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Der Minus-Mann

Der Minus-Mann

Titel: Der Minus-Mann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Sobota
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eine Frauenstimme. Ich schau’ in die beiden Fahrbahnrichtungen, nichts. Dann werfe ich einen Blick auf ihn. Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zerfetzt. Blut rinnt über seinen Mantel, den Schnee. Ich laufe zur Wassergasse, quer durch zur Landstraße und zum Ahrenbergpark. Den Ring wickle ich in ein Taschentuch. Dann stoppe ich ein Taxi und fahre in die Moosgasse.
    Zwei Häuserblocks von Veras Wohnung steige ich aus dem Taxi und gehe zu ihr. Ihre Fut kocht, und nach dem Spritzen weicht der Druck hinter meiner Stirn. Vera orgelt wie ein Hurrican, meine Schultern sind zerbissen, und meine Eichel ist blutig gerieben. »Trink und denk an nichts, wenn du nachdenklich bist, bekomme ich Angst«, sagt sie,
    und ich trinke … wer läßt fragen? … wer? … ›Ich selbst‹, aber da höre ich ganz sicher nicht hin.
    Tags darauf hole ich mir das Restgeld. Der Mickrige strahlt wie ein Blaustern. »Ich habe mich erkundigt, und ich habe gehört, daß er schwer …«, sprudelt er hervor.
    »Das Geld«, sage ich und schneide seinen Wortschwall ab. Er gibt mir ein verklebtes Kuvert. Ich reiße das Papier auf, stecke die Noten in die Rocktasche und das Kuvert in den Mantel.
    »Kann ich dich auf etwas einladen«, sagt er.
    Irgend etwas kommt mir hoch.
    »Nein«, sage ich und gehe. Das Kuvert werfe ich in einen Müllschlucker.
    Eine Stunde später läuft mir Georg über den Weg. Wir haben uns lange nicht gesehen. Er gestikuliert, dann zucke ich zusammen.
    »… ist sie in einen Schnellbahnzug eingestiegen, bist du denn nicht mehr mit ihr beisammen?« sagt er. Er redet von Cha-cha. Ich schleppe ihn in ein Kaffeehaus, lasse mir die Geschichte noch einmal erzählen.
    »Sie arbeitet dort irgendwo in der Nähe. Ich habe sie im ›Centro‹ auch sitzen sehen«, sagt er.
    Cha-cha ist also wieder da, und ich habe davon nichts gewußt. Wilde Freude überfällt mich … ich muß sie sehen.
    Georg geht, und ich bleibe allein im Kaffeehaus. Warum hat sie nicht versucht, mich zu finden … sie kennt viele der Lokale, wo ich sein könnte … vier Wochen war sie in Klosterneuburg, im gesperrten Spital, dann wurde sie von Kriminalbeamten abgeholt und kam auf die ›Lisl‹, das Polizeigefängnis … seither weiß ich nichts mehr, und das ist über einen Monat her … hat sie … und was hat sie der Polizei erzählt … ich werde mir die Sache einmal mit Vorsicht ansehen … dazu brauche ich Willi.
    Am Ring nehme ich ein Taxi und fahre ins Cafe Walter am Reumannplatz. Wie ich vermutet habe, sitzt er mit einem zweiten und ›zensert‹. Ich gebe ihm den Ring, dann schaue ich dem Spiel zu. Die Kellnerin bringt mir ein Glas Wein, dann unterbricht Willi das Spiel.
    Wir setzen uns an einen anderen Tisch.
    »Du mußt mir einen Gefallen tun«, sage ich.
    Er nickt. Ich erkläre ihm die Situation.
    »Paß genau auf, ob ihr jemand folgt, steige mit ihr in den Schnellbahnzug. Ich warte in Floridsdorf«, sage ich. Er wiederholt das ganze.
    »Wann«, fragt er.
    »Heute, gegen vier Uhr. Ich weiß nicht genau, wann sie kommt und ob sie ins ›Centro‹ geht, du wartest bei der Sperre«, sage ich. Dann gebe ich ihm ein Foto von ihr. Er steckt es ein.
    »Du wartest ab halb fünf im Bahnhofsespresso in Floridsdorf«, sagt er.
    ( …Cha-cha hat geplaudert … ich erfahre es fünf Monate später … nach der Verhaftung … ahnungslos soll ich in eine Falle gelockt werden … Kriminalbeamte überwachen das Mädchen von Zeit zu Zeit, aber das weiß ich nicht …)
    Ich sitze im Bahnhofsespresso und klopfe mit dem Fingernagel gegen mein Glas. Einige Vorstadtstrizzis lümmeln an der Theke, werfen langsam Aggression gegen mich. Ich sehe zum Fenster hinaus . Ein 132er biegt kreischend vom Spitz her ein. Menschen hasten zu einem Bus. Ein Zeitungsjunge stolpert über einen Hund. Dreckiger Schnee liegt herum. Das Mädchen hinter der Bar ist bleich und schwarzhaarig. Ein gieriger Mund, feucht, offen, wie der After eines Schwulen. Meine Nerven zucken, aber ich sitze ganz ruhig da.
    Cha-cha kommt durch die Tischreihen. Willy und noch einer sind hinter ihr.
    »Schlecht siehst du aus«, sagt sie und küßt mich auf die Wange.
    »Kane Probleme, da Kibarar woar scho furt«, sagt Willy.
    Also doch – über sie finden wir ihn –, sonnenklar. Dann geht Willy mit seinem Kumpel.
    »Ich habe dich gesucht«, sagt sie.
    »Hast du …?« sage ich.
    »Ja, aber die erste Zeit haben sie sehr aufgepaßt, und dann habe ich einen getroffen, der mir gesagt hat, daß du ins Ausland bist … ich bin

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