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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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kühl.
    »Das ist unergiebig, ich werde nämlich bezahlt. Noch einen!«
    »Wir haben einen langen Flug vor uns«, sagte Elizabeth leise. »Sie sollten sich lieber nicht betrinken.«
    Mut hatte sie, das mußte Keller zugeben. Er sah immer wieder Souhas Gesicht vor sich, die großen braunen Augen voll unaussprechlichem Leid. Am liebsten hätte er diese Amerikanerin bei ihren blonden Haaren gepackt und geohrfeigt. Nur um auch sie weinen zu sehen.
    »Ich betrinke mich nie, Mademoiselle. Ich bin kein Amerikaner. Das ist der erste Aufruf für unseren Flug. Trinken Sie aus und kommen Sie.« Er nahm sie beim Arm. Sein Griff war so hart wie der eines Schraubstocks.
    Sie nahmen in der ersten Klasse Platz. Elizabeth wollte sich zuerst auf der anderen Seite des Mittelganges einen Einzelplatz sichern, aber er war dicht hinter ihr und schob sie in eine Reihe mit zwei freien Sitzen. Ohne eine Hand zu rühren, sah er zu, wie sie ihren Pelzmantel auszog. Er wartete, bis die Stewardeß den Mantel aufgehängt hatte, dann setzte er sich neben Elizabeth. Er schnallte den Sicherheitsgurt zu, zog die Zigarettenpackung aus der Tasche und bot sie ihr an.
    »Jetzt darf nicht geraucht werden«, sagte sie. »Das Lichtzeichen ist an.«
    »Ich bin kein erfahrener Weltreisender wie Sie«, sagte Keller. »Normalerweise fliege ich nicht erster Klasse, aber es ist sehr bequem.« Sie gab ihm keine Antwort. Es paßte ihr nicht, daß er neben ihr saß. Allein seine Gegenwart war so überwältigend, daß sie nicht übersehen werden konnte. Er füllte seinen Sitz aus und roch nach den vielen gerauchten Zigaretten. Seine Hand auf der Armstütze war kräftig und von Venen durchzogen. Sie mußte sich in acht nehmen, um diese Hand nicht zu berühren. Dabei dachte sie wieder an ihre Bemerkung gegenüber King. ›Ich möchte ihm nicht allein im Dunkeln begegnen.‹ Am liebsten wäre sie ihm überhaupt nicht begegnet, aber dafür war es jetzt zu spät. Die Boeing setzte sich in Bewegung und rollte zur Startbahn. Das Gebrüll der vier Turbo-Jets steigerte sich zu einem infernalischen Krescendo, als die schwere Maschine immer schneller wurde. Elizabeth schloß die Augen und verkrampfte ihre Hände auf dem Schoß. »Sie haben wirklich Angst.«
    Sie öffnete die Augen und bemerkte, wie er sie ansah. Sein Gesicht konnte unbewegt wie eine Maske wirken: keine Spur eines Lächelns, kein Ausdruck in den blaßblauen Augen.
    »Ist schon wieder in Ordnung, das kommt immer nur beim Start.«
    Die Maschine hatte abgehoben und schoß mühelos in den azurblauen Himmel hinauf. Dann hatten sie bereits die über Beirut schwebenden Winterwolken unter sich.
    Sie ließ sich von der Stewardeß ein Exemplar des Life- Magazin geben und versuchte zu lesen. Der Mann neben ihr hatte den Kopf zurückgelehnt und die Augen geschlossen. Er schien zu schlafen. Elizabeth las denselben Absatz zweimal und gab es dann auf. Sie konnte sich auf nichts konzentrieren. So viele Fragen gingen ihr durch den Kopf, aber es war niemand da, der sie beantworten konnte. Eddi King hatte leicht reden, wenn er sagte, sie sollte ihren Begleiter einfach nicht beachten, aber man kann nicht einfach zwölf Stunden lang neben einem Menschen sitzen und so tun, als sei er nicht vorhanden. Schon gar nicht neben diesem Mann. Seine Gegenwart wurde ihr auch dann bewußt, wenn er schlief.
    Wer war er überhaupt? Oder was war er? Warum ließ ihr Onkel ihn in die USA kommen? Die ganze Sache hatte so viele Widersprüche. Er paßte nicht in ihre Theorie vom Reklamerummel. Je mehr sie über ihn nachdachte, um so klarer wurde ihr, daß er zu einem ganz bestimmten Zweck in die Vereinigten Staaten kam – nur konnte sie sich wirklich nicht erklären, worin dieser Zweck bestehen mochte.
    Er schlief nicht. Er öffnete die Augen und sah sie an. Sie wurde unter diesem Blick verlegen. Normalerweise wurde sie von Männern ganz anders angesehen – nicht so, als risse man einem Schmetterling die Flügel aus, um zu beobachten, ob er sich dann noch bewegen konnte.
    »Ich kenne nicht einmal ihren Namen«, sagte Elizabeth. »Wie soll ich Sie nennen?«
    Da er mit dieser Frage nicht gerechnet hatte, zögerte er einen Augenblick mit der Antwort.
    »Manche Leute rufen mich einfach Bruno. Wie soll ich Sie ansprechen?«
    »Mein Name ist Elizabeth Cameron«, sagte sie. »Wahrscheinlich soll ich keine Fragen stellen, aber eines hätte ich gern gewußt: Warum fliegen Sie in die Vereinigten Staaten?«
    Zum erstenmal sah sie ihn lächeln.
    »Ich hatte

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