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Der Mann im Schatten - Thriller

Der Mann im Schatten - Thriller

Titel: Der Mann im Schatten - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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hingedeutet.
    War Archie Novotny der wahre Mörder Griffin Perlinis?
    »Wo nehmen Sie Gitarrenunterricht?«, fragte ich.
    Novotny schüttelte den Kopf, sein Blick schwenkte zum Fenster. Das Gespräch lief nicht mehr in seinem Sinn, und er überdachte seine Strategie. Erneut erwog ich, alles herunterzuspielen, um ihm den Eindruck zu vermitteln, ich addiere nur ein paar unwesentliche Details zum Gesamtbild, doch ich verwarf die Idee gleich wieder. Der Kerl saß auf heißen Kohlen, und ich durfte jetzt nicht lockerlassen.
    Nach einem längeren Schweigen schien er sich wieder beruhigt zu haben, sein hochrotes Gesicht nahm den üblichen Ausdruck an, mit geballten Kiefermuskeln und zusammengekniffenen Augen. »Sie hat immer noch Alpträume, wissen Sie. Sie will es mir gegenüber nicht zugeben, aber irgendwo denkt sie immer noch, es sei alles ihre Schuld gewesen.« Seine Augen, die nach wie vor auf das Fenster gerichtet waren, glänzten feucht. »Perlini hat ihr gesagt... er hat ihr erklärt, ihre Mami und ihr Daddy hätten gesagt, es sei okay. Er hat behauptet, wir wüssten, was er mit ihr macht, und wir seien einverstanden.«
    Selbstquälerei und Schuldgefühle waren mir nicht unvertraut, und ich bemühte mich mehr denn je, die Distanz zu
wahren. Hatte dieser Mann tatsächlich Griffin Perlini getötet, würde ich ihm anbieten, ihn zu verteidigen, und zwar kostenlos. Aber ich musste es wissen. Und diesem Kerl stand das Wort Motiv förmlich auf die Stirn geschrieben.
    Und falls er außerdem mit Smith unter einer Decke steckte und er meinem Bruder etwas angehängt hatte, um Druck auf mich auszuüben, dann durfte mich das Mitgefühl für seinen Schmerz nicht blind machen.
    »Als wir von dieser Bestie erfahren haben - nachdem die Drurys sich wegen ihrer Charlene offenbart hatten -, haben wir Jody danach gefragt. So wie alle anderen Eltern, deren Kinder die Sommerfreizeit besucht hatten. Ich weiß noch genau, wie Jody in diesem Sommer immer verschlossener wurde, ins Bett gemacht hat, nichts mehr aß - und plötzlich dämmerte mir alles. Ich dachte: Wie konntest du das nur übersehen? Wie konntest du nur so blind sein?«
    Ich wagte nicht zu sprechen. Mein Herz pochte gegen meinen Brustkasten.
    »Und als wir sie dann gefragt haben... wir haben uns mit ihr hingesetzt und darüber geredet... wissen Sie, was sie da zu mir gesagt hat? Sie hat gesagt >Es tut mir leid.< Sie - sie - hat sich dafür bei uns entschuldigt.«
    Ich senkte den Blick zu Boden. Ich fühlte mich wie ein Eindringling, der etwas zutiefst Intimes belauschte, das nicht für seine Ohren bestimmt war.
    »Dieser Mann hat unsere Familie zwanzig Jahre lang heimgesucht«, fuhr er fort. »Jetzt ist Schluss damit.« Ich sah genau in dem Moment auf, als er sich zu mir drehte, mit gerunzelter Stirn und gebleckten Zähnen in dem ansonsten ausdruckslosen Gesicht. »Sie haben kein Recht, mir diese Fragen zu stellen. Verstanden, Jason? Wenn Sie mir seinen Tod anhängen
wollen, dann nur zu. Aber ich werde Ihnen nicht auch noch dabei helfen.«
    Offenkundig ein Rausschmiss. Aber ich war noch nicht bereit zu gehen. Ich versuchte es mit den einzigen Worten, die möglicherweise verhindern konnten, dass er vollständig dichtmachte.
    »Sammy Cutler«, sagte ich. »Er weiß ein bisschen was darüber, wie es ist, heimgesucht zu werden. Er hat seine Schwester für immer verloren, Archie.«
    Novotny legte seine Hände auf die Knie und stemmte sich aus der Couch hoch. »Music Emporium«, erwiderte er. »Ecke Greenway und Thirty-ninth. Jeden Donnerstagabend von acht bis neun. Mein Lehrer heißt Nick Trillo. Und jetzt verlassen Sie mein Haus, Jason.«
    Er wartete nicht, bis ich gegangen war. Stattdessen marschierte er einfach in die Zimmerecke und steckte die Schleifmaschine wieder ein. Ich nahm die Treppe nach unten, bis ich vor der Eingangstür stand. Schon griff ich nach dem Türknopf, ließ aber die Hand wieder sinken. Über mir ertönte das hohe Sirren der Schleifmaschine.
    Mein Blick war auf den Schrank mit den Mänteln gefallen. Ich schaltete die nackte Glühbirne an der Decke ein und unterzog die hängenden Kleider einer raschen Überprüfung. Es waren eine Reihe von Windjacken, ein Baseballtrikot, ein Wintermantel und - ja - eine braune Bomberjacke aus Leder.
    Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und musterte die Ablage darüber. Sie enthielt vier Baseballkappen, alle mit Gewerkschaftslogo, eine Skibrille und - tatsächlich, da lag sie.
    Eine grüne Wollmütze.

28
    Nachdem ich Archie

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