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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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kennenzulernen!«
    Er deutete eine Verbeugung an und lüpfte galant seinen Hut.
    »Seemann, Gustav. Das Vergnügen war ganz meinerseits.«
    Vater und Tochter wandten sich zum Gehen.
    Kate überlegte. Sollte sie Inge einfach ansprechen?
    In diesem Moment drehte die sich noch mal um und sagte freundlich: »Komm doch morgen zum Kaffee! Wir wohnen da drüben, Nummer 8a.«
     
    Nach zwei Anläufen gelang Kate am nächsten Tag ein Gebilde, das man mit etwas gutem Willen als Apfelkuchen bezeichnen konnte. Vorsichtig trug sie es vor sich her zum Haus von Inge und Gustav. Unterwegs lief sie Mattuschek in die Arme, der ihr Werk mit einem schnellen Blick taxierte.
    »Bißchen weniger Butter in den Teig«, riet er, »dann fällt der Rand nicht so zusammen.« Sein Blick wurde intensiver. »Ich sehe, Sie leben sich ein, schließen die ersten Freundschaften, das ist schön!«
    »Finde ich auch«, sagte Kate.
    »Reizenden kleinen Jungen haben Sie übrigens. Haben uns schon kennengelernt.«
    »Ach, ja? Hat er mir gar nicht erzählt. Also dann, ich muß weiter«, entschuldigte sich Kate und setzte ihren Weg fort.
    »Ich hole ein paar Stauden für Ihren Garten«, hörte sie ihn hinter sich. »Wir können sie später zusammen einsetzen, wenn Sie wollen.«
    »Ist gut, danke«, rief sie, ohne sich noch mal umzudrehen.
    Mattuschek ließ wirklich keine Gelegenheit aus, sich in Erinnerung zu bringen. Kate konnte nicht anders, als in seinen Bemühungen eine Form der Werbung zu sehen. Sie wußte nicht recht, wie sie damit umgehen sollte; einerseits fand sie es ganz praktisch, andererseits war es ihr ein bißchen peinlich.
    Was wollte er von ihr? Er war verheiratet, mindestens zwanzig Jahre älter als sie und so ziemlich das Gegenteil von dem, was sie sich unter einem attraktiven Mann vorstellte. Der schiere Gedanke, daß er sich irgendwelche Hoffnungen machen könnte, reizte sie zum Lachen.
     
    »Mattuschek?« Inge lachte spöttisch auf. »Mattuschek ist ein Arschloch. Malise haßt ihn.«
    »Und du?«
    »Ich versuche, mich nicht nerven zu lassen.«
    »Er bringt Schnecken um«, erzählte Kate schaudernd.
    »Solange es nur Schnecken sind …«
    Inge ließ den Satz in der Luft hängen und führte ein unvornehm großes Stück Apfelkuchen zum Mund.
    »Was willst du damit sagen?« fragte Kate.
    »Ach, nichts. Manchen Leuten traut man einfach alles zu. Mattuschek ist so einer. Findest du ihn nicht ekelhaft?«
    Kate schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht. Zu mir ist er wahnsinnig nett.«
    »Er prügelt seine Frau«, erzählte Inge nach dem nächsten Bissen weiter. »Aber welcher Mann tut das nicht.«
    Kate lachte auf. »Jetzt übertreibst du aber!«
    Inge ging nicht weiter auf das Thema ein.
    »Mmmh, köstlich, dein Kuchen!« lobte sie statt dessen. »Von wegen eingefallener Rand – der wollte doch nur, daß du ihn einlädst.«
    Sie saßen im Schatten einer Markise, Gustav wippte traumverloren in einem Schaukelstuhl und murmelte vor sich hin.
    »Ich muß die Mülltonnen noch rausstellen«, sagte er plötzlich aufgeregt und wollte sich aus dem Stuhl erheben.
    »Laß nur, Vater, der Müll wird erst Montag wieder abgeholt«, beruhigte ihn Inge und tätschelte liebevoll seine Hand.
    »Wie lange pflegst du ihn schon?« fragte Kate.
    »Seit dem Tod meiner Mutter. Er war immer schon zerstreut, aber seither ist es rapide schlimmer geworden. Seine Erinnerung ist ungefähr 1945 stehengeblieben. An die Zeit danach erinnert er sich wenig. Sein Kurzzeitgedächtnis funktioniert aber noch so einigermaßen.«
    Tatsächlich hatte der alte Herr Kate erkannt. Sogar ihren Namen wußte er noch, aber nicht mehr, wo sie sich kennengelernt hatten.
    »Ist es sehr anstrengend?« fragte Kate.
    Sie konnte sich absolut nicht vorstellen, ihren Vater bei sich aufzunehmen.
    »Es geht. Meine Ehe ist darüber kaputtgegangen. Aber ich habe festgestellt, ein Mann ist so gut wie der andere. Ehemann, Vater, eigentlich ist es egal.«
    »Na ja, nicht ganz, oder?« Kate lächelte verlegen.
    »Du meinst Sex?« fragte Inge unverblümt.
    Kate nickte, überrascht von dieser Direktheit.
    »Die wenigsten Leute haben Sex mit ihren Ehepartnern«, erklärte Inge sachlich. »Übrigens läßt das Bedürfnis mit zunehmendem Alter nach. Gott sei Dank, man spart so viel Zeit!« Sie grinste verschmitzt.
    Ein Rascheln ertönte. Mitten durch die Büsche, die Inges kleinen Garten vom Nachbargarten trennten, kam Rita, verheult und verrotzt, das Baby im Arm.
    »Kannst du bitte den Weg entlanggehen,

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