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Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Schlüssel immer noch bei sich trug.
    »Sind Sie nicht die Frau von Ronal?«, fragte er dann.
    »Ja, Señor«, sagte die Inglesa pflichtschuldig.
    »Nun, die Kajüte Ihres Mannes befindet sich genau am anderen Ende des Schiffes«, sagte er streng.
    »Ja, Señor. Ich bin schon weg. Verzeihung.«
    Beim Verlassen der Kapitänskajüte suchte die Inglesa Halt an den Wänden. Die Krämpfe gingen ihr durch Mark und Bein, sie war schweißgebadet. Während sie ans andere Ende des Schiffes schwankte, rief der Kapitän die gesamte Mannschaft zu sich, um herauszufinden, wer bei ihm eingedrungen war. Niemand sagte etwas, denn es war ja keiner gewesen. Daraufhin verbot der Kapitän ihnen allen, am Abend in der Bar Karten zu spielen. Danach waren die Matrosen sich einig: Eine Frau an Bord bringt nur Probleme.
    So also erging es den Protagonisten deines Romans, Benito. In der Sekunde, als sie sich kennenlernten, war ihr Schicksal besiegelt. Es gefällt mir, wenn du über sie schreibst, über unser turbulentes Leben an einem Fleck auf dieser Erde, an dem es nichts gab außer uns und der Sonnenglut, die alles niedermachte. Es gefällt mir, wenn du über die Kumpel schreibst, die jetzt mit einem Fetzen Stoff über den Augen unter der Erde ruhen und mit ihrem Schnarchen die Erde erschüttern. Denn Schreiben ist eine Form, die verlorene Zeit zurückzugewinnen. Unddas tust du, indem du die Stimme dieses alten Geistes und die Tragikomödien meiner Flor, deiner Mutter Tita und meines Kameraden Sofanor rekonstruierst. Du bist der Enkel des Starrsinns, Benito. Wenn es also stimmt, dass du Schriftsteller werden willst, fahre fort damit.
    Das eigentlich Schöne in jenen Tagen waren die Schiffe, die scharenweise in Iquique und Tocopilla anlegten. Die Geschichte dieser Klipper ist interessant, vor allem, wie viele von ihnen schließlich auf dem Friedhof von Punta Arenas landeten. Täglich erschien einer mit neuer Flagge, um auf eine Ladung »weißen Goldes« zu warten, wie man es zu meiner Zeit nannte. Denn der chilenische Salpeter war hochbegehrt in den Teilen der Welt, die wir damals als die Staaten Uropas bezeichneten. Die Arbeit in den Salpeterwerken härtete die Pampinos ab, nach und nach trocknete ihnen der Mund aus, bis sie verstummten. Deshalb bewegten viele Kumpel auch kaum die Lippen beim Sprechen. An die Brosamen gewöhnt, die uns das Ausland hinwarf, erledigten wir immer die harte Arbeit; im Gegenzug sorgten die Ausländer dafür, dass die Schiffe voller Menschen zu uns kamen. Donnerwetter! Was für Riesen da kamen, an die zwei Meter groß, mit grünen oder blauen Augen. Aber auch für die Engländer wurde es schwerer. Um die Produktion zu steigern, mussten sie selbst die Ärmel hochkrempeln und in sackleinene Hosen steigen. Folglich verbrannten auch sie sich Schultern und Schnauze, und ihre Haut hing genauso in Fetzen wie bei den Strolchen aus dem Süden. Diese Schiffe brachtenden südamerikanischen Indios, unter anderem, lauter Prachtweiber ins Land. Riesige Blondinen, von der Sorte, dass man mit einem Lied auf den Lippen für sie zu sterben bereit ist. Unglaublich, Benito! Es gab Rothaarige mit flammendem Haar und Flachsblonde. Auch ein paar Mulattinnen waren dabei. Pferdchen jeglicher Couleur. Die Engländer verstanden es, weibliche Crews auszuwählen. Von den süßen Chinesinnen bekamst du gleich drei für einen Seeaal. Sie waren die billigsten, weil es am meisten von ihnen gab. Allerdings hätte ich nie gedacht, dass eine dieser Ausländerinnen Sofanors Werben jemals erhören würde. Und noch viel weniger, dass sie uns in ihr Haus einlassen würde, nachdem wir einen Laden ausgeraubt hatten. Doch dann war mein Freund tatsächlich einer der Ersten, der mit einer Ausländerin zusammenlebte und eine fremde Sprache erlernte. Der Inglesa gefiel das Abenteuer in der Wüste, ebenso gern nahm sie jedoch an den Partys teil, die die Bonzen auf den Schiffen veranstalteten. Es waren die besten Gelegenheiten, um zu spionieren und ihre Raubzüge vorzubereiten, von denen sie wusste, dass Sofanor sie, ohne mit der Wimper zu zucken, durchführen würde.
    Eines Nachts, die reich an Sternschnuppen war, wachte die Inglesa schweißgebadet auf der Natal Star neben Ronal auf. Entsetzt stellte sie fest, dass ihr zwischen den Schenkeln das Wasser nur so hinunterlief, und ließ einen spitzen Schrei hören. Ronal tastete schlaftrunken nach ihrem Bauch, als er aber bemerkte, dass das ganze Bett nasswar, richtete er sich kerzengerade auf. Er rannte ins Bad,

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