Der Mann mit den zwei Gesichtern
neben ein frisches Klinikbett, der dazugehörigen Schwester zunickend.
Franziska wollte nach wie vor diesen Mann? Der herzlos genug war, eine Frau wie sie zu schwängern und dann schmählich im Stich zu lassen?
Die Wut durchzuckte Tom wie ein Schmerz. Wie konnte dieser Mann ihr das antun? Dieser leichtfertige, treulose, widerliche Schuft. Wie konnte sich dieser Typ erlauben, seine, Toms, geliebte Franziska so zu demütigen? Und mit gebrochenem Herzen zurückzulassen?
Das Bett stieg aus. Zwei eifrig miteinander diskutierende Ärzte kamen herein, Tom immerhin die Gelegenheit bietend, sich so nah an Franziska abdrängen zu lassen, dass sie sich kurz berührten. Ehe sie einen Schritt beiseite trat.
„Ich werde nachher nach dir sehen“, sagte er erst, als sie aus dem Foyer ins Freie traten.
Franziska schüttelte müde den Kopf. „Tom, ich möchte das nicht, und das habe ich dir gesagt.“
„Ich will dich nicht zu irgendetwas drängen“, versicherte er ihr schnell. „Ich möchte wirklich nur helfen.“
„Ich möchte deine Hilfe nicht, Tom. Nicht so.“
„Du befürchtest, dass ich über dich herfallen könnte?“ Sein Lachen klang auch in seinen eigenen Ohren hohl.
„Quatsch.“ Franziska hob hilflos die Schultern. „Ich mag dich wirklich gern, Tom. Aber ich möchte einfach nicht, dass du dir Hoffnungen machst. Dass ich ein Kind bekommen werde, ändert nichts an unserer Beziehung. Ich werde dich auch jetzt nicht heiraten. Das mag egoistisch sein meinem Kind gegenüber, denn du wärst mit Sicherheit ein wunderbarer Vater. Aber ich liebe dich nicht. Und ich will niemanden heiraten, den ich nicht liebe.“
Tom seufzte gequält. „Du bist sehr offen, Franziska.“
„Aber es ist die Wahrheit.“
Er seufzte erneut, riss sich dann zusammen. „Pass auf, ich sage dir etwas. Es ist unsagbar schade, dass du mich nicht willst. Aber daran habe ich mich mittlerweile gewöhnt. Auch davon abgesehen möchte ich gern mit dir zusammen sein. Sprich: Ich möchte als ein Freund an deinem Leben teilhaben. Auch und gerade jetzt, wo du ein Kind haben wirst. Könntest du“, er holte Luft, „dir das vorstellen?“ Mit veränderter Stimme fügte er hinzu: „Wenn ich dir hoch und heilig verspreche, nicht über dich herzufallen?“
Franziska lachte. Jetzt beinahe amüsiert. „Na gut. Unter diesen Umständen.“
Tom lachte mit. „Heute Abend nach der Konferenz? So gegen sieben, schätze ich. Nur ganz kurz, du sollst dich ja ausruhen.“
„Wie gesagt: Ich bin gern mit dir zusammen. Nur eben ...“
„... als Freund“, ergänzte er.
Franziska nickte und winkte dem gerade ankommenden Taxifahrer. „Bis heute Abend.“
„Bis dann.“ Jetzt nickte er.
*
Das Telefon weckte Franziska auf. „Ja?“, raunte sie verschlafen in den Hörer.
„Wie geht es dir?“ Es war Tom. „Hast du geschlafen?“
Na, immerhin hatte er es gemerkt. Franziska nickte. „Ja.“
„Ich wollte dir nur sagen, es wird leicht acht Uhr, bis ich hier rauskomme. Der Chef hat für sechs Uhr noch eine Konferenz angesetzt.“
„Ach Tom“, sagte Franziska. „Das wird mir dann aber zu spät. Andrea wird bald kommen und ich will einfach nur schlafen.“
„Na gut“, gab Tom überraschend schnell nach. „Dann vielleicht morgen?“
„Ja“, antwortete Franziska. „Vielleicht.“ Sie legte auf.
Es kam ihr gemein und herzlos vor, Tom einfach so abzuservieren. Er meinte es nur gut, war fürsorglich und besorgt. Aber was sollte sie tun? Für ihn war einfach keine Kraft mehr übrig. Allein damit, ungewollt schwanger zu sein, war sie bereits überfordert. Dass sie keinen Vater für ihr Kind hatte, machte es nicht leichter. Heute hatten sich zu ihren Sorgen und Nöten auch noch Tuberkulose und Läuse gesellt. Sicher, beides war nicht wirklich eine Bedrohung für sie oder ihr Kind, dennoch, alles in ihr war angespannt. Für Tom hatte sie jetzt wirklich keine Energie mehr.
Sie war völlig durcheinander und sehnte sich nach Gerd. Danach, ihren Kopf an seine Schulter zu lehnen, entspannt zu seufzen und einfach nur glücklich sein. Wie schön wäre es doch: Gerd und sie als glückliches Paar – und dieses Kind die Krönung ihrer Liebe.
Die Türglocke riss sie aus diesen wunderbaren Gedanken.
„Auf geht's, stellen wir uns also der Realität“, murmelte Franziska, arbeitete sich aus dem Bett heraus und ging zur Tür.
„Hier, Kokosöl“, Andrea reckte ihr eine kleine Sprühflasche entgegen. „Das hassen Läuse, aber Babys lieben
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