Der Mann mit dem roten Zylinder
Stelle bewegt, leuchtet er noch das restliche Zimmer ab.
Außer ihm befindet sich nur noch der Schläfer im Raum. Er sieht eine Unmenge Topfpflanzen, ein Radiogerät, einen Fernsehapparat, drei Sessel, einen Tisch, auf dem sich noch Geschirr mit den Resten einer Mahlzeit befindet, sonst nichts.
Auf Zehenspitzen nähert sich der nächtliche Besucher dem Schläfer. Nicht der geringste Laut ist dabei zu vernehmen. Katzengleich gleitet der Fremde über das Parkett.
Noch drei Schritte zum Bett — noch zwei Schritte. Sein Interesse gilt nicht dem Schläfer, es gilt den Sachen, die neben dem Schlafenden auf dem Stuhl liegen.
Noch immer atmet der Ahnungslose tief und fest. Ja, er beginnt jetzt sogar etwas zu schnarchen. Eine Tatsache, die dem Fremden mit der Lampe sehr angenehm zu sein scheint, denn ein zufriedenes Lächeln huscht über seine Züge.
Vorsichtig tasten sich die Finger des Mannes an die Kleider heran, suchen behutsam darin herum. Da — er scheint jetzt gefunden zu haben, was er sucht. Langsam zieht er seine Hand zurück.
Drei Uhr fünfzig.
Die dunkle schmale Tür neben dem Hinterportal des Opernhauses hat sich geräuschlos geöffnet.
Ein Mann tritt heraus, verharrt und schickt einen Blick in die Umgebung. Er verschließt die Tür. Dann geht er mit federnden und geräuschlosen Schritten auf einen einsam dastehenden großen geschlossenen Reisewagen zu.
Es ist der gleiche Mann, der sich vor genau einer Stunde und fünf Minuten auf die gleiche geheimnisvolle Art Eintritt in das Operngebäude verschaffte.
Die Standlichter des Wagens leuchten auf. Der Motor springt weich an, und mit einer eleganten Schleife hat der Wagen wenig später die Arsenalsgatan erreicht.
Niemand hat etwas gesehen. Niemand ahnt, daß der Mann mit dem roten Zylinder wieder am Werke war.
Und sollte nicht ein Wunder geschehen, wird der Hausmeister des Opernhauses wohl nie in Erfahrung bringen, daß seine Schlüssel für eine Stunde den Besitzer gewechselt hatten.
Erik Olanson heuert Verstärkung an
In Erik Olansons Detektivbüro in der Kungsgatan herrscht Hochbetrieb.
Trotz der frühen Morgenstunde, es ist gerade erst neun Uhr, ist das Vorzimmer voller Menschen.
Fredrik Hake hat alle Hände voll zu tun, um sieben junge Männer im Zaum zu halten.
Und das „Horchgerät“ hat es nicht leicht. Obgleich er alle sieben um mindestens einen Kopf überragt, kommt er sich doch ziemlich in die Enge getrieben vor.
„Wollen Sie uns nicht sagen, was wir tun sollen?“ will jetzt ein bulliger Rotschopf wissen.
Fredrik setzt ein geheimnisvolles Gesicht auf.
„Das, meine Herren, wird Ihnen mein Chef sagen. Ich bin nur ein kleiner Gehilfe.“
„Ist es wenigstens interessant?“ fragt jetzt ein anderer.
Fredrik verzieht den Mund und kratzt sich hinter den Ohren.
„Interessante Dinge sind in einem Detektivbüro so selten wie Zwillinge bei einer Elefantenmutter“, antwortet er schlagfertig.
Als es in diesem Augenblick kurz summt, erklärt er schnell:
„Ich muß zum Chef. Bitte, verhalten Sie sich etwas ruhig. Ich glaube, daß man Sie gleich aufklären wird.“
Bevor er zu seinem Chef hineingeht, schiebt er den sieben Studenten noch eine Schachtel Zigaretten hin. Er mußte sie vorhin eigens zu diesem Zweck besorgen.
Erik Olanson erwartet ihn schon ungeduldig.
„Sind alle da?“ fragt er Hake.
„Alle“, nickt Fredrik.
„Was machen sie für einen Eindruck auf dich?“ Fredrik wiegt bedächtig wie ein alter Seebär sein Haupt, während er dazu wieder einmal mit den Ohren wedelt. „Ich glaube, daß sie ganz brauchbar sind. Vielleicht stellen sie sich ein bißchen mehr vor als drin ist, aber sonst...“ Er drückt mit seiner Miene und einer Handbewegung aus: Man kann es ja mal versuchen.
Olanson versinkt für einige Atemzüge in angespanntes Nachdenken. Dann fordert er seinen Gehilfen auf: „Also denn, schick sie herein.“
„Alle auf einmal?“ erkundigt sich Fredrik. „Natürlich“, pfeift ihn sein Chef an. „Glaubst du vielleicht, ich will siebenmal das gleiche erzählen?“ Fredrik verschwindet durch die Tür.
„Bitte die Herrn einzutreten“, verkündet er salbungsvoll und macht eine einladende Handbewegung.
Neugierig stapfen sie an ihm vorbei. Sieben junge Leute. Zwei Studenten der Philosophie, ein Philologiestudent, ein Chemiker und drei angehende Techniker.
Fredrik schließt hinter ihnen die Tür und stellt sich neben seinen Chef.
Olanson hat sich hinter seinem Schreibtisch erhoben und tritt jetzt vor die
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