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Der maskierte Tod

Der maskierte Tod

Titel: Der maskierte Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pat N. Elrod
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»Dürfte ich den Namen dieser Dame erfahren, der ich ebenfalls Dank schulde?«
    »Ich gab ihr mein Wort, dass ich jederzeit diskret sein würde. Ich bin mit meiner Ehre an dieses Versprechen gebunden.«
    »Ihr feinen Herren mit eurer Ehre.« Sie seufzte ein wenig spöttisch. »Aber ich verstehe, dass dies eine weise Maßnahme ist. Dürfte ich darum bitten, dass du mir versprichst, sie auch auf uns anzuwenden?«
    Was es auch immer für Unterschiede zwischen Nora und Clarinda gab, ihr Bedürfnis nach Diskretion war dasselbe. Ich fragte mich, ob dieser Wesenszug auf alle Frauen zutraf. Es schien mir wahrscheinlich. Ich versprach es ihr bereitwillig, was das Gemüt der Dame beruhigte und mir gleichzeitig einen sehr legitimen Grund gab, Nora diese Episode nicht anzuvertrauen.
    Clarinda zog ein Taschentuch hervor und tupfte mein Gesicht ab, wo Spuren ihres Puders und ihrer Schminke zu erkennen waren, und bot es mir dann für andere mögliche Stellen an, an denen eine Reinigung erforderlich war. Mit amüsierter Bewunderung registrierte ich ihre weise Voraussicht, da es sich bei ihrem Geschenk um ein einfaches Leinentuch ohne Initialen handelte.
    »Werden wir uns bald wiedersehen, liebe Kusine?«, fragte ich hoffnungsvoll. Ich war wieder auf die Beine gekommen und knöpfte meine Kniehose zu.
    Sie strich den Faltenwurf ihrer Röcke glatt. »Vielleicht nicht sehr bald. Wir leben hier in London, verstehst du, so weit von Cambridge entfernt.«
    »Wie enttäuschend, aber sollte ich einen freien Tag haben ...«
    »Dann müssen wir auf jeden Fall einen Besuch arrangieren. Natürlich können wir uns nicht bei mir daheim treffen. Mein Ehemann ist dort, und die Bediensteten werden tratschen.«
    »Ehemann?«, piepste ich.
    »Es wäre mir lieber, wenn er es nicht erführe. Ich bin sicher, wir können uns etwas ausdenken, wenn die Zeit kommt.«
    »Ja, ich bin sicher, das können wir«, meinte ich vage, indem ich den Staub abklopfte, welcher sich möglicherweise noch an meinen Knien und meinem Hinterteil befand.
    Ehemann, dachte ich in einem Anflug von Panik. Ich habe soeben Ehebruch begangen.
    Es war so leicht geschehen, so schnell. Eigentlich hätte das Brechen eines der zehn Gebote durch eine Art von Donnerschlag in der Seele begleitet werden sollen. Es hatte kein Anzeichen dafür gegeben. Nichts. Ich fühlte mich verraten. Würde Gott es mir übel nehmen, dass ich es unwissend getan hatte? Wahrscheinlich nicht. Meine Kenntnis der biblischen Gesetze hinsichtlich dieses Punktes war verschwommen, aber Er würde dies gewiss tun, wenn ich die Sünde wissentlich wiederholte.
    Clarinda war in heiterer Stimmung, und ihr schienen meine Schuldgefühlen nicht bewusst oder völlig egal zu sein. Ich war für sie einer von vielen, eine glückliche Erinnerung. Wir trennten uns freundschaftlich voneinander. Ich blieb noch eine Zeit lang in diesem kalten Wohnzimmer und lief langsam im Kreis herum, wobei mein Weg meine Gedanken widerspiegelte, denn auch diese drehten sich im Kreise.
    Warum war ich so beunruhigt? Vater hatte eine Geliebte. Ich hatte die anderen Burschen offen über ihre Freundinnen reden hören, und einige von ihnen hatten Geliebte, welche ihrerseits verheiratet waren. Es war ein üblicher Brauch, dass er normal und richtig schien. Aber was für sie richtig war, war für mich auf eine Weise falsch, welche ich noch nicht genau bestimmen konnte. Mit Nora zusammen zu sein, war eine Sache, da niemand von uns beiden verheiratet war. Aber Clarinda beizuwohnen – oder irgendeiner anderen Frau, die zu einem anderen Mann gehörte – war etwas ganz anderes. Es beunruhigte mich zutiefst.
    Ich fühlte mich nicht nur verraten, sondern gleichzeitig auch recht töricht. Wenn ich ursprünglich angenommen hatte, dass sie Kinder hatte, warum hatte ich dann nicht bedacht, dass für diese auch ein Vater existierte?
    Ich legte auf der Stelle einen Eid ab, dass ich, egal wie angenehm erregt ich von einer Frau auch immer wäre, zuerst bestimmen würde, ob sie ungebunden war oder nicht, bevor ich mich auf eine Handlung einließ, welche ... später Probleme verursachen konnte. Für uns beide. Für uns alle, dachte ich, womit ich die Ehemänner einschloss. Ich hegte nicht den Wunsch, erneut diese merkwürdige, schleichende Leere zu spüren. Clarinda und andere waren vielleicht in der Lage, damit zu leben; ich konnte dies nicht.
    Mein Gott, das Leben war voller Überraschungen.
    Damals war ich sehr jung gewesen und noch recht unerfahren in den Angelegenheiten

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