Der Menschen Hoerigkeit
sie war dicht an die Kathedrale angebaut; die Nebengebäude wurden von der zur Kathedrale gehörenden Geistlichkeit bewohnt, mit Ausnahme eines Hauses, in dem einige Lehrer untergebracht waren, und zum Bauen fehlte es an Platz. Aber Mr. Perkins heckte einen raffinierten Plan aus, auf welche Weise Raum zu schaffen wäre, um die Schule um das Doppelte zu vergrößern. Er wollte Knaben aus London anlocken. Der Umgang mit den kentischen Jungen würde ihnen guttun, und diese wieder würden durch die aufgeweckten Städter ein wenig aus ihrer ländlichen Schwerfälligkeit aufgerüttelt werden.
»Das widerspricht allen Traditionen«, rief Sighs, als Mr. Perkins ihm seine Absicht auseinandersetzte. »Bisher haben wir alles getan, um unsere Knaben vor den verderblichen Einflüssen der Londoner Jugend zu bewahren.«
»Unsinn«, sagte Mr. Perkins.
Eine solche Abfertigung hatte der Lehrer noch nie erfahren, und er erwog eben eine schneidende Antwort, mit versteckter Anspielung auf Kramläden und dergleichen, als Mr. Perkins zu dem unerhörtesten aller Angriffe gegen ihn ausholte.
»Sagen Sie mal: Wäre es Ihnen nicht möglich, sich zu verheiraten? Dann könnten wir das Nebengebäude, das Sie bewohnen, um ein paar Stockwerke höher machen lassen und hätten Schlafräume und Studierzimmer, so viel wir brauchen. Und Ihre Frau könnte helfen, die Jungen zu betreuen.«
Der ältliche Geistliche schnappte nach Luft. Heiraten? Er sollte heiraten? Er war siebenundfünfzig Jahre alt. Mit siebenundfünfzig Jahren heiratete man nicht mehr. Überdies hatte er keine Lust, in seinem Alter die Leitung eines Internatshauses zu übernehmen. Nein – wenn er vor diese Wahl gestellt wurde, zog er sich lieber auf eine Landpfarre zurück. Er wollte seinen Frieden haben.
»Ich denke nicht daran zu heiraten«, sagte er.
Mr. Perkins schaute ihn mit seinen dunklen, leuchtenden Augen an, und wenn ein belustigtes Zwinkern in ihnen aufblitzte, bemerkte es der arme Sighs nicht.
»Wie schade! Könnten Sie nicht heiraten, um mir einen Gefallen zu tun? Es wäre mir eine große Hilfe, wenn ich beim Dekan und beim Kapitel beantrage, unser Haus umzubauen.«
Die unliebsamste Neuerung, die Mr. Perkins einführte, war seine Praxis, gelegentlich die Klasse eines anderen Lehrers zu übernehmen. Er bat darum wie um einen Gefallen, aber im Grunde konnte man es ihm nicht abschlagen, und wie Tar, oder eigentlich Mr. Turner, sagte, war es für alle Beteiligten entwürdigend. Ohne jegliche Warnung konnte er nach dem Morgengebet auf einen der Lehrer zutreten und fragen:
»Haben Sie etwas dagegen, wenn ich heute um elf die Sechste übernehme? Wir tauschen die Klassen, ja?«
Man wusste nicht, ob solche Überraschungen an anderen Schulen üblich waren – in Tercanbury jedenfalls hatte man sie bisher nicht gekannt. Die Resultate waren merkwürdig. Mr. Turner war das erste Opfer gewesen. Nachdem er seiner Klasse schonend mitgeteilt hatte, dass der Direktor die Lateinstunde abhalten würde, hatte er die letzten zwanzig Minuten der Geschichtsstunde darauf verwendet, die Stelle aus dem Livius zu wiederholen, bei der sie gerade angekommen waren, alles unter dem Vorwand, dass die Schüler jetzt Gelegenheit hätten, Fragen zu stellen, damit sie sich nachher nicht zum Narren machten. Als er jedoch wieder in die Klasse zurückkehrte und sich das Blatt ansah, auf das Mr. Perkins seine Bemerkungen geschrieben hatte, erwartete ihn eine Überraschung: Zwei der besten Schüler hatten sehr schlecht abgeschnitten, während andere, die sich noch nie hervorgetan hatten, gelobt worden waren. Er fragte seinen Primus, Eldridge, nach dem Grund.
»Mr. Perkins hat uns gar nicht übersetzen lassen. Er hat mich gefragt, was ich über General Gordon weiß.«
Mr. Turner sah ihn erstaunt an. Die Jungen hatten kein gutes Gefühl bei diesen ungewöhnlichen Fragen, und er musste ihrem schweigenden Missfallen beipflichten. Er sah nicht ein, was General Gordon mit Livius zu tun haben sollte. Später wagte er, eine Frage zu stellen.
»Eldridge war höchst verstimmt, weil Sie ihn gefragt haben, was er über General Gordon weiß«, sagte er zum Direktor und versuchte zu schmunzeln.
Mr. Perkins lachte.
»Ich sah, dass sie bei den Agrargesetzen des Gajus Gracchus angelangt waren, und ich wollte wissen, ob sie etwas über die landwirtschaftlichen Probleme in Irland wüssten. Aber alles, was sie über Irland wussten, war, dass Dublin am Liffey liegt. Daher wollte ich
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