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Der Mann ohne Vergangenheit

Der Mann ohne Vergangenheit

Titel: Der Mann ohne Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles L Harness
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Eoanthropus vor der Gefahr. Der alte Mann schüttelte seinen fünfhundert Pfund schweren Körper und duckte sich, über dem Rentier knurrend, in Hockstellung. Dabei suchte er aus kurzsichtigen Augen nach den Störenfrieden. Er fürchtete nichts außer dem Riesenhöhlenbären, Ursus apelaeus. Die Frauen und Kinder drängten sich halb angstvoll und halb neugierig hinter ihm.
    Die Eindringlinge starrten verblüfft durch das grüne Laubwerk. Im Nu war ihnen klar, daß die Schlächter einer Tierart angehörten, die so tat, als sei sie menschlich. Die intelligenteren unter den Neandertalern, darunter der alte Häuptling, tauschten Blicke verärgerter Entrüstung. Ohne weitere Umstände brach der Häuptling durch das Gebüsch und hob mit zornigem Geschrei den Speer.
    Ihn hatte die Überzeugung ergriffen, daß diese Ärgernis erregenden Wesen seltsam und folglich unausstehlich waren, und je schneller man sie umbrachte, desto wohler würde ihm zumute sein. Er holte mit dem schweren Speer aus und schleuderte ihn mit ganzer Kraft’. Er durchbohrte dem Eoanthropus das Herz und drang ihm einen ganzen Fuß aus dem Rücken hinaus.“
    Haven wandte sich stirnrunzelnd vom Fenster ab. Er führte die Kaffeetasse zum Mund, und unmittelbar vor dem Trinken formten seine Lippen schweigend das Wort „Schallsuchstrahl“.
    Alar wußte, daß Corrips das Signal empfangen hatte, obwohl dieser weiterlas, als sei nichts geschehen.
    „,Der tierische Verstand, der hinter dem Speerwurf steckte, gelangte angesichts der Konfrontation mit dem Problem eines fremden Volkes durch eine einfache thalamische Reaktion zu einer Lösung, die nicht durch die Zensur der Vorderhirnlappen kompliziert wurde – töte zuerst und untersuche später.
    Diese instinktive Reaktion, vielleicht ein Überrest von der winzigen geistigen Entwicklungsstufe seines insektenfressenden Ahnen (Zalambdolestes?), die vielleicht bis zur Kreidezeit zurückgeht, war für jede Art von Hominiden vor und nach dem Neandertaler charakteristisch.
    Diese Reaktion ist noch immer stark vorhanden, wovon drei Weltkriege auf schreckliche Weise zeugen. Hätte der Mann mit dem Speer zuerst gedacht und erst dann geworfen, hätten seine Nachfahren die Sterne vielleicht innerhalb einiger Jahrtausende erreicht.
    Und jetzt, da spaltbare Stoffe vom Kaiserreich Amerika in ungeheuren Mengen direkt aus der Sonnenoberfläche gewonnen werden, werden die westliche und die östliche Hälfte der Welt nicht lange mit dem Versuch zögern, die Überlegenheit ihrer jeweiligen Kultur zu beweisen. Diesmal jedoch darf sich keine Seite Hoffnungen auf den Sieg oder einen unentschiedenen Ausgang machen.
    Der Krieg wird einfach deswegen enden, weil keine Menschen mehr übrig sind, die weiterkämpfen könnten – wenn wir von vielleicht einem Hundert tierhafter Wesen absehen, die sich in den längsten Gängen der unterirdischen Städte zusammendrängen, sich die Strahlenwunden lecken und sich mit ein paar Ratten die Leichen teilen, die in guterhaltenem Zustand überall herumliegen (weil es keine Fäulnisbakterien mehr gibt, die die Toten zersetzen könnten). Aber selbst die Ghoule sind steril und in einem weiteren Jahrzehnt …’“
    Es klopfte an der Tür.
    Haven und Corrips wechselten einen raschen Blick. Dann stellte Haven seine Kaffeetasse ab und ging ins Vorzimmer. Corrips sah sich im Zimmer um und überzeugte sich noch rasch von der Lage ihrer Säbel, die unschuldig und dekorativ zwischen den Hominiden-Skeletten an Bändern herabhingen.
    Sie hörten Havens Stimme auf dem Gang. „Guten Abend, Sir …? Ach, es ist General Thurmond. Welch reizende Überraschung, General! Ich habe Sie sofort erkannt, aber natürlich kennen Sie mich nicht. Ich bin Professor Haven.“
    „Darf ich hereinkommen, Dr. Haven?“ Die trockene Stimme hatte etwas Eisiges und Tödliches an sich.
    „Aber natürlich! Bei meiner Seele, wir fühlen uns geehrt. Kommen Sie herein. Mica! Alar! Es ist General Thurmond, der Polizeiminister!“
    Alar wußte, daß die überschwengliche Begrüßung nur die ungewöhnliche Nervosität des Mannes verdeckte.
    Corrips richtete es beim Näherkommen so ein, daß die Gruppe bei den Hominiden zusammentraf. Alar, der ihm dichtauf folgte, bemerkte unbehaglich, daß die Hände des Ethnologen zitterten. Fürchtete er sich so vor einem einzelnen? Sein Respekt vor Thurmond stieg gewaltig.
    Von einer durchdringenden Musterung Alars abgesehen, ignorierte Thurmond die Vorstellung. „Professor Corrips“, raspelte er leise.

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