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Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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sich leer vor, die Inglesa war fort. Und mit ihr das wenige Geld, das sie besaßen. Jemand sah meinen Freund, wie er sich wütend und voller Verzweiflung im Dorf nach ihr erkundigte. Es heißt, er habe den Platz unter den knorrigen Pfefferbäumen überquert und Wasser aus dem Brunnen getrunken, um seinen Kater zu lindern. Schließlich sei er in Richtung Büro des Big Boss losmarschiert. Ihm blieb nichts anderes übrig, als an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren. Natürlich dachte er, sie sei unterwegs, um die Schiffe in diversen Häfen für mögliche Raubzüge auszuspionieren.
    Doch die Inglesa hatte einen Zug nach Copiapó genommen, war dort ausgestiegen, um sich zum Hafen von Caldera mitnehmen zu lassen, denn da lag angeblich die Natal Star . Wie könnte ich diesen Namen vergessen, Benito, wo ich diesen Dampfer doch schon als kleiner Junge bestaunt hatte. Mit dem geschwungenen Bug und der Einbuchtung für die Schiffsschraube am Heck stach er unter allen Klippern hervor, die den Salpeter nach Europa transportierten. Dorthin also begab sich die Inglesa auf der Suche nach ihrem früheren Geliebten, dem Gehilfen des dänischen Tauchers, der sie einst aus England hergebracht hatte. Doch sie konnte ihn nicht finden. Sie erfuhr lediglich, dass Ronals Natal Star inzwischen im Hafen vonCoquimbo eingelaufen war, weil man auf ein Ersatzteil wartete, das die Gesellschaft Braun & Blanchard von den Werften an der Themse aus schicken musste, und dass die Reparatur ungefähr ein Jahr brauchen würde. Ohne es sich zweimal zu überlegen, verließ sie Caldera noch am selben Tag. Ronal bot der Inglesa nicht nur sofort seine Hilfe an, sondern schlief mit ihr gleich in der Nacht.
    Unterdessen ertränkte Sofanor seinen Schmerz über das Verschwinden der Inglesa im Alkohol. Da er einiges hermachte, hatte er immer ein Mädchen an seiner Seite. Mal die Chola, mal die Cufina. Letztere war geradezu besessen von dem Gedanken, ihm seinen Revolver abzuluchsen. Er musste sehr viel wert sein, denn warum sonst sollte Sofanor ihn derart hegen und pflegen. Doch so sehr sie sich bemühte, es gelang ihr nie, die Waffe in die Finger zu kriegen, obwohl mein Freund sich damals in einem wenig geistesgegenwärtigen Zustand befand. Seinen Webley Mark anzurühren, war für Sofanor, als schnürte man ihm den Atem ab.
    Als Ronal nach jener Nacht, die er mit der Inglesa verbracht hatte, glücklich aufwachte und sich wunderte, dass die Geliebte sich im Bad übergab, behauptete sie, ihr sei schlecht von dem vielen Schaukeln geworden. Doch er wusste, wie zäh seine Freundin war und auch was sie mit dem alten dänischen Taucher angestellt hatte. Er war der Einzige, der ihre dunkle Vergangenheit kannte, und witterte nichts Gutes. Er sollte sich nicht täuschen. Tatsächlich hatte die Inglesa vorgehabt, ihm ihre Schwangerschaftanzuhängen, aber dann machten ihr die Hormone einen Strich durch die Rechnung, und ihr Bauch schwoll vor der Zeit an. Der Seemann stellte sie zur Rede, woraufhin sie ihm die Wahrheit gestand und ihn anflehte, bis zur Geburt ihres Kindes auf dem Schiff bleiben zu dürfen. Ronal zeigte sich großherzig, er trug ihr offenbar nie nach, welch üblen Streich sie ihm hatte spielen wollen. Stattdessen versteckte er sie in seiner Kajüte und sorgte während der gesamten Schwangerschaft für sie. In der Küche gab er vor, er habe hart gearbeitet, das gesamte Deck geschrubbt oder die Fenster der Bar geputzt und die der Kajüten dazu, um sich eine doppelte Ration zu verdienen. Es heißt, wenn er die nicht bekam, habe er nichts gegessen oder sich etwas aus einem in der Oberstadt von Coquimbo zwischen den Felsen gelegenen Laden besorgt. All das nur, um der Inglesa sein Essen zu überlassen. Der schwollen allmählich die Fesseln, die Wangen, die Brüste an, und in ihrem Bauch wuchs rasch das Baby. Bald verkündete Ronal allen, er sei verlobt und seine Frau erwarte ein Kind von ihm. Die Besatzung hieß sie voller Respekt und freundlich willkommen an Bord. Ihr gegenüber äußerte Ronal sich nur undeutlich und mit aller Vorsicht, aber es war klar, dass er sie zur Frau nehmen wollte, obwohl er sehr wohl wusste, wie gering die Aussichten waren, dass dieser Wunsch in Erfüllung ging.
    Zur selben Zeit reisten die ahnungslosen Strolche, die in den Minen arbeiten wollten, bei uns in Waggons an, die für den Viehtransport reserviert waren. Mit Stroh undSpuren von Kuhfladen im Haar stiegen sie aus, verwundert über die Sonne, die einen wahren Feuerregen ausgoss. Allein

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