Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman

Titel: Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsebeth Egholm
Vom Netzwerk:
Arbeitskleidung abholten.
    Sie trat an das Regal mit den weißen Krankenschwesterkitteln und musste einige auseinanderfalten, ehe sie die richtige Größe gefunden hatte. Sie zog ihre Jacke aus, stopfte sie zwischen zwei Stapel und schob einen dritten davor. Die Pistole lag einen Moment schwer in ihrer Hand, bevor sie zusammen mit der Taschenlampe in der Kitteltasche verschwand. Dann lauschte sie hinaus in den Gang und schlich sich leise aus der Kittelzentrale.
    Etwas später begegnete sie einem Krankentransporter, der einen Anhänger zog, auf dem die verschiedensten medizinischen Hilfsmittel kreuz und quer übereinanderlagen, Rollstühle, Gehhilfen und Krücken, sie sahen aus wie die Stäbchen eines gigantischen Mikadospiels. Freundlich nickte sie dem Fahrer zu, der das Nicken erwiderte und an der nächsten Ecke abbog.
    Sie folgte exakt den codierten Anweisungen aus dem Buch. Gebäude um Gebäude passierte sie unterirdisch, sie musste an alte Sowjetfilme denken, in denen sich die Kommandozentralen für den Fall eines Atomkrieges immer unter der Erde befanden. Eingestiegen war sie bei Gebäude Nummer 10 und sollte bis Gebäude Nummer 4 gehen, das gegenüber vom Pathologischen Institut und der Krankenhauskapelle lag. Es fühlte |327| sich an, als würden sich die Gänge immer tiefer in die Erde graben, in ein versunkenes, geheimes Tal. Hätte sie einen Ball dabei gehabt, er wäre die ganze Zeit ohne ihr Zutun weitergerollt.
    Ihr begegneten noch zwei Krankenschwestern und ein Transporter, aber niemand hielt an oder stellte ihr Fragen. Und niemand bemerkte die Pistole, die ihre rechte Kitteltasche ausbeulte.
    Endlich erreichte sie Gebäude Nummer 4 und begab sich auf die Suche nach ihrem nächsten Haltepunkt. Es war kein Laut zu hören und keine Menschenseele zu sehen. Vielleicht war er gar nicht dort, oder aber die Angaben waren womöglich falsch. Allerdings ging sie davon aus, dass er bei der Verschlüsselung sorgfältig gewesen war, schließlich ging es um Leben und Tod.
    Ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass er vielleicht sogar wusste, dass sie kommen würde. Möglich war es, aber eigentlich ziemlich unwahrscheinlich.
    Sie musste trotzdem äußerst vorsichtig sein.
    Kurz darauf hatte sie gefunden, wonach sie suchte. Der Raum hatte eine extra breite Tür und war von einer grünen Kante gerahmt. »Kühlraum« stand an der Tür. Dort wurden die Toten aufbewahrt, die laut Gesetz sechs Stunden lang dort liegen mussten, bevor sie in die Kapelle gebracht wurden. Sie hoffte sehr, dass dort keine Leiche lag.
    Sie drückte den Griff herunter und schob die Tür auf. Der süßliche Geruch von totem Fleisch und beendetem Leben schlug ihr entgegen. Sie wollte das Licht einschalten, aber es funktionierte nicht. Nur die Lampen vom Gang warfen einen hellen Lichtkegel in den Raum. Ihr Blick fiel auf eine Bahre, auf der eine Gestalt unter einem Laken lag. Von der Decke hing eine Schnur, an der man ziehen konnte, falls man wider Erwarten doch nicht tot sein sollte. Reglos stand sie da und sah auf die verdeckte Leiche. Ein toter Mensch konnte niemandem etwas zuleide tun. Es waren die Lebenden, vor denen sie sich fürchtete.
    Sie benötigte einige Sekunden, um Mut zu fassen, die Tür hinter |328| sich zufallen und sich von der Dunkelheit verschlucken zu lassen. Sie tastete nach der Taschenlampe, aber ihre Hände zitterten so sehr, dass sie sie nicht gleich greifen konnte. Fassungslos registrierte sie eine Bewegung im Raum und spürte, wie sich die Gestalt auf der Bahre erhob. Der Schrei blieb ihr in der Kehle stecken.
    »Wenn du auch nur einen Laut von dir gibst, bist du tot.«
    Alle Muskeln ihres Körpers spannten sich an. Sie konnte es nicht sehen, wusste aber, dass sich der Tote zur vollen Länge erhoben hatte.
    Sie hörte das Laken zu Boden fallen.
    Die Pistole. Sie tastete in der Kitteltasche danach, aber die Augen des anderen hatten sich schon längere Zeit an die Dunkelheit gewöhnen können, und bevor sie handeln konnte, spürte sie, wie zwei kräftige Arme sie festhielten und jede Bewegung unmöglich machten. Dann spürte sie den Einstich in ihrer Schulter, schnell und routiniert, und sie merkte, wie sie zu Boden sank, merkte, dass er sie wie einen Sack hochhob und auf die Bahre legte, wo er noch kurz zuvor auf sie gewartet hatte. Dunkelheit wurde von neuer Dunkelheit bedeckt, als er das Laken über sie ausbreitete.
    »Verdammtes Luder. Ich wusste, dass wir uns mit einer wie dir nur Ärger einhandeln.«
    Sie erkannte die

Weitere Kostenlose Bücher