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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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sie die Torheit, den Irrgarten zu besuchen, um ihrer selbst willen genossen hatte. Auch dies gestattete ihr Temperament nicht.
    Außerdem hatte der Wind in jener Nacht fast so heftig und schneidend geweht wie jetzt. Sie hatte einen wirklich guten Grund gebraucht, die Behaglichkeit eines Feuers aufzugeben, um sich nach draußen zu begeben.
    Wollte sie jemanden für ein privates Gespräch treffen? Aber warum dann im Irrgarten, wenn es im Hause der Bolyns eine große Anzahl warmer Räume gab, welche Platz für eine vertrauliche Unterhaltung boten? Und was gab es zu besprechen? Mit wem?
    Meine Überlegungen waren nichts Neues; zahlreiche andere Leute hatten sich sowohl vor als auch nach dem Begräbnis gegenseitig die gleichen Fragen gestellt, aber ohne eine zufriedenstellende Antwort zu finden. Der Klatsch im Fonteyn-Hause kam lediglich zu dem Ergebnis, dass es sehr mysteriös war.
    Aber alles war untersucht worden. Niemandem auf dem Maskenball war an diesem Abend aufgefallen, dass sie das Haus verlassen hatte und in den Garten gegangen war. Sie waren zu sehr mit ihren eigenen Vergnügungen beschäftigt gewesen, um auf eine unangenehme alte Frau Acht zu geben. Die Freundinnen, mit welchen sie den Ball besucht hatte, hatten ebenfalls nichts beizutragen; außerdem, wenn sie sich mit jemandem getroffen hätte, dann hätten sie sich doch mittlerweile gemeldet, nicht wahr? Aber wenn nicht, warum dann nicht?
    Himmel, ich hörte mich schon so schlimm an wie die ganzen alten Klatschbasen.
    Es war leicht für sie, Überlegungen anzustellen, leicht, sich zu fragen und darüber zu tuscheln, aber viel schwerer, zu –«
    Was, zum Teufel, war dies?
    Ein ganzes Stück vor mir befanden sich die Tore zum Grundstück. Sie waren weit geöffnet, und auf beiden Seiten waren Fackeln angebracht, um den Eingang zu kennzeichnen. Ihre Flammen waren inzwischen fast völlig heruntergebrannt.
    Wären meine Augen nicht so gut an die Dunkelheit angepasst gewesen, hätte ich die Gestalt vollkommen übersehen. Es war ein Mann, fast unsichtbar durch seinen dunklen Umhang. Er stand im Schatten – oder dem, was für alle anderen wohl als Schatten erschien – und seine Haltung gab zu erkennen, dass er auf jemanden wartete.
    Ein Straßenräuber? Diese Leute operierten für gewöhnlich innerhalb des engen Straßengewirrs der Stadt, wo die Ausbeute reicher war, statt hier im Westend, wo die großen Häuser auf ihren eigenen weitläufigen Grundstücken standen.
    Dann kam mir der Gedanke, dass es vielleicht ein Medizinstudent sein könnte, der gekommen war, um zu Studienzwecken eine Leiche zu stehlen. Oliver hatte mir Unmengen von schauerlichen Geschichten über die Schwierigkeiten anatomischer Forschungen erzählt. Einige hatten so dringenden Bedarf an Exemplaren, dass sie, wenn sie keinen Leichnam von Tyburn bekommen konnten, für ihre Bedürfnisse auf Diebstahl zurückgriffen. Großer Gott, es wäre grausam, wenn Tante Fonteyn als Leichnam irgendwo auf einem Seziertisch enden würde. Ich hatte sie nicht gemocht, aber sie verdiente etwas Besseres als dies.
    Als ich zu diesem Schluss gekommen war – und es erschien mir wahrscheinlich, angesichts der späten Stunde und der Tatsache, dass es die Beerdigung in der breiten Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen worden war – überlegte ich, wie ich am besten mit der Situation umgehen sollte. Ich konnte nur einen einzigen Mann sehen, und obwohl einer allein keine Schwierigkeiten hätte, die Leiche fortzutragen, konnte ich die Möglichkeit nicht unberücksichtigt lassen, dass auch Komplizen anwesend waren. Die makabere Natur einer so verbrecherischen Handlung wie der Grabräuberei gebot es, dass der Dieb zumindest einen Freund mitbrachte, der ihm Mut machte.
    Ich behielt mein Schritttempo bei und gab vor, den Kerl nicht zu sehen. Mittlerweile musste er mich bemerkt haben, aber er machte keinerlei Anstalten, sich besser zu verbergen. Ich hatte damit gerechnet, dass er dies tun würde, wenn ich mich ihm näherte. In diesem Moment beschloss ich, auf ihn loszustürzen, um wegen seines unerlaubten Eindringens mit ihm abzurechnen.
    Aber er schien weiterhin zu warten. Vielleicht handelte es sich bei ihm doch um einen Straßenräuber oder um einen Wegelagerer, der hinter den Toren nach Schutz suchte und auf einen späten Reisenden wartete, welcher auf der Straße vorbeikam, und den er berauben konnte. Ich öffnete den Verschluss an meinem Stock und machte mich bereit, die verborgene Klinge blankzuziehen. Es gibt nichts

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