Der mieseste Liebhaber der Welt
schnitzt, als sich mit
mir
einzulassen?«
Das entlockte Frank immerhin ein kurzes Lächeln.
»Das liegt nicht an Ihnen«, antwortete er schließlich, »aber Sie werden ihr schon einen eigenen Trailer mit Aircondition und
einer Sambakapelle an den Strand stellen müssen, bevor sie überhaupt nach Ihrem Namen fragt.«
»Du meinst, mit Persönlichkeit und gutem Aussehen geht da nichts?«
Frank schaute mich amüsiert an.
»Doch,
das
könnte natürlich auch funktionieren.«
»Na gut, ich ziehe den letzten Satz zurück!«, antwortete ich und zuckte mit den Schultern. »Ich schaue schon mal, wo ich so
einen Trailer herbekomme.«
»Sie unterschätzen uns«, sagte da eine Stimme neben mir, »und Sie haben keine hohe Meinung von sich, wenn Sie das wirklich
glauben.«
Ich drehte mich um und blickte in das amüsierte Gesicht einer etwa 3 5-jährigen Frau, die mich vergnügt anlächelte. Sie war attraktiv auf eine erwachsene, gediegene Art und Weise. Sie trug ein schlichtes
schwarzes Kostüm und elegante High Heels. Ihre schulterlangen braunen Haare schwebten offen über ihren gebräunten Schultern,
ihr dezent geschminktes Gesicht verriet eine gewisse Noblesse. Hier kamen Universitätsausbildung und zwei, drei sonnige Urlaubstrips
im Jahr zusammen.
»Entschuldigen Sie bitte, dass ich einfach so in Ihre Unterhaltung platze«, sagte sie und lächelte uns freundlich, aber zurückhaltend
an, »ich habe mir erlaubt, ein paar Sätze mit anzuhören.«
»Kein Problem«, antwortete ich und ergänzte überflüssigerweise, »wir sprechen ja nur über Julia Roberts.«
»Wie so ziemlich alle Zeitungen und Männer in dieser Stadt«, gab sie spöttisch zurück. »Ich bin jetzt seit zwei Tagen hier
und habe schon den Eindruck, ich sei mit ihr aufgewachsen.«
»Sie würden anders sprechen, wenn Tom Cruise hier wäre.«
»Tom wer?«
Ich blickte sie erstaunt an.
»Wissen Sie wirklich nicht, wer Tom Cruise ist?«
»Nein, da muss ich Sie enttäuschen. Film ist nicht mein Metier. Ich weiß, in diesen Tagen mache ich mich damit in Berlin zu
einem seltenen Tier.«
Sie gab Frank ein Zeichen.
»Wären Sie so freundlich, mir einen doppelten Bushmills und dazu einen besonders heißen Espresso zu bringen?«
Mit ihren Augen konnte sie die Raumtemperatur aufheizen.Sogar Frank zeigte Wirkung und nahm ihre Bestellung mit einer fast unmerklichen Verbeugung entgegen.
»Ein doppelter Whisky?«
»Wenn man einen Abend mit Halbleiter-Ingenieuren und ihren Powerpoint-Präsentationen überstanden hat, ist ein doppelter Whisky
das Mindeste, was man sich zur Belohnung gönnen sollte«, antwortete sie lächelnd.
Ich nickte, obwohl ich nur einen ungefähren Begriff davon hatte, was ein
Halbleiter
war.
»Sie sehen gar nicht aus wie ein Ingenieur.«
»Wie sehen die denn Ihrer Meinung nach aus?«
»Es fängt schon mal damit an, dass ich mir Ingenieure nur im Anzug vorstellen kann. In schlecht geschnittenen, möchte ich
ergänzen. Dazu tragen sie Hornbrillen der kassenärztlichen Vereinigung, schwarze Lederaktentaschen und Schuhe aus dem Großhandel.«
»Sie vergessen die schuppigen Haare und die Motiv-Krawatte.«
»Stimmt, dazu wäre ich noch gekommen.«
»Ein Glück, dass ich gar nicht zu den Ingenieuren gehöre. Ich soll ihnen nur ihre komplizierten Ideen finanzieren.«
»Privat?«
»Um Gottes willen. Ich arbeite für ein international agierendes Bankhaus. Risikokapital.«
»Interessant.«
»Finden Sie? Dann verstehen Sie zu wenig davon.«
Sie nahm einen Schluck Whisky, schüttelte sich kurz und nippte gleich anschließend an ihrem heißen Espresso. Das hatte Stil
und Methode. Dann wandte sie sich wieder mir zu.
»Sind Sie einer dieser Filmmenschen, die jetzt die Stadt überschwemmen?«
Ich nickte.
»Wenn man so will.«
»Produzent oder Regisseur?«
»Weder noch. Ich stelle nichts her, ich stochere anschließend nur im Produkt und habe etwas daran auszusetzen.«
Die Dame lächelte amüsiert.
»Machen Sie sich nichts draus. Ein Journalist zu sein ist ja immer noch besser, als richtig zu arbeiten!«
»Aber Sie rangieren in der sozialen Nahrungskette noch knapp hinter den Strauchdieben.«
Wieder vergnügte sich die Dame sichtlich über meine betont selbstironischen Auslassungen.
»Mein Name ist übrigens Marlene Monheim«, sagte sie und reichte mir ihre Hand. »Es freut mich, Sie kennenzulernen.«
Was soll man sagen, die Freude war ganz auf meiner Seite.
Drei Getränke lang plauderten wir angeregt über
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