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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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anwesend, und einer nach dem anderen drückte Oliver sein Mitgefühl aus. Einige von ihnen meinten dies sogar ehrlich, da sie sehr bestürzt auf seinen niedergeschlagenen Gemütszustand reagierten.
    Ein oder zwei verspätete Gäste wurden von dem stummen Burschen mit dem traurigen Gesicht hereingeführt, welcher für diese Aufgabe eingestellt worden war. Handschuhe und Ringe waren an die engsten Verwandten verteilt worden; ich hatte ein seidenes Hutband und Handschuhe aus Sämischleder erhalten, alles in schwarz. Gott wusste, was ich mit ihnen anfangen würde, da ich unfähig war, in meinem Herzen wahrhaften Kummer für die alte Hexe mit den schmutzigen Gedanken zu empfinden; nichtsdestotrotz wurde von mir erwartet, dass ich den Schein wahrte. Dies war freilich heuchlerisch, aber ich zog Trost aus der Tatsache, dass ich kaum das einzige Mitglied dieser Zusammenkunft sein konnte, welches solche Gefühle hegte. Tante Fonteyn war nicht die Art von Mensch gewesen, dessen Tod bei jemandem mit klarem Verstand tiefe und ehrliche Trauer hervorrufen würde ... da dachte ich plötzlich an Mutter und zog gerade rechtzeitig ein Taschentuch heraus, um meinen schmerzlich zuckenden Mund zu bedecken, damit ich den Leuten im Raum nicht ein zutiefst unpassendes, verräterisches Grinsen schenkte.
    Das Einzige, was mich ernüchterte, war das Wissen darum, dass ich einen Brief nach Hause schreiben müsste, um von den Neuigkeiten zu erzählen. Vater würde es schwer haben – nicht dass er es jemals leicht hätte – wenn Mutter erst vom Ableben ihrer Schwester erfuhr, die sie abgöttisch liebte. Indem ich dies überlegte, war es mir möglich, meine Rolle als Trauernder zu spielen. Ich nickte zur richtigen Zeit, murmelte die richtigen Dinge und versuchte ein waches Auge auf Oliver zu haben.
    Er war umringt von einer Meute von Verwandten und nicht besonders zugänglich für das, was sie zu ihm sagten. Elizabeth war bei ihm und tat ihr Bestes, um seine Interesselosigkeit auszugleichen. Oh, nun, niemand würde schlecht von ihm denken und es lediglich dem Kummer zuschreiben.
    Meine reizende Kusine Clarinda schlängelte sich durch die Menschengruppen, da sie seinetwegen die Rolle der Gastgeberin übernommen hatte. Ich konnte nicht behaupten, dass Schwarz ihr besonders gut stünde; heute Abend sah sie fast ebenso abgespannt aus wie Oliver. Obwohl sie deutlich munterer war als er, war ihre natürliche Lebensfreude hinter einer starren Maske der Trauer verborgen. Wir hatten uns zuvor formell begrüßt, wobei keiner von uns sich auch nur im Geringsten anmerken ließ, dass wir ein Geheimnis teilten. Ich vermutete in Anbetracht von Clarindas offensichtlichem Appetit auf willige junge Männer, dass unsere amouröse Begegnung in ihrem Gedächtnis recht bald verblasst war. Nicht, dass ich mich auf irgendeine Art gekränkt fühlte; Erleichterung würde meine Reaktion besser beschreiben, wenn sich diese Vermutung als wahr herausstellen sollte.
    Ich mischte mich ebenfalls unter die diversen Verwandten, schüttelte hier eine Hand, verbeugte mich dort vor einer Dame, aber es war unvermeidlich, dass ich schließlich bei einer Gruppe von Männern landete, welche sich mit leiser Stimme über die Tragödie unterhielten. Da es eigentlich sehr wenig gab, was man darüber sagen konnte, und da es als schlechte Manieren erachtet wurde, Böses über Verstorbene zu sagen, so sehr diese es auch verdient haben mochten, verlagerte sich das Gespräch bald hin zu politischen Dingen. Die entmutigenden Einzelheiten von General Burgoynes Kapitulation standen mittlerweile in allen Zeitungen, und die Männer hier hatten sich in den Kopf gesetzt, dass ich ihnen mehr erzählen konnte, als das, was von der Presse veröffentlicht worden war. Aber da ich mit meinen Gedanken bei Olivers Problemen war, hatte ich kein Interesse daran, heute Abend die Situation in den Kolonien zu diskutieren.
    »Vergeben Sie mir, meine Herren, aber ich weiß nicht mehr als Sie durch ihre Zeitungslektüre«, meinte ich in dem Versuch, sie abzuspeisen.
    »Aber Sie kommen aus der Gegend, aus New York«, beharrte einer meiner zahlreichen Fonteyn-Vettern.
    »Ich komme von Long Island, und dies liegt so weit von Saratoga weg, wie London von Plymouth – und die Straßen dazwischen sind wesentlich schlechter.«
    Mit dieser Bemerkung erntete ich dezentes Gelächter.
    »Aber Sie befanden sich nicht sehr weit von den Kämpfen entfernt, wenn Olivers Berichten Glauben geschenkt werden kann.«
    »Ich befand mich

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