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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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ihre Hand hin wie einen toten Fisch.
    Ramona, die zweifellos eine blühende Schwangere war, ignorierte die Hand, sprang auf und küßte Kate rechts und links auf die Wangen.
    »Hallo, Kate! Ich freue mich so, daß wir uns endlich kennenlernen. Ich habe schon so viel von dir gehört.«
    »Sicher nur das Beste«, gab Kate bissig zurück.
    Sie nickte Bernd kurz zu und küßte Samuel, der mit seinen bandagierten Gliedmaßen und dem RundumKopfverband aussah wie eine Mumie. Auf seinem Bett türmten sich die Geschenke.
    »Weißt du, daß ich Patenonkel werden soll? Stell dir vor: erst dreizehn und schon Onkel – ist doch voll cool!« Samuel kicherte.
    Ramona sah Kate mit einem ängstlichen Ausdruck an. »Ich hoffe, du hast nichts dagegen?« fragte sie. »Wir haben lange überlegt, ob es dich kränken könnte.«
    Kate verkniff sich die unfreundliche Bemerkung, die ihr auf der Zunge lag.
    »Was sagst du dazu, Mam?« wollte Samuel wissen.
    »Oh, das ist ganz und gar deine Sache«, sagte Kate.
    Darauf könnt ihr lange warten, daß ich euch den Gefallen tue und weinend zusammenbreche, dachte sie grimmig und biß sich auf die Lippen.
    »Ich kann ihm das Radfahren beibringen«, überlegte Samuel.
    »Bist du sicher, daß es ein Junge wird?« fragte Kate.
    »Das wissen wir schon«, erklärte Bernd. »Er soll Tim heißen.«
    »Ah ja.« Kate räusperte sich.
    Plötzlich schwiegen alle gleichzeitig. Um die ungemütliche Stille zu durchbrechen, fragte Ramona betont munter: »Soll ich«Rush-Hour»mit dir spielen, Sammy?«
    »Samuel«, sagte Kate. »Er heißt Samuel.«
    Überrascht sah Ramona auf.
    »Laß doch«, sagte Bernd, und Kate fragte sich zum millionsten Mal, was sie an diesem Mann, mit dem sie mal verheiratet gewesen war, gefunden hatte.
    Sie sahen beide eine Weile zu, wie Ramona und Samuel spielten, ohne ein Wort miteinander zu wechseln.
    »Komm mit, Katie, ich möchte was mit dir besprechen«, sagte Bernd irgendwann und stand auf.
    Kate zuckte die Schultern und folgte ihm auf den Krankenhausflur. Sie setzten sich in die Besucherecke, die aus ein paar wenig einladenden orangefarbenen Plastikstühlen und einer Zimmerpalme bestand.
    »Ich wüßte gerne, wie es bei euch jetzt weitergeht«, begann Bernd.
    Kate lächelte spöttisch. »Da geht’s dir wie mir – das wüßte ich auch gerne!«
    »Mach’s mir nicht so schwer«, bat Bernd, »es ist mir ernst. Wenn ich die Dinge richtig sehe, besitzt du derzeit eine abgebrannte Werkstatt und einen Haufen Schulden für dein Haus.«
    »Das siehst du völlig richtig.«
    »Ich … ich möchte euch gerne helfen. Ich habe das Gefühl, daß ich dir was schulde.«
    Kate lachte auf. »Das könnte man allerdings so sehen! Aber wie du weißt, will ich kein Geld von dir.«
    »Ich bewundere deine Haltung, Kate, aber sieh das Ganze bitte mal pragmatisch. Laß uns einfach sagen: Ich tue es nicht für dich, ich tue es für Samuel. Ich will, daß er in gesicherten Verhältnissen lebt.«
    Kate drehte müde eine ihrer roten Haarsträhnen um die Finger.
    Mein Gott, ja, es wäre eine Riesenerleichterung, wenn sie über ihren Schatten springen und ihren blöden Stolz vergessen könnte.
    Ohne Geld würde sie ihre Werkstatt nicht wieder aufbauen und kein neues Werkzeug anschaffen können.
    Sie würde sich einen Job suchen müssen: Verkäuferin, Putzfrau, was sich eben so bot. Damit würde sie nicht genügend verdienen können, daß es zum Leben reichte. Die Schulden würden ihr bald über den Kopf wachsen. Sie würde sich Geld leihen müssen, um die Zinsen zu zahlen. Es wäre eine Spirale ohne Ende.
    »Nein«, sagte sie mit fester Stimme, »ich schaffe es alleine.«
    Sie erhob sich, um in Samuels Zimmer zurückzugehen. Bernd hielt sie am Arm fest. Eindringlich sprach er auf sie ein.
    »Ich würde dir Unterhalt zahlen. Und ich würde dir ein Darlehen zur Verfügung stellen, damit du dir eine neue Werkstatt einrichten kannst. Im Lauf der Zeit kannst du mir immer soviel zurückzahlen, wie du übrig hast.«
    Plötzlich wurde Kate wütend. »Du denkst wohl, mit Geld sei alles zu regeln? Mit Geld könntest du Samuel über den Verlust seines Vaters trösten, mit Geld könntest du dein schlechtes Gewissen beruhigen? Irrtum! Dein Scheißgeld interessiert mich nicht, verstanden?«
    »Und warum hast du dann so ein Theater um die Lebensversicherung gemacht?« fragte Bernd aufgebracht.
    »Weil das mein Geld war, begreifst du nicht den Unterschied?« schrie Kate.
    »Du bist unverbesserlich!« schleuderte Bernd ihr entgegen,

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