Der Matarese-Bund
Unterkunft und Verpflegung. Warum fragen Sie?«
»Angenommen, ich würde jetzt sagen, daß ich Ihnen zehntausend Dollar bezahle, wenn Sie ein Flugzeug nach Washington nehmen und mir eine andere Röntgenaufnahme bringen. Bloß einen Umschlag mit einer Röntgenaufnahme.«
Der Neger zupfte an seinem kurzen Bart. Seine Augen musterten Scofield, als sähe er einen Geistesgestörten an. »Angenommen? Ich würde sagen ›immer zu, nur her damit.‹ Zehntausend Dollar?«
»Sie hätten dann mehr Zeit für Ihre Tertiär-Kinetik.«
»Und nichts Illegales daran? Eine gerade Sache – ich meine, wirklich gerade?«
»Um es auch nur entfernt als illegal zu betrachten, soweit es Sie betrifft, müßten Sie viel mehr wissen, als irgend jemand Ihnen sagen würde. Das ist ganz gerade.«
»Ich bin nur ein Bote? Ich fliege nach Washington und bringe Ihnen einen Umschlag… mit einer Röntgenaufnahme?«
»Vielleicht mit ein paar kleinen Röntgenaufnahmen. Das ist alles.«
»Röntgenaufnahmen wovon?«
»Von Joshua Appletons Mund.«
Es war halb zwei Uhr nachmittags, als Bray in die Bibliothek an der Boylston Street kam. Sein neuer Freund, Amos Lafollet, nahm die 14-Uhr-Maschine nach Washington und würde mit der 20-Uhr-Maschine zurückkommen. Scofield würde ihn am Flughafen abholen.
Es war nicht schwierig gewesen, die Röntgenaufnahmen zu besorgen; jeder, der sich in der Bürokratie Washingtons auskannte, hätte sie sich beschaffen können. Bray tätigte zwei Anrufe, den ersten beim Kongreß-Verbindungsbüro, den zweiten bei dem betreffenden Zahnarzt. Der erste Anruf kam von einem gestreßten Assistenten eines populären Kongreßmannes, der an einer Zahnfistel litt. Ob das Verbindungsbüro dem Assistenten den Namen von Senator Appletons Zahnarzt beschaffen konnte?
Der Senator hatte dem Kongreßabgeordneten gegenüber die hervorragende Arbeit des Mannes gelobt. Das Verbindungsbüro lieferte den Namen.
Der Anruf bei dem Zahnarzt war eine Routineprüfung der Administration, ganz Bürokratie, ohne Substanz, morgen vergessen. Die Administration sammelte Belege für zahnärztliche Verrichtungen an Senatoren; irgendein Idiot an der K Street vermißte eine Röntgenaufnahme. Würde die Sprechstundenhilfe so nett sein und Appletons Aufnahmen herausholen und sie für einen Boten der Administration bereitlegen? Die Aufnahmen würden in vierundzwanzig Stunden zurückgegeben werden.
Washington lief auf hohen Touren; es war einfach nicht genug Zeit, um alle Arbeit zu erledigen, die getan werden mußte; diese Routineprüfungen der Administration waren eigentlich unzulässig. Sie waren lästig; man kam diesen Wünschen auch nur widerwillig nach, kam ihnen aber jedenfalls nach. Appletons Röntgenaufnahmen würden bereitgelegt werden.
Scofield sah im Katalog der Bibliothek nach, nahm den Lift ins Oberstockwerk und ging den Korridor hinunter, bis er zu Journalistik – Mikrofilm kam. Er trat an die Theke am Ende der Halle und sagte zu dem Angestellten dort: »März und April 1954 bitte. Den Globe oder den Examiner, was da ist.«
Er bekam acht Kassetten mit Filmen; der Angestellte wies ihm eine Zelle zu. Er legte die erste Spule ein.
Im März 1954 waren die Bulletins, die sich mit Joshua Appletons – »Captain Josh« – Zustand befaßten, auf die Hinterseiten gewandert; um diese Zeit lag er seit zwanzig Wochen im Krankenhaus. Aber man ignorierte ihn nicht. Die berühmte Krankenwache wurde in allen Einzelheiten berichtet. Bray schrieb sich die Namen einiger Leute auf, die man interviewt hatte; morgen würde er wissen, ob er mit dem einen oder anderen von ihnen Verbindung aufnehmen mußte.
21. März 1954
JUNGER ARZT STIRBT AN GEHIRNBLUTUNG
Der kurze Bericht war auf Seite sechzehn zu finden. Daß der Chirurg Joshua Appleton behandelte, war nicht erwähnt.
26. März 1954
DREI SCHWESTERN VON MASS. GEN'L
BEI BOOTSUNFALL UMS LEBEN GEKOMMEN
Der Bericht hatte seinen Platz in der linken unteren Ecke der Titelseite gefunden, aber auch hier war jeder Hinweis auf Joshua Appleton unterblieben. Das wäre auch höchst seltsam gewesen; die drei teilten sich in eine Vierundzwanzigstundenschicht. Wenn sie in jener Nacht alle in Marblehead waren, wer hielt dann am Krankenbett Appletons Wache?
10. April 1954
BOSTONER STIRBT BEI SKITRAGÖDIE IN GSTAAD
Er hatte es gefunden.
Der Bericht stand – natürlich – auf der Titelseite unter einer Balkenüberschrift und war so geschrieben, daß er gleichzeitig Sympathie erweckte und den tragischen Tod eines
Weitere Kostenlose Bücher