Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
Vom Netzwerk:
in inniger Umarmung einschlief, kam niemand heran. Unglücklicherweise lag Sofanor in jener Nacht, als man ihm die Hose entwendet hatte, genau vor dem Eingang des Chanchoquín – und wer fand ihn dort? Die Ojerosa! Vor Entsetzen schrie sie die ganze Straße zusammen, sie glaubte wahrscheinlich, er sei tot. Man erzählt sich, er habe auf ihr Gekreische hin ein Auge geöffnet und sie angestarrt, ohne zu bemerken, dass er halbnackt war, und noch reichlich Zeit gebraucht, bis er sich erhob. Wutentbrannt sei die Ojerosa dann in ihre Pension zurück, habe einen Besen geholt und meinem Freund gehörig den Hintern damit versohlt.
    »Du Schwein! Du Perverser!«, habe sie gebrüllt.
    Eine Zeitlang machten die Nachbarn sich lustig über die Wirtin. Irgendeinen gab es immer, der ihr zurief, wenn sie das Haus verließ: »Welche Farbe haben Sofanors Stiefel, Ojerosa?«
    Aber ich schweife ab. Sofanor kam also ins Arche Noah , um sich von mir Geld zu borgen, und ich gab es ihm. Hinter Flors Rücken, denn sie sah das nicht gern. Ich sagte ihm, so könne es nicht weitergehen, er müsse etwas aus seinem Leben machen, denn es sei ja denkbar, dass die Inglesa sich nie mehr blicken lasse. Tagsüber schuftete Sofanor beim Salpeterwerk, und nachts gab er sein Geld aus, um sich hemmungslos zu besaufen. Niemand bezweifelte mehr, dass der Mistkerl unter schwerem Liebeskummer litt. Dennoch war es den Bergarbeiternverboten, Alkohol zu trinken, und diese Regel setzten die Aufseher rigoros durch. Als Sofanor eines Morgens völlig betrunken am Arbeitsplatz erschien, verwehrte einer der Aufseher ihm den Einlass. Es heißt, Sofa habe weiter versucht, sich hineinzudrängen, während der andere ihn gewaltsam daran hindern wollte. Daraufhin fing mein Freund an, ihn zu beleidigen, und der Aufseher drohte, gegen ihn eine Strafe zu verhängen. Sofanor schwankte, fiel um, landete auf dem Boden und blieb dort sitzen. Bis sie anfingen, ihn auszulachen. Da stand er auf, zog den historischen Webley Mark von Luis Emilio Recabarren, zielte auf den Aufseher und drohte, ihm das Hirn wegzublasen. Der Aufseher erschrak und flehte ihn an, die Waffe wegzustecken. Kumpel, ich habe Familie und so. Dann, so heißt es, sei ein berittener Soldat gekommen, und Sofanor sei verschwunden wie der Wirbelwind in der Pampa.
    Die Inglesa bekam ebenfalls Probleme auf der Natal Star . Dank der Informationen, die sie im Pokerraum erhalten hatte, konnte sie die Kapitänskajüte ausfindig machen, die in der Tat verschlossen war. Man erzählt sich, sie habe eine Haarnadel aus ihrer Frisur gelöst, sie in das Schloss gesteckt und so die Sperre überwunden. Ihre Schlangenaugen ließen sich indes nicht blenden von alldem, was es dort zu sehen gab. Nur zu gerne hätte sie vieles davon eingesackt, aber sie konnte es sich nicht erlauben, Verdacht zu erregen; schon gar nicht, nachdem einige Matrosen ihren Argwohn geäußert hatten. Sie tastete mitder Hand unter der Matratze, inspizierte die Regale, blätterte in den Büchern. Viele Schubfächer waren ebenfalls mit einem Schloss versehen, was darauf hinwies, dass sie Wertvolles bargen. Als sie erneut zu ihrer Haarnadel griff, um so, wie Sofanor es sie gelehrt hatte, den Riegel beiseitezuschieben, spürte sie plötzlich einen heftigen Stich in der linken Seite. Sie musste sich hinsetzen und tief durchatmen, bevor sie wieder ans Werk gehen konnte. Sie war noch ganz damit beschäftigt, sich den Bauch zu halten und sich von Titas Tritten zu erholen, als sie hinter sich eine Stimme vernahm:
    »Was suchen Sie hier?«
    Der Kapitän hatte sie auf frischer Tat ertappt. Die Inglesa erschrak heftig, doch es gelang ihr, eine Engelsmiene aufzusetzen, als könnte sie kein Wässerchen trüben.
    »Verzeihung, ich habe mich verlaufen. Hier gibt es so viele Kajüten, und alle sind gleich, dass ich mich wohl im Gang geirrt habe, und plötzlich bin ich hier gelandet.«
    »Das ist unmöglich. Die Tür war abgeschlossen«, erwiderte der Kapitän ärgerlich.
    »Nein, Señor«, widersprach die Inglesa. Sie tat, als wüsste sie nicht, dass sie mit dem Kapitän der Natal Star sprach. »Sie war offen. Zumindest, als ich hereinkam. Ich habe nur aus dem Fenster geschaut. Das Meer sieht von hier einfach wunderschön aus. Aber ich habe mich weder ins Bett gelegt, noch sonst was …«
    »Ich könnte schwören, dass …«, brummte der Kapitän und machte ein paar Schritte durch den Raum. Er sahsich um, stellte fest, dass alles in Ordnung war, und vergewisserte sich, dass er die

Weitere Kostenlose Bücher