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Der Meisterdieb und seine Feinde

Der Meisterdieb und seine Feinde

Titel: Der Meisterdieb und seine Feinde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Tür.
    Klößchen — damit beschäftigt,
sich anzuziehen — nickte. Ihm war nicht geheuer.

11. Meurich rastet aus
     
    Fabian Meurich — der schon in
den Knien federte für den bevorstehenden Karrieresprung — sorgte an diesem
Abend dafür, dass sich die Ereignisse überstürzten.
    Kaum, dass er im Parkhaus die
Unterlagen über seinen Konkurrenten Niermeier erhalten hatte — für 5000 Euro,
händigte er das Material seinem Chef aus.
    Dr. Gittl, der Chef des
Gittl-Konzerns, blieb oft bis Mitternacht im Büro. Er gehörte zu jener Sorte
Unternehmer, die am liebsten alles selber macht, nur unwichtige Aufgaben
anderen zur Erledigung zuleitet. Gittl war von Jasagern und Befehlsempfängern
umgeben. Lediglich die Leiter seiner Abteilungen trafen eigene Entscheidungen.
    Ein solcher hoffte Meurich nun
zu werden — zumal Niermeier für den ersehnten Job nicht mehr geeignet war: mit
diesem Krankenblatt. Jetzt saß Meurich vor dem wuchtigen Schreibtisch des
Chefs, rückte an seiner Hornbrille und bemühte sich um eine teilnahmsvolle
Miene. Es sollte ausdrücken, er empfinde Mitgefühl für seinen Rivalen.
    „Als Mensch tut mir Niermeier
Leid“, sagte Meurich. „Als Konkurrenten sehe ich ihn so: Er hat zwar die
gleichen Qualifikationen wie ich. Aber er ist krank und ich bin gesund.“
    Dr. Gittls Cäsarengesicht
zeigte keine Reaktion. Im Konzern galt das als schlechtes Zeichen. Denn im
Allgemeinen hatte der Chef eine lebhafte Mimik.
    Gittl griff zum Telefon.
„Beate, verbinden Sie mich mit Professor Werch.“
    Beate Lomberg, eine
Endfünfzigerin, hütete als Chefsekretärin seit unendlichen Zeiten sein
Vorzimmer und lebte nur für diesen Job. Wenn der Chef bis Mitternacht
arbeitete, blieb auch sie auf ihrem Posten.
    Zu Meurich sagte Gittl: „Werch
ist mein Hausarzt.“
    In den Hörer sagte er:
„Hartmut, ja, ich bin’s. Ich rufe an wegen des Einbruchs bei dir. Der Täter
soll sich in deiner Patientendatei umgesehen haben. Wie? Aha! — Ist ein gewisser
Jens Niermeier dein Patient?“
    Gittl lauschte, verabschiedete
sich und legte auf.
    „Tja, Meurich, da hat man Sie
wohl aufs Glatteis geführt. Bei Werch war kein Einbruch. Seine Datei wäre auch
gar nicht zu knacken. Und einen Patient namens Niermeier hat er nicht.“
    Eine Weile starrte Meurich vor
sich hin. „Wer hat mir das eingebrockt? Ich sollte mich blamieren.“
    „Und blamiert haben Sie sich.
Es kam Ihnen so gelegen, dass Sie nicht mal überprüft haben, ob an der Sache
was dran ist. Dieser Ausdruck hier ist eine plumpe Fälschung.“ In Gittls Blick
konnte Meurich lesen, wie es hier im Hause um seine Zukunft bestellt war.
     
    *
     
    Die Tiefgarage war leitenden
Angestellten vorbehalten. Leuchtröhren verbreiteten kaltes Licht. Nur noch
wenige Fahrzeuge parkten. Jens Niermeier war 34 und etwas füllig. Aber sein
rundes Babygesicht täuschte. Er war ehrgeizig, ein Arbeitstier und traf gern
Entscheidungen.
    Mit dem Fernbedienungsschlüssel
hatte er seinen Wagen geöffnet. Auch die Innenbeleuchtung ging an. Als
Niermeier einsteigen wollte, spürte er die Bewegung hinter sich. Atem traf sein
Genick. Niermeier drehte sich um.
    Meurich hatte glasige Augen.
Die sonst stets glatt gekämmten Haare hingen ihm ins Gesicht. Er roch nach
Alkohol.
    „Fein... eingefädelt,
Niermeier“, stieß.er hervor. „Aber... das weise ich dir nach. Ich... bin noch
nicht aus dem Rennen.“
    „Wie? Was ist los? Wie reden
Sie mit mir, Meurich! Mann, Sie sind ja betrunken.“
    „Dreckskerl!“

    Meurich torkelte einen Schritt
auf ihn zu und schleuderte die Faust als wilden Schwinger.
    Niermeier war ein Schreibtisch-
und Sesseltyp — ohne Körperbewusstsein und Reflexe. Er reagierte nicht, wich
nicht aus — und der Hieb traf ihn seitlich am Kiefer.
    Der Mann stürzte hintenüber.
Mit dem Hinterkopf schlug er auf den Betonboden.
    Drei Monate würde es dauern,
bis sich Jens Niermeier von der schweren Verletzung erholte.
    Meurich verharrte benommen. Er
stierte auf den Bewusstlosen, als könnte er’s nicht fassen.
    In diesem Moment trat Beate
Lomberg aus dem Lift.

12. Kein Taxi zu kriegen
     
    Gaby saß an ihrem kleinen
Schreibtisch, hatte Französisch gebüffelt, klappte jetzt die Schulbücher zu und
stellte das Radio an. Seichte Musik, na ja. Oskar lag in seinem Körbchen,
schnarchte, öffnete aber ein Auge und beobachtete sein Frauchen.
    Im Flur klingelte das Telefon.
    Gaby seufzte. Sie war allein in
der Wohnung. Gabys Mutter nahm zurzeit teil an einem Yogakurs

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