruder steckte ebenfalls tief im Schlamassel. Ich war nie ein Mensch gewesen, der zu Panik neigte, was ich vor allem meiner Fähigkeit verdankte, das überschüssige Adrenalin in meinen Adern zu nutzen, um meine Konzentration und Leistungsfähigkeit zu steigern. Doch im Moment empfand ich nur deshalb keine Angst, weil in meinem Kreislauf jede Spur von Adrenalin fehlte.
    Wie, zum Teufel, sollte ich in diesem Zustand Sammys Fall bewältigen?
    Ich wartete in der vertrauten, gläsernen Zelle der Haftanstalt, trommelte mit den Fingern auf dem Tisch und dachte abwechselnd an die Fälle von Sammy und Pete. Es gab eine Zeit, da hatte ich keinen Unterschied zwischen ihnen gemacht - beide waren sie für mich wie Brüder gewesen. Und doch hatte ich Sammy im Stich gelassen, hatte mich größeren und wichtigeren Dingen zugewandt, und ich schätze, in gewisser Weise hatte ich auch Pete verraten.
    Sie brachten Sammy herein und ketteten ihn an den Tisch wie üblich. Seine Augen waren blutunterlaufen, und eines war von einem leichten Veilchen umrandet. Ich war nicht
wirklich scharf darauf, die dazugehörige Geschichte zu erfahren.
    »Haben sie Audrey gefunden, Koke?«, fragte er, langsam und deutlich artikulierend. Inhaftierte haben Zugang zu

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