Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman
Hemd, helle Hosen mit vielen Taschen und Sandalen mit Socken.
»Hallo. Ich heiße Jakob Refstrup. Ich glaube, ich habe wichtige Informationen in diesem Mordfall beim Fußballstadion.«
Wagner erwiderte den Händedruck, während er seine innere Kartei nach diesem Namen durchforstete.
|319| »Ich war Parkwächter am Tag des letzten Saisonspiels.«
Bingo. Da erschien der Name schon auf der Leuchttafel.
»Australien?«
Der Mann nickte.
»Ein phantastisches Land.«
Wäre es nach Wagner gegangen, er hätte auch in Timbuktu oder Kuala Lumpur gewesen sein können. Ihm war das egal.
»Kommen Sie hier entlang. Haben Sie die Zeitungen gelesen?«
Sie stiegen in den Fahrstuhl.
»Kein bisschen. Wir waren drei Wochen lang von der Zivilisation abgeschnitten, draußen im Outback, auf der Schaffarm meines Bruders. Ansonsten hätte ich mich doch schon viel früher gemeldet.«
Wagner registrierte seine innere Erregung, und vergessen waren Speiseröhre und Magensäure, als das Adrenalin durch seinen Körper gepumpt wurde. Er öffnete die Tür zu seinem Büro.
»Bitte sehr, treten Sie ein und setzen Sie sich. Möchten Sie einen Kaffee?«
Er schenkte zwei Becher aus der Kaffeekanne ein, die seit dem frühen Morgen auf der Warmhalteplatte gestanden hatte, trank ihn aber nicht.
»Sie haben also Informationen für mich?«
Der Mann nahm einen Schluck und konnte seinen Ekel kaum verbergen.
»Wenn ich gewusst hätte, was geschehen war, hätte ich mich selbstverständlich früher gemeldet. Aber wir sind erst gestern Abend nach Hause gekommen. Und da lag dann der Stapel mit Zeitungen … Meine Schwiegermutter. Sie hat Haus und Hund in der Zeit gehütet und feine, säuberliche Stapel gemacht … So ist sie nun einmal … Sehr gewissenhaft …«
»Sie waren also als Freiwilliger tätig an besagtem Sonntag?«, unterbrach ihn Wagner, bevor sich der Mann in der Beschreibung seiner Schwiegermutter verlor. »Was ist da passiert?«
Jakob Refstrup sah aus, als würde er in seinem Inneren einen Film zurückspulen.
|320| »Was ich mitbekommen habe, ist, dass Sie nach einem Mann suchen, der aussieht wie ein englischer Hooligan, mit Stiefeln und so. Und Sie gehen davon aus, dass er in der Nähe des toten Mädchens gesehen wurde.«
Wagner nickte und ermunterte ihn, weiterzuerzählen.
»Die Sache ist die, dass ich genau so einen Typen dort gesehen habe. Ich saß schon in meinem Auto und wollte nach Hause fahren. Ich glaube nicht, dass die mich bemerkt haben. Ich hatte das Fenster runtergekurbelt, weil das Wetter so schön warm war.
»Die?«
Refstrup nickte.
»Der Typ mit den Stiefeln hat sich mit einem großen dünnen Mann gestritten, der eine Kapuze aufhatte. Ich kann mich erinnern, dass ich das mit der Kapuze merkwürdig fand. Weil es eben überhaupt nicht kalt war.«
»Und wo standen die? Konnten Sie hören, worüber die beiden stritten?«
»Das war auf dem Parkplatz, wo später dann das Mädchen gefunden wurde. Die standen neben einem schwarzen Auto, einer Art Kastenwagen, Toyota Hiace oder so ähnlich, und es sah aus, als würde er dem langen Dünnen gehören. Es ging um Geld.«
»Geld? Und was haben die gesagt?«
»Der Stiefeltyp hat vom anderen Geld verlangt und damit gedroht, Informationen durchsickern zu lassen. So hat er das ausgedrückt: ›durchsickern lassen‹.«
»Können Sie die beiden näher beschreiben? Alter? Kleidung? Sprachen sie mit Akzent?«
»Jütländisch!«, versicherte Refstrup. »Die stammten hundertprozentig von hier. Keine Ausländer. Der Stiefelmann war nicht so groß, aber muskulös und eher vierschrötig. Der sah wirklich aus wie ein Hooligan, und ich glaube auch, dass seine Nase bestimmt häufiger gebrochen gewesen ist. War ganz plattgedrückt.«
»Und der andere?«
|321| Refstrup hakte zwei Finger in den Henkel des Kaffeebechers ein, hob ihn hoch, aber führte ihn nicht an die Lippen.
»Den habe ich nicht so deutlich sehen können. Ich kann mich nicht an sein Gesicht erinnern, aber wie gesagt: Er war sehr groß und schlaksig, eigentlich sogar furchteinflößend groß.«
»Konnten Sie einen Eindruck davon bekommen, was der Kleinere hätte ›durchsickern lassen‹ wollen?«
»Geschäftsmethoden war das Wort, das er benutzte. ›Eure Geschäftsmethoden.‹ Ich musste sofort an Mafiafilme und Erpressungen denken. Am liebsten hätte ich Vollgas gegeben und wäre da abgehauen. Aber ich hab mich nicht getraut, als die anfingen, einander zu drohen.«
Er lächelte entschuldigend.
»Um ehrlich zu
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