Der Messingmann
stofflicher Substanz - eine Idee, die sie anstößig fand. Als sie in dem Quartier, das ihr Jerusalem jüngst zugewiesen hatte, aus dem Bett stieg, blickte sie zu einem Monitor hinauf, der ständig auf Außenansicht eingestellt war, und sah dort sternenhellen Weltraum anstelle eines Planetensystems. Die Jerusalem war nicht mehr im Subraum.
»Jerusalem, was ist los?«, fragte sie.
Eine Pause trat ein, ehe die KI antwortete: »Und so beginnt es.«
»Verzeihung?« »Wir fahren nicht nach Masada. Wir nehmen jetzt Kurs auf einen Sektor des Weltalls, wo man die Quelle von so vielem entdeckt hat, was wir studieren.«
»Skellor wurde gefunden?«
»Nicht ganz, aber vielleicht können wir ihn dort einschließen.«
Abrupt spürte Mika erneut den Übergang, und als sie aufblickte, sah sie auf dem Monitor die ausdruckslose graue Wiedergabe des Subraums. Normalerweise verbrachten menschliche Fahrgäste und Besatzungsmitglieder die Zeit, in der ein Schiff abgetaucht war, im Kälteschlaf, aber an Bord der Jerusalembestand dringender Bedarf daran, alles über dieses Ding zu lernen, das möglicherweise die Polis umbrachte. Da Mika schon vier Stunden lang geschlafen hatte, eine für sie reichliche Menge, duschte sie jetzt, zog sich an und ging gleich auf den Hauptkorridor hinaus, um Kurs auf den Speisesaal zu nehmen. Obwohl Apparaturen in ihrer Unterkunft alles bereitstellen konnten, was sie zur Ernährung benötigte, nahm sie ihre Mahlzeiten stets anderswo ein. Im Speisesaal tauschten gleich-gesinnte Menschen Ideen aus und leisteten eine Menge der planerischen und kreativeren Arbeit. Als Mika den großen Raum mit den Tischen und Stühlen betrat, sah sie, dass Susan James, D’nissan und Prator Colver alle am gleichen Tisch saßen, und nachdem sie an einem der Speiseautomaten ihre Auswahl getroffen hatte, nahm sie ihr Tablett und gesellte sich zu ihnen.
Der Mann, Colver, stammte wie Mika auch aus dem Lebenskoven: eine stämmige Person mit hellbraunen Haaren, die zu unvermittelten Ausbrüchen von Enthusiasmus neigte und schon vor langer Zeit gelernt hatte, Fragen zu stellen. »Hast du es schon gehört?«, fragte er, als sie sich setzte. »Wir nehmen Kurs auf Ruby Eye.«
Mika blickte zu Susan James hinüber und zog eine Braue hoch.
»Das ist eine Forschungsstation im Orbit um einen roten Zwerg. Ist seit fünfzig Jahren dort-langfristige Forschungen«, erklärte diese.
Susan war Mensch vom Standardformat, die äußere Erscheinung beinahe eine weibliche Ausgabe von Ian Cormac, obwohl gewiss weniger tödlich. Mika wandte sich D’nissan zu, den kälteangepassten Schlangenadaptierten von Ganymed. Das Visier hatte er in den Halsring seines Wärmeanzugs abgesenkt, und er trank durch einen Strohhalm etwas, was nach einem kühlen Himbeergetränk aussah - und normalerweise zu heiß für ihn gewesen wäre. Seine Erklärungen fielen gewöhnlich kurz und treffend aus, weshalb er auch als Chefforscherjerusalems auftrat, wenn die Situation es rechtfertigte; in diesem Augenblick hatte er jedoch nichts zu sagen.
»Um Skellor zu erwischen«, stellte Mika fest.
»Es wäre fantastisch, die Quelle der Dschainatechnik in die Finger zu bekommen, die wir schon die ganze Zeit erforschen«, fand Colver. »Ich bin überzeugt, dass es Lenkmechanismen gibt, die wir noch gar nicht zu sehen bekommen haben.«
Jetzt stellte D’nissan kühl fest: »Das ist, als würde man Gifte studieren und sich dann wünschen, eine Schlange in die Finger zu kriegen.«
Mika fand das ein bisschen lächerlich, stammten die Worte doch von einem Mann mit Fangzähnen und einer Haut aus rautenförmigen Schuppen.
Er sah sie offen an. »Natürlich haben wir noch nicht alles gesehen, denn was wir haben ist nur eine … Schnittblume. Falls es Wurzeln schlagen und wachsen dürfte, dann wüssten wir vielleicht mehr.«
»Yeah, aber Skellor … er ist ein direktes Interface mit einer Kristallmatrix-KJ eingegangen«, sagte Colver ganz nebenbei.
»Ich würde gern mal Dschainatechnik in Aktion sehen«, sagte Mika.
»Hast du es noch nicht gehört?«, fragte Colver und unterbrach D’nissan, der gerade das Wort hatte ergreifen wollen. »Wir werden das zu sehen bekommen!«
Mika starrte D’nissan an.
»Der Asteroid«, erklärte dieser. »Er müsste ohnehin durch Implosionsgeschosse vernichtet werden. Warum ihn also nicht erst dafür benutzen, einige unserer Exemplare wachsen zu lassen?« »In rotem Sonnenlicht«, folgerte Mika. »Präzise«, bekräftigte D’nissan.
Mika wusste nicht
Weitere Kostenlose Bücher